Der (Schul-)Weg zum Bürgerrecht
-
In einer kürzlich erhobenen Umfrage von Quorum/YouTrend für Sky TG24 zum Thema „ius scholae“ sprachen sich 55 Prozent der Italiener dafür aus, dass nach fünf Jahren Schulbesuch die Staatsbürgerschaft gegeben wird (40 Prozent dagegen, 5 Prozent unentschlossen). Vor allem bei der jüngeren Generation - 18-34 Jahre – findet dieser Weg mit etwa Zweidrittel der Befragten viel Zustimmung. Große Unterschiede zeigen sich dabei bei einer Aufsplitterung nach den gewählten Parteien der Befragten. So kommt vor allem von Wählern von Mitte-links-Parteien großer Zuspruch – Wähler der PD etwa sind zu 86 Prozent dafür – während die geringste Zustimmung von Lega-Wählern kommt, da ist in etwa einer von fünf für die Staatsbürgerschaft durch Schulbesuch.
-
Das „ius scholae“
Mit „ius scholae“ bezeichnet man einen Weg hin zur Staatsbürgerschaft neben den gängigen „ius soli“ (Recht des Bodens beziehungsweise Geburtsortprinzip, mit Geburt in einer Nation, die das „ius soli“ anwendet erhält man automatisch die Staatsbürgerschaft; wird beispielsweise in den USA angewendet) und „ius sanguinis“ (Recht des Blutes beziehungsweise Abstammungsprinzip, kurz gesagt die Staatsbürgerschaft ist abhängig von den Eltern; so ist die derzeit etwa in Italien die Handhabung).
Dieses „Recht der Schule“ strebt nun eine andere Möglichkeit zum Erhalt der Staatsbürgerschaft an. Vorgesehen ist sie dabei, wenn ein ausländisches Kind, das in Italien geboren oder vor dem 12. Lebensjahr nach Italien eingereist ist, sich rechtmäßig in Italien aufhält und im Inland mindestens fünf Jahre lang regelmäßig einen oder mehrere Schulzyklen in Einrichtungen des nationalen Bildungssystems oder Berufsausbildungsgänge besucht hat, die zur Erlangung eines Berufsabschlusses geeignet sind.
-
„Immer wenn es um die Botschaft geht, sofern du dich bemühst, bekommst du auch, finde ich es positiv.“
Philipp Achammer
Philipp Achammer, unter anderem Landesrat für die deutsche Bildung und Kultur, zeigt sich einer solchen Möglichkeit zum Erhalt der Staatsbürgerschaft nicht abgeneigt. „Alles, was meritorisch, im Sinne eines Leistungsprinzips, etwas vorsieht, da wäre ich dafür“ so der Landesrat. Das Blutabstammungsprinzip beziehungsweise das Geburtsortsprinzip allein hätten nämlich keine qualitative Bewertung dahinter. Es sei sinnvoller nach Leistung zu messen und Staatsbürgerschaften zu vergeben, wenn der deutliche Wille zur Integration und zum Erlernen der Sprache, zur Kenntnis der Gegebenheiten erkennbar wäre. „Ich wäre offen, dass man darüber reden sollte. Immer wenn es um die Botschaft geht, sofern du dich bemühst, bekommst du auch, finde ich es positiv“ meint Achammer. Das Schlimmste sei nämlich, wenn sich jemand anstrenge, aber keine Chance bekomme. Zu klären sei dabei allerdings, wie das Konzept in der Praxis umgesetzt würde, das heißt etwa, wie viele Schuljahre mindestens nötig seien. Ob das „ius scholae“ realistisch für Italiens Zukunft sei, müsse infrage gestellt werden. Es scheine, dass dieses Thema in der aktuellen Regierungskoalition erneut verschoben worden sei, da es unterschiedliche Meinungen dazu gebe. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni habe kürzlich geäußert, dass sie die legale Immigration fördern wolle, während sie die illegale so stark wie möglich zu unterbinden versuche. Diese Haltung erscheine besonders bemerkenswert, da sie von einer Seite komme, die oft mit Remigrationsbestrebungen in Verbindung gebracht werde. Angesichts des Arbeitskräftemangels müsse jedoch, um einen Produktions- oder Dienstleistungsabbau zu vermeiden, legale und idealerweise qualifizierte Zuwanderung gefördert werden erklärt Achammer. Es sei notwendig, sich für eine qualitative und legale Zuwanderung einzusetzen, bei der sorgfältig geprüft werde, wer ins Land kommt. Das Problem einfach zu ignorieren oder zu verschieben, wie es in der Vergangenheit in anderen Bereichen geschehen sei, werde keine langfristige Lösung darstellen schließt der Landesrat ab.
