Friede, Freude, Freier Handel?
"Aufklärung" wollte die Junge Generation der SVP betreiben, über die Auswirkungen der derzeit heiß diskutierten Freihandelsabkommen TTIP - zwischen der EU und den USA - und CETA - zwischen EU und Kanada - auf unsere Autonomie. Und hatte aus diesem Grund zusammen mit den Junghandwerkern des lvh am Freitag, 5. September, zu einer Tagung in die EURAC geladen.
Jasmin Fischnaller (lvh), Matteo Nicolini, Albert Steinherr, Herbert Dorfmann, Stefan Premstaller (JG). Foto: JG
Verfassungsrechtler Matteo Nicolini warnte vor einem parallelen Rechtssystem, das durch die Abkommen geschaffen werde. Dieses würde die staatliche Gesetzgebungs- und Rechtssprechungsfunktion zunehmend aushöhlen und mit eigenen Schiedsgerichten aushebeln. Private Unternehmen und Investoren könnten in Zukunft noch stärker die Geschicke der Staaten lenken, die - um ausländisches Kapital anzulocken - nach und nach ihre Zuständigkeiten und Autoritäten aufgäben. Das stärkste Kontrollorgan, um die laufenden Verhandlungsprozesse zwischen EU-Kommission und den USA nicht in eine falsche Richtung laufen zu lassen ist für Nicolini die Öffentlichkeit. Jedoch sei eine Kontrolle durch die Bevölkerung im Falle der TTIP-Verhandlungen durch das Geheimhaltungsgebaren der EU-Kommission nur schwer bis gar nicht möglich.
Hier sieht auch Herbert Dorfmann den Knackpunkt für das Scheitern bzw. den Erfolg der TTIP-Verhandlungen. "Ausschlaggebend wird die Ausrichtung der neuen EU-Kommission sein. Wenn diese ihre Arbeit offen, transparent und kommunikativ gestaltet, wird auch weiter verhandelt werden", versprach Dorfmann in seinem Vortrag. Die nächsten Monate werden also zeigen, ob wir in Zukunft wirklich Chlorhühnchen, Fleisch geklonter Kühe oder Gen-Mais auf den Tellern wiederfinden. Dorfmann räumte diesbezügliche Ängste jedoch vorerst aus: "Derzeit sieht es gar nicht gut aus für das TTIP, wegen gewisser politischen Kräfte im EU-Parlament, die sich auch aus ideologischen Gründen gegen das Abkommen stemmen." Und in den USA wird indes gegen die von der EU geforderte Regulierung der Finanzmärkte Sturm gelaufen.
Es sieht also ganz danach aus, als könnte den weiteren Verhandlungen um das TTIP ein politischer Riegel vorgeschoben werden. Und was bedeutet das nun genau für Südtirol? Ganz klar ist das auf der Tagung nicht geworden. Fest steht für Dorfmann jedenfalls, dass unser Land vom prognostizierten Anstieg der Weinexporte in die USA profitieren könnte. Auch wenn dort teilweise strenge Produktionsstandards mit einer "Zero-Tolerance"-Grenze etwa beim Einsatz von Pestiziden vorgesehen sind. Ein Risiko sei hingegen das erwartete "Downgrading", die Herabsetzung und Angleichung von Qualitätsstandards, die unsere Wirtschaft empfindlich treffen könnte.
Der Wirtschaftswissenschaftler Alfred Steinherr zeigte die Rentabilität von TTIP insgesamt auf - unter dem Strich sei das Abkommen für die EU, aber auch für die USA ein "Nullsummenspiel". "Denn selbst wenn das Freihandelsabkommen umgesetzt würde, wäre der Gewinn für den europäischen Markt kaum nennenswert – und das ohne die Kosten für die Umstrukturierungen miteinzuberechnen", so die ernüchternde Prognose Steinherrs. Rein ökonomisch lohne sich das TTIP also gar nicht.
Angesichts solcher Aussagen scheint es fraglich, ob der Freihandelsvertrag zwischen der EU und den USA tatsächlich zustande kommt. Dazu beigetragen hat auch der breite Widerstand von Menschen die sich gegen Geheimniskrämerei, Schiedsgerichte, vor die Unternehmen Staaten zerren können und die ominösen Chlorhühnchen wehren. Entscheidend dafür, ob das TTIP scheitert oder gelingt, könnten die Verhandlungen mit Kanada sein - der Vertragsentwurf für CETA wird noch diesen Monat auf einem EU/Kanada-Gipfel offiziell vorgelegt. Untätig bleibt die EU-Kommission aber auch an anderen Fronten nicht: Mit Marokko und Vietnam sind erst kürzlich Handelsabkommen unterzeichnet worden. Und die Verhandlungen über neue Verträge laufen munter weiter: mit Indien, China, Japan, Thailand, und den Mercosur-Staaten.
Mich würde interessieren, wo
Mich würde interessieren, wo Herbert Dorfmann seine wirtschaftspolitische Bildung her hat - aus der Bild, aus der Micky Mouse oder doch noch aus jener Zeit, als er noch in die Schule ging? In dem Fall müsste man sich bei seiner ehemaligen Lehrerin beschweren.
Gegen eindeutige Zahlen bringt er die üblichen, immer wieder durchgekauten Phrasen, die man genauso gut auswendig lernen könnte. Und bei einer solchen politischen Weitsicht dann noch den Mut haben, den anderen eine Ideologie vorzuwerfen. Nur gut, dass die Südtiroler sich nicht einfach so mit hohlen Phrasen abspeisen lassen und mit ihrer Stimme lieber kompetente Leute ins Europäische Parlament schicken. Ach so, nein, das lief ja anders..