Politik | Klimaschutz

Der Klimaplan:Plan oder bloße Strategie?

Der Klimaplan sei eine politische Selbstverpflichtung, so LH Kompatscher, doch wozu verpflichtet er wirklich? Reicht eine Strategie oder braucht es einen echten Plan?
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Kein verbindlicher Plan

Er sei nicht verbindlich, das haben verschiedene Seiten am neuen Klimaplan Südtirol 2040 bemängelt. So hatte Gemeinderätin M. Rohrer im Meraner Gemeinderat BM Dal Medico kritisiert, dass sich die Gemeinde Meran in Sachen Heizungen nicht an den Klimaplan gebunden fühle, weil dieser ohne Rechtskraft. Tatsächlich kann der Klimaplan zwar das Ziel setzen, bis 2040 möglichst viele fossil betriebene Heizungen zu ersetzen. Den Einbau einer Gasheizung verbieten, das kann er nicht. Nicht mal ein Landesgesetz könnte das, denn dafür fehlt der Autonomen Provinz die Zuständigkeit. Für die meisten der 157 Maßnahmen des Klimaplans 2040 ist das Land sachlich zuständig, doch bedarf es immer einer Verordnung, eines Landesgesetzes oder zumindest einer Initiative der Verwaltung.

Es gibt kein Landesgesetz, das Ziele und Maßnahmen für den Klimaschutz, Verfahren zur Erstellung, zum Monitoring und zu Berichtspflichten zwingend vorschreibt, wie etwa die Landesgesetze zum Klimaschutz der deutschen Bundesländer (Beispiel Rheinland-Pfalz). Darin liegt auch ein wesentlicher Unterschied zum Mobilitätsplan und zu den Planungsinstrumenten des Landesgesetzes Nr. 9/2018 „Raum und Landschaft“. Der neue „Landesplan für nachhaltige Mobilität 2035“ und seine Sektorenpläne sind nicht nur als Voraussetzung des Zugangs zu EU-Fördermitteln erstellt worden, sondern erfüllen auch eine staatliche Anforderung (Gesetzesdekret Nr. 77 vom 31.5.2021) und müssen mit dem PNIEC und PTE zusammenspielen. Der LPNM ist ein komplexes Planungswerk mit einer Reihe von Pflichtabschnitten wie z.B. die Strategische Umweltprüfung. Er fußt auf einer umfassenden Datengrundlage und bringt eine ausführlichen Maßnahmenbeschreibung. Wäre der Klimaplan ähnlich detailliert, hätte er mehr Wirkungsmacht. Doch immerhin sind die 60 der 157 Maßnahmen des Klimaplans zum Bereich Mobilität auch Teil des LPNM und bilden damit eine solidere Grundlage.

Die Umsetzung des Klimaplans liegt jetzt vor allem bei den einzelnen Ressorts. Die Landesräte der nächsten Regierung müssen liefern. Manche Einzelmaßnahmen werden den Beamten allerhand Arbeit verschaffen, wie z.B. die Maßnahme zum Aktionsfeld 5.17 (Forschung): „Innerhalb 2024 wird eine Studie in Auftrag gegeben, die alle Landesgesetze und Landesförderungen auf ihre Klimarelevanz untersucht “ (S.74). Auch wenn man als einfacher Bürger oder als Verband nichts aus dem Klimaplan einklagen kann, so kann man sich doch auf diesen Plan als ein von der Landesregierung beschlossenes Strategiedokument berufen. Wenn Bauvorhaben und Erschließungsprojekte dem Klimaplan zuwiderlaufen, können Landeskommissionen, Gemeinden, Landesregierung auf den Klimaplan verweisen.

Planung für Raum und Landschaft anders geregelt

Einen ganz anderen Stellenwert haben die Planungswerke des Landes im Bereich Raum und Landschaft. Die Planung bildet ein Kernelement des Landesgesetzes Nr. 9/2018 „Raum und Landschaft“ (IV. Titel, II. Kapitel). Allen Einzelplänen übergeordnet ist der Landesstrategieplan, der in 1. Fassung noch in dieser Legislatur verabschiedet werden soll. Im Unterschied zum Klimaplan ist hier das Verfahren zur Erstellung genau geregelt. Die Landschaftsplanung ist den anderen Planungsinstrumenten übergeordnet und erfolgt durch Landschaftsleitbild und Landschaftspläne der Gemeinden. Das Landschaftsleitbild legt verbindliche Vorgaben für die Mindestinhalte der Landschaftspläne fest. Es gibt Fachpläne, Genehmigungsverfahren, dann auch die wichtigen „Gemeindeentwicklungsprogramme“ (Art. 51, L.G. 9/2018). Weil diese konkret, verbindlich und langfristig sind, haben sich wenige Gemeinden an die Ausarbeitung gemacht und 2023 durchgesetzt, dass jede Frist zur Erstellung dieses Plans entfällt.