-
„Es gibt bereits ein Staatsbürgerschaftsgesetz, das es denjenigen, die ihre Liebe zu unserem Land nachweisen können, ermöglicht, italienische Staatsbürger zu werden.“
Marco Galateo
Marco Galateo, Landesrat für italienische Bildung und Kultur unter anderem, steht dem ius scholae hingegen deutlich kritischer gegenüber: „Ich glaube, dass das ius scholae das Konzept der nationalen Staatsbürgerschaft schwächt. Die Staatsbürgerschaft sollte nur denjenigen gewährt werden, die eine starke Verbindung zur italienischen Kultur, Sprache und zu den italienischen Werten nachweisen können, und nicht nur auf der Grundlage des Schulbesuchs. Es gibt bereits ein Staatsbürgerschaftsgesetz, das es denjenigen, die ihre Liebe zu unserem Land nachweisen können, ermöglicht, italienische Staatsbürger zu werden“ so der Landeshauptmann-Stellvertreter. In Südtirol, einer Provinz mit einer starken deutschen kulturellen und sprachlichen Identität, könne die Einführung des ius scholae die Spannungen zwischen den verschiedenen Gemeinschaften noch verstärken. Sie könne als Versuch wahrgenommen werden, das demografische und kulturelle Gleichgewicht der Region zu verändern, was zu einer weiteren Polarisierung und einem möglichen Verlust der lokalen Identität führen würde, erklärt Galateo weiter. Das ius scholae sei nicht der richtige Weg zur Staatsbürgerschaft, diese Maßnahme könne sich gar gegenteilig auswirken und negativ auf die Integration und den sozialen Zusammenhalt ausschlagen. Galateo erwarte sich aber nicht, dass diese Maßnahme in Zukunft wirklich eingeführt werde.
-
Weitere Artikel zum Thema
Politics | Goethe-Schule„Das Spiegelbild der Gesellschaft“
Politics | ScuolaClassi speciali per i “non tedeschi”
Politics | diritti"Ius scholae per 1 milione di bimbi"
Bildungslandesrat Achammer?…
Bildungslandesrat Achammer? Da kann man nur noch lachen.Von welcher Bildung sprechen wir eigentlich?
Bildungslandesrat Achammer?…
Bildungslandesrat Achammer? Da kann man nur noch lachen.Von welcher Bildung sprechen wir eigentlich?
"Es gibt bereits ein…
"Es gibt bereits ein Staatsbürgerschaftsgesetz, das es denjenigen, die ihre Liebe zu unserem Land nachweisen können, ermöglicht, italienische Staatsbürger zu werden". Zum Glück habe ich bereits die Staatsbürgerschaft, mit diesem "Liebesgesetz" würde ich sie wohl nicht kriegen.
"Die Staatsbürgerschaft…
"Die Staatsbürgerschaft sollte nur denjenigen gewährt werden, die eine starke Verbindung zur italienischen Kultur, Sprache und zu den italienischen Werten nachweisen können,"
Hmmm, etwas nachdenklich, warum habe ich dann die italienische Staatsbürgerschaft?
Antwort auf "Die Staatsbürgerschaft… von G. P.
Sie sind zwar nachdenklich,…
Sie sind zwar nachdenklich, aber nachgedacht haben Sie nicht.
Antwort auf Sie sind zwar nachdenklich,… von Manfred Klotz
Und Sie wissen nicht, was…
Und Sie wissen nicht, was Sarkasmus ist.
»Das Blutabstammungsprinzip…
»Das Blutabstammungsprinzip beziehungsweise das Geburtsortsprinzip allein hätten nämlich keine qualitative Bewertung dahinter.«
Okay, was habe ich dann für die Staatsbürgerschaft getan?
»Die Staatsbürgerschaft sollte nur denjenigen gewährt werden, die eine starke Verbindung zur italienischen Kultur, Sprache und zu den italienischen Werten nachweisen können, und nicht nur auf der Grundlage des Schulbesuchs.«
Wenn sowas von einem Vertreter der Südtiroler Landesregierung kommt, wissen wir, dass etwas ganz grob schief läuft.
