Was die Überraschungskoalition aus Partito Democratico und Fünf-Sterne-Bewegung im Eiltempo aus dem Hut gezaubert hat, ist eine Regierung mit Licht und Schatten. Dass ihr doppelt so viele Männer wie Frauen angehören, ist ein unverzeihlicher Rückfall in die Zeiten der längst entschlafenen Democrazia Cristiana.
Im Kabinett sitzen hochqualifizierte Fachleute wie der EU-Parlamentarier und Ökonom Roberto Gualtieri oder die süditalienische Agrarexpertin Teresa Bellanova neben erfahrenen Staatsdienern wie der Mailänder Präfektin Luciana Lamorgese und dem ultralinken Sektierer Roberto Speranza, dem man das wichtige Gesundheitsministerium anvertraut hat, weil die Regierung im Senat auf die vier Stimmen von Liberi e uguali angewiesen ist.
Positiv die Abschaffung der Vizepremiers, deren einziger Zweck es war, dem Premier ständig zu Kontrollzwecken über die Schulter zu blicken. Das Umweltministerium bleibt in den bewährten Händen von Sergio Costa, ins Regionenministerium zieht mit dem PD-Vertreter Francesco Boccia ein Neuling ein, der mit der im Süden abgelehnten Autonomieregelung einen schwierigen Problemkreis übernimmt. Für den M5S-Chef musste nach Abschaffung der Vizepremiers ein wichtiges Ressort gefunden werden. Dass man mit Luigi Di Maio eine Aussenminister kürte, der kaum englisch spricht, ist jedoch keine sinnvolle Entscheidung. PD-Chef Nicola Zingaretti, der dem Kabinett selbst nicht angehört, sieht Anlass zur Zufriedenheit: "E' il governo più a sinistra da anni." Der wirtschaftsstarke Norden des Landes ist mit 8 von 21 Ministern unterrepräsentiert. Der umstrittene Verkehrsminister Danilo Toninelli, die Gesundheitsministerin Giulia Grillo und die Verteidigungsministerin Elisabetta Trenta gehören dem Kabinett nicht mehr an. Eine gute Nachricht: Paolo Gentiloni wird italienischer EU-Kommissar.
Die Annäherung ehemaliger Erzfeinde ist eine politisch durchaus interessante Entwicklung.
Der Partito Democratico kehrt nach jahrelangen internen Streitigkeiten auf die politische Bühne zurück, doch der Konflikt zwischen Renzi und Zingaretti ist keineswegs ausgeräumt. Auch kann die Genugtuung über die neue Regierung nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie nicht die politische Mehrheit in Italien repräsentiert. Die liegt mit 45 Prozent in den Händen von Lega, Forza Italia und Fratelli d'Italia.
Und Salvini prophezeit schon seinen Sieg bei den bevorstehenden Regionalwahlen in Umbrien im Oktober. Deshalb gibt es bereits Überlegungen, dass die aktuelle Regierungskoalition dort gemeinsam in einem Wahlbündnis antritt. In Umbrien musste die PD-Präsidentin Catiusca Marini vor wenigen Monaten nach einer Besechungsaffäre im Sanitätsbereich zurücktreten.
Gewählt wird in wenigen Monaten auch in der Emilia-Romagna. Dort zeigt Präsident Stefano Bonaccini keine Berührungsängste: "Sì an un accordo, ma solo se alla base ci sono temi condivisi." Die Annäherung ehemaliger Erzfeinde ist eine politisch durchaus interessante Entwicklung, die die bestehenden Mehrheitsverhältnisse in Regionen und Gemeinden verändern könnte.