Immer Ärger mit SS 49

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Die Pustertaler Staatsstraße ächzt unter dem überbordenden Verkehr. Gerade in den „Hotspot-Monaten“, also derzeit, wo es viele Baustellen auf der SS 49 gibt und es bei der Pusterer Bahnlinie – vor allem aufgrund der Errichtung der Riggertalschleife – zu mehreren Sperren kommt. Stundenlange Staus sind keine Seltenheit. Der Frust darüber wächst.
Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider sprach sich unlängst für einen Straßenausbau aus, im Konkreten hieße das Abschnitte der Pustertaler Straße dreispurig auszubauen. Dies diene der Sicherheit und erhöhe die Kapazität. Rückendeckung kommt von der Bezirksgemeinschaft Pustertal. Präsident Robert Alexander Steger unterstützte jüngst in einer Aussendung an die Medien das Anliegen Alfreiders. Es brauche weitere Investitionen, um den Verkehrsproblemen Herr zu werden. Die Erweiterungen der Bahnlinien seien gut, aber nicht ausreichend. Die Rede ist nun seit einigenTagen von einer „[…] in Abschnitten dynamische dritte Spur auf der Pustertaler Straße“. Mit ihr soll der Bezirk, der etwa ein Drittel der touristischen Nächtigungen des Landes beherberge, adäquat an die anderen Bezirke angeschlossen werden. Zum jetzigen Zeitpunktpunkt steht der dreispurige Straßenausbau aber noch in den Sternen.
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Rückwärtsgewandte Lösung?
Maria Elisabeth Rieder kennt das Problem zu Genüge. Die Team K-Abgeordnete spricht sich stattdessen vor allem für einen besseren Bahnanschluss aus.
„Ich pendle selbst nach Bozen und erlebe die Situation auf der Straße“, so Rieder. Viele Menschen seien derzeit wieder aufs Auto umgestiegen, weil der Schienenersatzverkehr schlecht funktioniere und umständlich sei. Die Hoffnung setze sie auf die Riggertalschleife und die Wiederinbetriebnahme der Bahnlinie:
Den Vorschlag, die Straße auf drei Spuren zu erweitern, hält Rieder für nicht realistisch und „sehr rückwärtsgewandt“. Sie sieht darin vor allem eine Sommerloch-Debatte. Zudem müsse analysiert werden, warum der Verkehr zuletzt so stark zugenommen habe – dies könne aber erst geschehen, wenn die Züge wieder fahren.
Die derzeitige Belastung auf der Straße verkenne sie nicht: Aber man solle keine vorschnellen Maßnahmen treffen, die kurzfristig nicht umsetzbar seien und langfristig nicht funktionieren würden. Vorrang habe nun, die Bahnverbindung durchs Pustertal möglichst schnell wiederherzustellen. Dazu: Sobald die Arbeiten wie Umfahrungen abgeschlossen sind, werde das zusätzlich für Entlastung auf der SS 49 sorgen.
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Keine Kapazitätserhöhung ohne Verkehrserhöhung?
„Es sollte so sein, dass öffentliche Verkehrsmittel ausgebaut werden, nicht dass die Kapazität auf den Straßen erhöht wird“, kritisiert Florian Trojer, Geschäftsführer des Südtiroler Heimatpflegeverbands den angedachten, abschnittsweisen dreispurigen Ausbau der Pustertaler Staatsstraße.
Statt den öffentlichen Verkehr zu stärken, werde die Straßenkapazität erhöht. Das stehe im klaren Widerspruch zum Klimaplan („Keine Erhöhung der Verkehrskapazität“), zum Mobilitätsplan* des Landes, zu den Rückmeldungen des Klimabürgerrats und sei ein Schritt gegen die jüngste Marschrichtung des Mobilitätsressorts mit Projekten wie die Elektrifizierung der Vinschger Bahn oder die zweigleisige Bahnlinie zwischen Meran und Bozen.
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Der Mobilitätsplan
*Dort heißt es unter dem Punkt Planung neuer Straßenbauten und Projektüberprüfung der geplanten, aber nicht finanzierten Projekte im Wortlaut: Kapazität für den Kfz-Verkehr mit Nullsaldo - Die Maßnahme, sollte, insbesondere beim Vorhandensein von Verkehrsalternativen, keine nennenswerte Erhöhung der Straßenkapazität zugunsten des Autoverkehrs bewirken, sondern höchstens einen Nullsaldo produzieren.
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Wolle man, wie es der Klimaplan vorgibt, den motorisierten Individualverkehr bis 2035 um 26 Prozent reduzieren, so sei man nun auf dem Holzweg, wenn man Straßenkapazitäten erhöhe und Alternativen auf der Strecke liegen blieben. Der leichteste Hebel bliebe, laut Trojer, beim individuellen, motorisierten Nahverkehr anzusetzen. Da wäre etwa eine, in Teilen, zweigleisige Ausführung der Pustertaler Bahnlinie, sinnvoll, gerade da die Pustertaler Bahnlinie momentan in Teilen ohnehin gesperrt sei, gerade da durch Olympia mehr Gelder zur Verfügung stünden.
„Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten.“
Dass sich auch Bürgermeister Pustertaler Gemeinden zunehmend hinter den Straßenausbau stellten, sei irritierend. Verkehrsexperten weltweit würden belegen: Für eine sinnvolle Mobilitätsbildung, seien Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr wichtig, nicht in die Straßen. Menschen würden sich immer für die bequemste Mobilitätsform entscheiden, also für die schnellste, zugänglichste und billigste. Mit solchen Projekten bliebe im Pustertal das Auto somit das einfachste Verkehrsmittel.Verkehrsexperten aber warnen: „Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten.“ Dies sei auch die Meinung des österreichischen Verkehrsexperten Hermann Knoflacher in Hinblick auf die Straßenausbauprojekte im Pustertal und kein Spleen von Umweltverbänden.
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Sogar Umfahrungen seien, trotz ihrer Notwendigkeit, in gewisser Hinsicht problematisch, so Trojer. Sie brächten zwar punktuell Lebensqualität zurück, gingen aber oft ebenfalls mit einer Kapazitätserhöhung einher. Projekte wie dreispurige Straßenabschnitte oder zweistöckige Kreisverkehre (Olang) hätten aber, abgesehen von der Kapazitätserhöhung, keinen anderen Nutzen. Auch nicht im Bereich Straßensicherheit.
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Der Würgegriff
Vergangenes Wochenende wies der Schützenbezirk Pustertal in einem offenen Brief auf diverse Problemfelder des Bezirks hin, darunter der Verkehr, „der das Pustertal bedrückt und in den Würgegriff nimmt.“
Thomas Innerhofer, Bezirksmajor des Schützenbezirks Pustertal, erkennt gegenüber SALTO in seiner Einschätzung den Straßenausbau als Problemlöser nur mit Vorbehalt an. Eine sinnvolle Umsetzung mit klarem Faden könne durchaus hilfreich sein, jedoch: Man solle sich im Klaren sein, dass mehr Straßen im Normalfall mehr Verkehr bedeuten, so argumentiert auch Innerhofer. So spiele auch Nachhaltigkeit eine Rolle, man könne nicht blindlings die Natur mit Straßen bedecken, das sei jedem klar, dem etwas am Lande liege.
„Wenn das Pustertal eine attraktive Ausweichroute werden sollte, dann haben wir das nächste Problem.“
Zusätzlich sei aufzupassen, ob die Pustertaler Straße, des Ausbaus wegen, nicht interessanter für Lkw-Fahrer werden könne: „Wenn das Pustertal eine attraktive Ausweichroute werden sollte, dann haben wir das nächste Problem“, so der Bezirksmajor. Der öffentliche Nahverkehr habe zu funktionieren und sei fortwährend auszubauen. Es sei ausschließlich positiv, wenn Menschen in den Zug einsteigen und damit diejenigen, die auf das Auto angewiesen seien sowie den Verkehr allgemein, entlasten. Was es aber in erster Linie brauche, sei Vernunft, Diskussion und Abwägung der Optionen.
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Das, was wird
Bereits in Planung (Genehmigungsverfahren steht noch aus) ist der dreispurige Ausbau eines Abschnitts der Staatsstraße 49 zwischen Kiens und dem Kniepass, um den „Verkehrsfluss zu verbessern“ und „langsame Fahrzeuge sicherer zu integrieren.“ Zudem soll – angesichts häufiger Wildunfälle – ein begrünter Wildtierübergang (Wildbrücke) errichtet werden – nachzulesen auf der Website der Simico (Società Infrastrutture Milano Cortina). Die Projektkosten sollen hierfür bei etwa 9,8 Millionen Euro liegen, mit der Fertigstellung wird Ende 2026 gerechnet.
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Einfach mal schauen wo es…
Einfach mal schauen wo es staut: Ortsdurchfahrten Kiens und Percha. Wird ja was gemacht. Pizzeria Petra wäre noch ein Thema. Am schlimmsten allerdings Mühlbach-Autobahneinfahrt. Ständig. Wie wäre es z.B. mit ein paar Mauthäuschen mehr??
Natürlich sind ab Olang die "andiamo a vedere il lago di Terence Hill" bis zur Pragser Kreuzung ein Thema. Aber die müssts halt ausperren. Kontingent: Südtirolpass alle frei, 200 freie Plätze, Rest an Mindestübernachtungen 5 Nächte gebunden. Knallhart. Dann fährt sichs im Pustertal wie im Rest des Jahres.
Mit den 3 Spuren vom…
Mit den 3 Spuren vom ALFREIDER, wird die Pustertaler-Straße gleich verstopft bleiben wie bisher, nur "die tragischen sehr schweren zusammen-PRALL-UNFÄLLE von Autofahrern die entgegen kommende Fahrzeuge falsch einschätzen, werden erheblich zunehmen!"