Antwort auf »Das Blutabstammungsprinzip… von pérvasion
Das würde ich jetzt nicht…
Das würde ich jetzt nicht überbewerten, denn bei dieser Frage reichen sich FdI und die Patrioten hierzulande die Hände. Mit anderen Worten, in der Landesregierung und in anderen im Landtag vertretenen lokalen Parteien sitzen neben Galateo schon auch noch hiesige, die mit dem Konzept Ius scholae, sprechen wir gar nicht mal von Ius soli, nicht klar kommen.
Antwort auf Das würde ich jetzt nicht… von Manfred Klotz
Es geht mir hier nicht ums…
Es geht mir hier nicht ums Ius scholae als solches, sondern darum, dass einen Vizelandeshauptmann nicht einmal der Gedanke streift, dass auch eine andere Sprache (und »Liebe«) infrage kommen könnte. Bei einem FdI-ler aber natürlich auch nicht wirklich verwunderlich.
Immigration ist prinzipiell…
Immigration ist prinzipiell der falsche Weg. Als wirtschaftliche Notlösung, weil es den jungen, angestellten Italienern unmöglich gemacht wird, eine Familie mit Kindern zu gründen. Auf diese Staatsbürgerschaft bin ich nicht stolz. Leider war es ein Fehler, wieder zurück zu kommen.
Antwort auf Immigration ist prinzipiell… von nobody
Wenn Immigration der falsche…
Wenn Immigration der falsche Weg ist, dann sind es Globalisierung und Turbokapitalismus auch.
Eigenartig, dass die meisten nur Parteien wählen, die das erste behaupten.
Die italienische…
Die italienische Staatsbürgerschaft in einem autonomen Südtirol sollte denjenigen gewährt werden die ein mindestens B1 Zweisprachigkeitszeugnis vorlegen können.
Antwort auf Die italienische… von Evelin Grenier
Derzeit braucht es it…
Derzeit braucht es it. Sprachkenntisnachweis A2 oder ein it. Schuldiplom.
Antwort auf Derzeit braucht es it… von △rtim post
Ja. Ich meine, wenn wir bei…
Ja. Ich meine, wenn wir bei der Einbürgerung nur Italienisch Kenntnisse verlangen, können wir nicht schimpfen wenn diese Familien und ihre Kinder in der deutschen Schule kein Wort verstehen. Es sind die Südtiroler von morgen. Galateo, Urzi & Co reiben sich die Hände grinsend.
Antwort auf Ja. Ich meine, wenn wir bei… von Evelin Grenier
Völlig richtig. Der Spirit…
Völlig richtig. Der Spirit of equity, die völkerrechtliche völlige Gleichwertigkeit der Bürgerschaft in Südtirol zur "Wahrung des ethnischen Charakters und der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung" ist bekanntlich aber leider nur (totes) Recht — trotz Art. 10 it. Verfassung.
Die Ungleichwertigkeit der Bürgerschaft ist die Regel.
Im Zuge des immer stärker…
Im Zuge des immer stärker werdenden (übersteigerten) it. Nationalismus sind nicht nur die zeitlichen Hürden und Voraussetzungen zur Verleihung der it. Staatsbürgerschaft deutlich erschwert worden. Früher gab es ganz normal die it. Staatsbürgerschaft nach zwei Jahren Ansässigkeit, mehrfache Staatsbürgerschaft kein Problem. Es ging noch ganz normal zu, ohne Staatsakt mit Binde in der Gemeindestube.
Man kennt es weltweit, Millionen von Auslandsitaliern der x-Generation, die nach "ius sanguinis“ die it. Staatsbürgerschaft haben oder sie beantragen können.
"Eine starke Verbindung zur italienischen Kultur, Sprache und zu den italienischen Werten (?) nachweisen" brauchen sie nicht.
Müsste Achammer, wenn er hier Galateo zuhört, nicht als Kultur- und Bildungsrat zumindest auf die völkerrechtliche völlige Gleichwertigkeit des Deutschen mit dem Italienischen und der Bürgerschaft seit 1946 hinweisen und Sprachkenntnachweis (A2) auch auf Deutsch fordern.
Im Zuge des immer stärker…
;
Auf wen wollen Sie sich hier…
Auf wen wollen Sie sich hier verlassen? Auf Politiker wie AK oder PA? Ojeoje