Ein Landesklimaschutzgesetz tut not

Mit dieser Art von Planung (Raum und Landschaft) ist der Klimaplan 2040 nicht vergleichbar. Vielmehr soll er die Nachhaltigkeitsstrategie des Landes mit Zielen, Inhalten und Maßnahmen konkretisieren, also die Nachhaltigkeitsvorstellungen aus ihrer Beliebigkeit holen. Auch aufgrund der komplexen Materie – nichts weniger als die Landesentwicklung insgesamt - versteht er sich als „dynamischer Plan“. Dieser kann im Zuge der Beteiligungsverfahren (Bürgerrat, Stakeholder-Forum, Lobbywünsche) und der politischen Entwicklung laufend angepasst werden. Das wird mit Sicherheit geschehen. „Es darf aber nicht sein,“ hat zu Recht Heimatpflegeobfrau Claudia Plaikner eingewendet, „dass unter dem Vorzeichen ‚dynamisch‘ und unter dem Druck von Interessengruppen ständig die Tür offenbleibt, Ziele aufzuweichen und Maßnahmen abzuschwächen“ (FF 33/2023).

Der künftige Landtag wird auch eine Rolle spielen wollen: er könnte darauf drängen, institutionell in die Klimaschutzplanung einbezogen zu werden, könnte eine Novellierung des Landesgesetzes zur Umweltprüfung verlangen, um eine Klimaverträglichkeitsprüfung (KVP) einzuführen, könnte einen Landesplan zur Energieversorgung bis 2050 verlangen nach dem Beispiel des Landes Tirol, und sogar auf die Verabschiedung eines Landesgesetzes zum Klimaschutz pochen (vgl. Landesgesetz von Schleswig-Holstein). Ein solches Gesetz könnte demnächst auch der Staat allen Regionen und Autonomen Provinzen im Rahmen eines nationalen Klimaschutzgesetzes vorschreiben, das erst vorgelegt werden muss. Hier ein erstes Beispiel. Spätestens dann müssten die regionalen Ziele, Höchstemissionswerte, Verfahren, Berichtspflichten und einzelnen Maßnahmen auch gesetzlich geregelt werden. Und auch der Südtiroler Klimaplan bekäme mehr Verbindlichkeit.

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Dietmar Nußbaumer Di., 05.09.2023 - 22:10

Gelten Klimapläne auch für die oberen Zehntausend? Hab immer das Gefühl, dass v.a. die Normalos das ausbaden dürfen. Deshalb bin ich ein Befürworter der CO2-Kontingente. Andererseits, die EU kann isoliert wenig erreichen, da muss schon die ganze Welt mitziehen (von Südtirol allein gar nicht zu reden).

Di., 05.09.2023 - 22:10 Permalink
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Peter Gasser Mi., 06.09.2023 - 08:20

Antwort auf von Dietmar Nußbaumer

“Klimapläne” ohne verpflichtende Maßnahmen mit Kontroll- und Sanktionsinstanz “gelten” für niemanden.

Sie sind bloße Absichtserklärungen, gleichsam einem Familienmitglied, das für die ganze Familie “plant”, am Wochenende einen gemeinsamen Ausflug dahin zu machen, wo die meisten nicht hinwollen, da es ihnen zu beschwerlich oder umsonst erscheint. Daher bleibt es ein Plan, und kein Beschluss. Er bewirkt wenig.
Fakt ist weiterhin, dass Südtirol seine grüne Wasserkraft-Energie verkauft, um dafür für die Südtiroler Haushalte Gas einzukaufen, um dann wieder für das Verbrennen dieses Gases (scheinbare) Kompensationsprojekte weltweit zu verwirklichen: ist irgendwie “verrückt”... warum eigenen Wasserkraft-Strom verkaufen, um Gas und Kohlestrom einzukaufen, für den dann Kompensationsprojekte z.B. in der Türkei und in China verwirklicht werden - ist doch irre, von der Seite des Konsumenten und Zahlers des Ganzen betrachtet?
Interpretiere ich das falsch?

Mi., 06.09.2023 - 08:20 Permalink
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Johannes Engl Mi., 06.09.2023 - 18:43

Die Ergänzung der Umweltprüfung UVP um eine Klimaverträglichkeitsprüfung (KVP) wäre ein großer Schritt nach vorne. Denn dazu müssten genaue Kriterein erarbeitet werden, was man unter "Klimaverträglichkeit" versteht. Das ist schwierig, aber unbedingt nötig.

Mi., 06.09.2023 - 18:43 Permalink