Wirtschaft | Krise

Lohn oder Arbeit?

40 neue Arbeitsplätze gegen die Streichung des 14. Monatslohns: Warum der Fall Röchling die Landessekretärin des SGB/Cils Tila Mair in Gewissenskonflikte bringt.
Endometrioseverein Noi con Voi
Foto: www.asdaa.it

Frau Mair der Leiferer Autozulieferer Röchling schafft 40 neue Arbeitsplätze, wenn die Neueingestellten auf den 14. Monatslohn verzichten, der ihnen laut Betriebsabkommen zusteht. Was sagt die Gewerkschafterin, Arbeit oder Lohn?
Tila Mair:  Die Antwort auf diese Frage ist extrem schwierig. Denn wenn man mit den Betroffenen spricht, ist es für sie wahnsinnig wichtig, den Job zu bekommen. Und auch wir Gewerkschaften haben vor kurzem bei unserer gemeinsamen Kundgebung den Slogan „Vorrang der Arbeit“ ausgegeben. Doch auf der anderen Seite verschlechtern diese 40 neuen Arbeitsplätze die Rechte all jener die künftig angestellt werden. Und wir wissen aus Erfahrung, dass es relativ leicht geht, etwas zu verschlechtern, aber es dann wieder zurückzugewinnen, ist schwierig, um nicht zu sagen unmöglich.

Der SGB/Cisl ist derzeit die einzige der drei bei Röchling vertretenen Gewerkschaften, die Kompromissbereitschaft zeigt, UIL und CGIL sind dagegen derzeit bei einem striktes Nein.
Sagen wir, unser zuständiger Fachgewerkschafter ist nicht abgeneigt, darüber zu verhandeln, weil er es wichtig findet, Arbeitsplätze zu schaffen.

Gibt es deswegen Konflikte unter der Gewerkschaften?
Unter den Gewerkschaften nicht, aber die Situation wird vom Betrieb instrumentalisiert, was mir überhaupt nicht gefällt. Es ist keine feine Situation, für niemanden. Es ist ein wahrer Gewissenkonflikt, auf den es auch keine ideologischen Antworten gibt. Denn man darf einfach nicht vergessen, dass sich das Ganze auf den Schultern Dritter abspielt, und zwar in beiden Fällen, also sowohl wenn ich Nein zur Arbeit also auch zur Streichung des Lohns sage. Und ich glaube, das ist die zentrale Frage, mit der wir uns tiefer auseinander setzen müssen.

Und gerade im Bereich der Produktion ist es für viele Betroffene derzeit vielleicht wichtiger Arbeit zu finden?
Es gibt heute in Südtirol nicht einen einzigen Bereich , der von dieser Krisensituation  verschont geblieben ist. Natürlich hat sie in einigen Bereichen wie im Bau und im Industriebereich ein Höchstausmaß angenommen. Aber es ist eine Tatsache, dass es heute an Beschäftigungsangeboten mangelt, und das ist das größte Problem,mit dem wir hier vor Ort uns auseinandersetzen müssen.

Gleichzeitig schafft ein solches Abkommen Angestellte verschiedener Kategorien innerhalb des Betriebes. Gibt es diese Situation heute in Südtirol bereits öfter?
In dem Ausmaß, also dass man sagt, ihr tut so oder sonst verlagern wir nach Rumänien, ist es mir noch nie untergekommen. Aber es gibt heute schon einige Bereiche, wo es unterschiedliche Behandlungen zwischen Neueingestellten und bestehenden Arbeitskräften gibt. Beispielsweise bei der Anreifung von Betriebsprämien, oder bestimmten Rechten wie Freistellungen...

...oder auch bei der Sonntagsarbeit, wie man von großen Handelsbetrieben hört? 

Der Bereich Sonntagsarbeit ist ein gutes Beispiel, um die Widersprüche aufzuzeigen, mit denen wir oft konfrontiert sind. Als Gewerkschaften haben wir bei den Verhandlungen interessante prozentuelle Zuschläge gefordert, die aus unserer Sicht dazu dienen sollten, dass die Betrieb nicht unbedingt daran interessiert ist, Leute sonntags zu beschäftigen. Doch nun bekommen wir von den Personalchefs zu hören, dass sich die Leute offenbar um die Sonntagsarbeit streiten, weil es für viele Arbeitnehmer interessant sein kann, am Sonntag 90 Prozent mehr Stundenlohn zu bekommen.

Doch es gibt mittlerweile auch Verträge, in denen Mitarbeiter die Sonntagsarbeit nicht fett entlohnt bekommen?
Das ist ein spezieller Fall, wo in individuellen Vereinbarungen festgelegt wurde, dass die Arbeitswoche von Dienstag bis Dienstag geht, und somit der Sonntag als normaler Arbeitstag gilt. Hier kann man natürlich die Betroffenen fragen, wieso unterschreibt ihr so etwas. Aber wahrscheinlich war es für diese  Personen in dem Moment wichtiger, eine Arbeit zu bekommen. Und auch davor muss man Respekt haben.

Zurück zum Fall Röchling: Haben Sie auch Respekt vor den Entscheidungen der dortigen Betriebsverantwortlichen?
Man könnten diesen Druck, den der Betrieb ausübt, klarerweise als Schweinerei bezeichnen. Andererseits leben wir eine Krisensituation, auf die wir in diesen Ausmaß alle nicht vorbereitet waren, auch die Gewerkschaften nicht. Doch gerade in Krisenzeiten sollte etwas zum Ausdruck kommen, was mir hier bei Südtirols Betrieben fehlt: die Bereitschaft soziale Verantwortung zu übernehmen. Oder zumindest einen kleinen Teil dazu beizutragen. Sie müssen ja auch unbedingt mehr geben, aber sollten zumindest nichts nehmen. 

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Profil für Benutzer Nix Blicker
Nix Blicker Di., 18.06.2013 - 09:07

Erschreckend, was Röchling da macht!
Eine Minute googeln reicht, um zu verstehen, dass Röchling hier eine Riesenschweinerei abzieht. Der Betrieb hat in den letzten zwei Jahren immer wieder Rekordumsätze und -zuwächse erzielt und nutzt die "Gunst der Stunde" um die Situation der Arbeiter schamlos auszunutzen.
Artikel des Morgenweb Rhein-Neckar vom 12.06.2013 hier nachzulesen: http://www.morgenweb.de/newsticker/mannheim-r%C3%B6chling-mit-rekordzah…

Artikel bei Finanzen.net vom 24.05.2012 hier nachzulesen: http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/Roechling-Gruppe-steigert-Umsa…

Die Gewerkschaften stehen sicher vor einer schwierigen Situation, Frau Mair hat das im Interview sehr gut verdeutlicht, aber das was Röchling hier macht ist schlicht Erpressung und sowas ist im "normalen" Leben strafbar.
Und der Herr Landeshauptmann schlägt sich im Nullkommanix auf die Seite des Stärkeren ... na ja, vielleicht ist googeln nicht so sein Spezialgebiet ;-))

Di., 18.06.2013 - 09:07 Permalink