„Bin offen für alles“
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Genau hinzuschauen, genau hinzuhören, gehört zum Spannendsten, wenn man sich mit Musik beschäftigt. Folgt man dann den Abzweigungen, die sich daraus ergeben können, führt das oft und gerne in völlig neue, unerwartete musikalische Welten.
So geschehen vor einigen Wochen, als die Innsbrucker Von Seiten der Gemeinde ihre Video-Single „Na!“ veröffentlicht haben, in dem der Schwazer Gitarrist Max Dornauer ein Solo beisteuert. Ein paar Klicks weiter, entdecken wir Dornauers Soloprojekt Waxamilion: Instrumentale Musik, komponiert mit und für elektrische Gitarre, die jazzigen Fusion mit expliziter Elektronik und Prog-Einflüssen miteinander verbindet, und dabei völlig unangestrengt und einnehmend klingt, trotz vertrackter Rhythmen und unvorhersehbarem bzw. ungewohntem Song-Aufbau.
Die Singles, die in den letzten Jahren erschienen sind, und sein nach wie vor aktuelles Album „Random Notes“ von 2023, warten dabei nicht nur mit schöner Musik und unterschiedlichen Gästen auf, sondern auch mit Humor und Ironie.
Dornauer entpuppt sich im Interview als ein Musiker, der weiß, wovon er spricht, der aber gleichzeitig Fan geblieben ist, Fan einer Musik, die ihn begeistert, ob dies nun Rap, Reggae oder zeitgenössische Musik für elektrische Gitarre zwischen Jazz und extremem Metal ist.
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salto.music: Da wir auf dich über das Von Seiten der Gemeinde-Video zu „Na!“ auf dich aufmerksam geworden sind, gleich als Einstieg: Wie kam es zu diesem Feature?
Max Dornauer: Diese Kollaboration mit VSDG hat mich selbst überrascht. Ich bin schon lange großer Fan von ihnen und hatte schon vor einigen Jahren die Ehre, mit ihnen die Bühne zu teilen, als wir mit unserer Band Rebel Musig Crew im Weekender in Innsbruck mit VSDG aufgetreten sind. Anfang diesen Jahres hat mich Testa von VSDG dann auf Instagram angeschrieben und gefragt, ob ich fürs neue Album was aufnehmen möchte. Habe natürlich sofort mit vollem Enthusiasmus zugesagt. Im Sommer haben wir uns dann getroffen und an einem Nachmittag Gitarrenspuren für neun Tracks aufgenommen. Die Zusammenarbeit war für mich richtig cool, wir waren da voll auf einer Wellenlänge. Und einer dieser Songs war „Na“, da durft ich am Ende ein kleines Solo einspielen und somit dann auch im Musikvideo mitwirken.
salto.music: Warst du mit VSDG bei den Release-Konzerten in Innsbruck Mitte November auf der Bühne?
Max Dornauer: Ich war bei beiden Abenden im Treibhaus für drei Songs mit auf der Bühne, was für eine Party! Zweimal hintereinander als Gastmusiker das voll ausverkaufte Treibhaus bespielen zu dürfen, mit einer Gruppe, die man selbst voll feiert, ist schon was Cooles! (Die drei Songs waren „Wieder was passiert“, „Na“ und „Leba leba“.)
Ich war nie ein Shredder, dazu hatte ich nie die Skills.
salto.music: Du beschreibst dein Gitarrenspiel für dein Solo-Projekt Waxamilion als Doodeln. Ist das Shredding, nur halt nicht am Bühnenrand, sondern entspannt auf der Couch?
Max Dornauer: Doodeln, ja... ich tu mich immer schwer damit, meinen Stil zu beschreiben, doodeln passt da irgendwie einfach. Ich war nie ein Shredder, dazu hatte ich nie die Skills. Was der Begriff genau bedeutet, kann ich nicht wirklich beschreiben, auf jeden Fall nimmt er den Druck raus (im Gegensatz zu „shredden“) und passt mehr zu der Spielart von mir, denke ich.
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salto.music: Mit Waxamilion machst du Fusion mit elektronischen Elementen und du arbeitest gern mit anderen Artists zusammen. Warum nicht gleich eine Band, mit Wølfy hättest du ja schon einen mehr als kompetenten Drummer?!
Max Dornauer: Ich arbeite einfach gerne als Solokünstler, das hat sich nach dem Jazzstudium irgendwie so ergeben. Nachdem ich über die Jahre in so manchen Projekten mitwirken durfte, wollte ich einfach mal was alleine machen, wo ich meine Ideen ausleben kann.
Die Kollaborationen sind dann eher daraus entstanden, dass ich meine Reichweite erhöhen wollte. Und daraus wurden dann halt coole Features, wie die mit Wølfy. Da die Leute, mit denen ich für mein Soloprojekt so zusammenarbeite, überall auf der Welt verstreut wohnen, ist's halt logistisch dann recht schwierig, Gigs mit voller Band zu organisieren. War auch irgendwie nie das Ziel von dem Projekt. Trotz alldem hab ich schon mehrere Konzerte und kleine Tourneen im In- und Ausland mit Bandbesetzung gespielt, was mir auch immer Spaß gemacht hat.
Man könnt' meinen, ich hab was gegen 4/4 Takte, ja. Stimmt aber nicht.
salto.music: Wie stehst du zum 4/4-Takt, oder besser: Woher kommt dein Hang zu derart vertrackter Musik, wie du sie für Waxamilion schreibst?
