Umwelt | Ortlergebiet

„Es geht nicht um die Ästhetik“

In Trafoi sollen im Frühling Lawinenschutzdämme gebaut werden. Zwei Grundbesitzer erklären ihren vehementen Widerstand und ihren Rekurs am Verwaltungsgericht.
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Foto: Amt für Wildbach- und Lawinenverbauung West
  • Die Stilfser Gemeindereferentin Manuela Angerer nimmt zu der Berichterstattung über den laufenden Rekurs gegen die Lawinenschutzdämme in der Fraktion Trafoi Stellung. Sie ist eine der betroffenen drei Grundbesitzer, die beim Bozner Verwaltungsgericht Rekurs eingereicht haben. Ihr wird nun von mancher Seite vorgeworfen, dass sie nur landschaftliche Beeinträchtigungen ihres Hotels Madatsch befürchtet. Die beiden Lawinenschutzdämme sollen in unmittelbarer Nähe 80 Meter neben ihrem Wohnhaus errichtet werden. 

    „Es geht mir nicht um die Ästhetik, aber um die Sicherheit meiner Familie, allen voran meiner Kinder“, erklärt Angerer. Um ihre Bedenken zu untermauern, hat die langjährige Gemeindereferentin ein Gutachten bei einem österreichischen gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Lawinenkunde, Lawinenunfälle und Lawinenschutz in Auftrag gegeben. 

    Das SALTO vorliegende Gutachten kommt zum Schluss, dass die geplanten Dämme in ihrer Höhe nicht ausreichend dimensioniert seien, auch das dahinterliegende Auffangbecken habe eine zu geringe Kapazität. Deshalb sei nicht nachvollziehbar, dass der Bereich unmittelbar beim Wohnhaus Madatsch wie vom Amt für Wildbachverbauung und Lawinen West als blaue Zone ausgewiesen wird, die eine immer noch hohe, wenn auch nicht sehr hohe Gefahr bedeutet.

    Die geplanten Maßnahmen zum Lawinenschutz könnten laut diesem Gutachten zu einer Gefahrenerhöhung im Bereich des Wohnhauses Madatsch führen, insbesondere dann, wenn bei mehrmaligen Lawinen in einem Winter die zweitfolgende Lawine in Richtung des Wohnhauses abgelenkt wird, der sogenannte „Sprungschanzeneffekt“

    Das Gutachten decke laut Angerer teilweise die Aussagen im Projekt selbst, auch dort wird darauf verwiesen, dass bei außerordentlichen Ereignissen eine „Restgefährdung im Gebiet“ vorhanden bleibt, „welche mittels Kompatibilitätsmaßnahmen abzudecken und/oder durch zivilschutztechnische bzw. betriebliche Maßnahmen zu kontrollieren ist“. Bei der Gemeindereferentin ist jedenfalls der Eindruck entstanden, dass mit diesem Projekt nur einzelne Gebäude geschützt werden sollen und andere Flächen wie ihr Grundbesitz einer höheren Gefahr als zuvor ausgesetzt werden. 

  • Einweihung der Lawinenrechen: Für diesen Anlass reiste auch der damalige Landeshauptmann Silvius Magnago an. Foto: privat
  • Auch Grundbesitzer und Rekurssteller Udo Ortler kritisiert die Vorgehensweise: „Es wurden keine alternativen Vorschläge oder Varianten für das Projekt vorgelegt. Beispielsweise wäre mit einer Verschiebung des unteren Dammes von wenigen Metern ein Großteil der privaten Flächen unbeschadet geblieben. Eine andere Möglichkeit wäre die Verbauung durch Lawinenrechen im Hang, wie für andere Stellen bereits errichtet wurden.“ Außerdem seien die bereits errichteten zwölf Lawinenschutzkegel im Lawinenbereich bei der Planung nicht berücksichtigt worden. 

    Dass eine alternative Verbauung 20 bis 25 Jahre Zeit in Anspruch nehme, wie der Direktor vom Amt für Wildbachverbauung und Lawinen West, Peter Egger, mitteilt, sei nicht nachvollziehbar. „Diese lange Zeitangabe von 20 bis 25 Jahren fußt auf keiner konkreten Berechnung, da nie ein Alternativprojekt erstellt wurde und deckt sich nicht mit den Errichtungszeiten für solche Verbauungen am Hang, von denen es im umliegenden Gelände in Trafoi und im ganzen Land seit 50 Jahren viele gibt“, so Ortler. 

    Wie das Verwaltungsgericht Bozen über den Rekurs entscheidet und welche Folgen das für den geplanten Baubeginn im Frühling hat, wird sich wohl in den nächsten Monaten zeigen.