Politik | Gemeindewahlen Mai 2014

Hermann Atz: "Wahlmüde und 2x ein Schuss nach hinten"

Der Politologe und Meinungsforscher Hermann Atz hat auf RAI Südtirol erklärt, wie die Gemeinderatswahlen in 5 Südtiroler Ortschaften zu bewerten sind.

"Diese Wahlen haben teilweise interessante Ergebnisse gebracht," steigt Hermann Atz, Meinungsforscher und Politologe bei apollis in die Analyse ein. Ganz klar zeigten diese Wahlen, wie örtliche Besonderheiten in den 5 Gemeinden Schluderns, Tisens, Völs am Schlern, Waidbruck und Bruneck ihre jeweilige Rolle gespielt hätten. "Unter anderem muss man auch zwischen städtischen Realitäten und den dörflich unterscheiden; im Dorf kennt jeder seinen Bürgermeister und die Gemeinderäte, in der Stadt relativiert sich das."

Bruneck ist zwar klein, aber doch einzige Stadt bei diesen Gemeinderatswahlen; für den 4. Mai 2014 hatten sechs Listen ihre Bürgermeisterkandidaten aufgestellt. Auffallend war die extrem schwache Wahlbeteiligung, lediglich 59,2% sind zu den Wahlen gegangen. Hermann Atz: "Das hat sicher auch mit dem Fenstertag über den 1. Mai zu tun, die Städter fahren eher in den Kurzurlaub, und das hat man an den Wahlurnen in Bruneck gespürt." Aber auch dass in Bruneck SVP-interne Vorwahlen stattfanden, hätte dem eigentlichen Stechen die Spannung genommen. "Es gibt doch etliche Parteigänger, die nach einer Vorwahl dann gar nicht mehr zur richtigen Wahl hingehen."

In Schluderns und Waidbruck ging der Schuss nach hinten los

Überraschend findet Atz die Tatsache, dass in jenen beiden Gemeinden, wo es eine vorzeitige Auflösung des Gemeinderats gab, also Waidbruck und Schluderns, dies nicht zu Gunsten der Provokateure ausging. "In beiden Fällen hat sich der geschasste Bürgeremeister behaupten können, in Waidbruck Oswald Rabanser und in Schluderns Erwin Wegmann, und dieser sogar mit einer ganz neu aufgestellten Bürgerliste." 

Wie sehr diese lokalen Wahlen als politisches Thermometer nach dem Rentenskandal zu werten sind, könne man an den Resultaten der Freiheitlichen ablesen. Fast überall, außer in Waidbruck, haben die Blauen Einbußen hinnehmen müssen, in Bruneck etwa waren es bei den Gemeindewahlen 2010 noch 11,9%, jetzt liegt der Freiheitliche Anteil in der Rienzstadt nur mehr bei 4,7 Prozent. "Das lässt sich wirklich nur mit dem verlorengegangenen Vertrauen der Bürger erklären: Vor allem die Opposition hat dies zu spüren bekommen!" Doch die Grünen haben in Bruneck weniger eklatant verloren, von 10,3 auf 8,9%.

"Es herrscht allgemeine Ernüchterung über die politische Szenerie und wohl auch eine gewisse Wahlmüdigkeit, schließlich ist der Bürger in den letzten 14 Monaten zu drei Wahlgängen gerufen worden," zieht Hermann Atz Fazit. Die nächste Wahl steht jedoch bereits vor der Tür, für das Europäische Parlament heißt es noch einmal, auf zu den Urnen.