Max Dornauer: Man könnt meinen, ich hab was gegen 4/4 Takte, ja. Stimmt aber nicht. Tatsächlich ist mehr von meiner Musik in 4/4 als man auf den ersten Blick vielleicht meinen mag. Oft kommt das „Ungerade“ eher von ungewohnten Platzierungen der Drums/des Backbeats. Die wirklich ungeraden Taktarten kommen aber natürlich schon auch vor. Der Hang dafür kommt einfach vom jahrelangen Prog-Musik hören. Bands wie Meshuggah, Dream Theater, Opeth, Tool, Haken etc. haben mich darin inspiriert.
salto.music: Wer sind deine (Guitar-)Heroes, zumal instrumentaler, elektrischer Fusion schon eine ganze Weile abseits der großen Öffentlichkeit stattfindet?
Max Dornauer: Meine Guitar Heroes... gute Frage. Die drei, die mich vermutlich am meisten geprägt und motiviert haben und es immer noch tun, sind Tom Morello (Rage Against The Machine), Daron Malakian (System Of A Down) und Fredrik Thordendal (Meshuggah). Alle drei sind absolut genial in ihrem kreativen Schaffen, und das ist das, was ich mittlerweile am meisten schätze. Andere, die mir aber sonst spontan auch gleich einfallen (vor allem, wenn ich nicht nur an kreatives Schaffen, sondern an pure Skills am Instrument denke), sind Guthrie Govan, Plini, Jonathan Kreisberg und Tosin Abasi, um nur ein paar zu nennen.
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Waxamilion & WØLFY: „Underachievement Unlocked” (Official Music Video)(c) Max Dornauer
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salto.music: Auf dem „Na“-Video spielst du eine Fender Telecaster. Fotos zeigen dich aber mit unterschiedlichen, auch sehr modernen Gitarren, wie etwa deine Signature Aristide, hellblau, headless und fan-fretted. Wie bringst du das zusammen… sind das nicht zwei weit voneinander entfernte Welten?
Max Dornauer: Stimmt, das sind schon zwei sich recht weit gegenüberliegende Arten von Instrumenten. Beide haben ihren Charm. Die Aristides sind einfach genial, da der Korpus und der Hals komplett aus einem massiven Kunstharzstück bestehen. Somit geben die Gitarren beim Spielen ein extrem „reflektierendes“ Spielgefühl ab. Das taugt mir. Und der moderne Look hilft natürlich auf Instagram ein bisschen neue Hörer/Follower zu gewinnen.
Die Headless-Gitarren passen halt vom Look her bei den meisten „normaleren“ Veranstaltungen nicht. Dafür nehm’ ich dann die Tele. Mit einer Tele kann man einfach nichts falsch machen. Im Sommer hab ich mir eine Ibanez Iceman von ’82 zugelegt, die war dann bei VSDG im Treibhaus auf der Bühne. Also ob modern oder vintage, ist mir recht egal. Ich steh einfach auf coole Gitarren.
Sicher ist ein weit aufgedrehtes Marshall-Fullstack was Cooles, nichts schleppen zu müssen geht da für mich aber vor.
salto.music: Wie sieht dein Gitarrenpark – und eventuell dein Pedalboard – generell aus?
Max Dornauer: Momentan hab ich zwei von den Headless Aristides, die Tele und die Iceman, das war's. Und als meinen „Amp“ verwende ich schon seit Jahren einen Line 6 HX Stomp, komplett digital, direkt in die PA. Ist einfach praktisch, da kann ich mit nur meiner Gitarrentasche/meinem Gitarrenkoffer und dem kleinen HX Stomp drin zum Gig auftauchen. Ich war auch noch nie so der Purist, wenns um die Suche nach dem richtigen Sound geht. Sicher ist ein weit aufgedrehtes Marshall-Fullstack was Cooles, nichts schleppen zu müssen geht da für mich aber vor.
salto.music: Du bist seit 2012 Gitarrist bei der Reggae-Band Rebel Music Crew, das scheint eine Art Kontrapunkt zu deinen Solosachen zu sein. Welchen Reggae bringt ihr auf die Bühne?
Max Dornauer: Rebel Musig ist auch so eine Situation, wo ich vorher Fan war und dann dazugestoßen bin, komplett durch Zufall. Ich mag den starken Kontrast zu meinen Solosachen. Das macht's mir leichter, den nötigen Abstand aufzubauen, um beides kritisch betrachten zu können.
Der Sound, den wir auf die Bühne bringen, würd ich schon auch als „'was Eigenes“ bezeichnen, eine Mischung aus HipHop, Reggae, Funk... gepaart mit Dialekt-Vocals. Bei Rebel Musig bin ich bis heute mit Leidenschaft dabei. Vor allem die Liveshows mit der Crew machen wirklich unheimlich viel Spaß (auch dank der über die Jahre hinweg extrem loyalen Fanbase). Und das bleibt hoffentlich noch lange so.
salto.music: Wie sehen die nächsten Monate in musikalischer Hinsicht aus, dein Album „Random Notes“ liegt ja schon gut zwei Jahre zurück?
Max Dornauer: Das wüsst ich selbst gern. Bei mir hat sich in den letzten paar Jahren einiges im Privatleben getan, bin mittlerweile zweifacher Papa, da verschieben sich die Prioritäten. Ich will mich zudem musikalisch irgendwie neu orientieren, mehr weg vom Verkopften und vielleicht mal was, was auch dem üblichen Radiohörer mehr ansprechen könnte. Mal schauen, was sich so ergibt. Konkretes hab ich auf jeden Fall nicht geplant, bin aber offen für alles.
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Links
YouTube-Kanal: https://www.youtube.com/@waxamilionguitar
Homepage: https://www.waxamilion.com
Spotify: https://open.spotify.com/intl-de/artist/7G97Mckd7WAQsjZLUF3vN6
Bandcamp: https://waxamilion.bandcamp.com/track/underachievement-unlocked-feat-w-lfy
Aristide Instruments: https://aristidesinstruments.com/gallery/h-06r-light-blue-waxamilion/
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