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Foto: Regione Veneto
Politik | Abrechnung

Die Krise der Lega

In der Lega bricht der Konflikt um die regionalen Autonomien wieder auf. Die Generation um Bossi und Maroni wirft Salvini vor, ursprüngliche Ideale verraten zu haben.

Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass sich die Lega in einer problematischen Krise befindet, so hat die jüngste Parlamentswahl ihn geliefert. Der Lega und der Dauerpropaganda ihres Parteichefs Matteo Salvini haben die Wähler eine deutliche Abfuhr erteilt. Doch der Lega-Chef besteht weiterhin auf dem Innenministerium und wird von der Parteiführung in dieser Forderung bestärkt. Die Partei ist in zwei Lager gespalten. Salvini hält hartnäckig an seiner Forderung nach dem Innenministerium fest - und das, obwohl die Wahlsiegerin Giorgia Meloni darauf verweist, dass Staatspräsident Sergio Mattarella diese Forderung bereits unmissverständlich abgelehnt hat - unter Berufung auf seine laufenden Gerichtsverfahren.

Doch nun gerät der umtriebige Lega-Chef plötzlich aus den eigenen Reihen unter Beschuss.  Der soeben wieder in den Senat gewählte Lega-Gründer Umberto Bossi und andere prominente Vertreter der Gründergeneration wie Roberto Maroni, Francesco Speroni und Roberto Castelli werfen ihm vor, das "heiligste Ideal" der Partei verraten zu haben: die Autonomie des Nordens. Sein vermeintliches Vergehen formuliert die Turiner Tageszeitung La Stampa so: " E´la rinuncia definitiva al mito della Padania libera e sovrana." Salvini habe die Lega in eine Italienische Partei verwandelt. Die müsse jetzt zu ihren Ursprüngen zurückkehren - in ihre Rolle "alla Lega sindacato territoriale del nord, nemica dell´assistenzialismo di stato e delle liturgie politiche romane." 

Auch Venetiens populärer Präsident Luca Zaia, der die Lega in seiner Region auf Rekordwerte von über 75 Prozent geführt hatte, stellt frustriert und irritiert fest, dass seine Wähler jetzt vielfach zu den Fratelli d´Italia abgewandert seien, weil man "ihre berechtigten Hoffnungen auf regionale Autonomie enttäuscht" habe. Salvini zeigt sich in dieser politischen Sackgasse kaum kompromissbereit und zeigt sich wie gewohnt kaltschnäuzig: " Se non mi vogliono, lo dicano chiaramente." Die zukünftige Regierungschefin will dagegen kein Geplänkel und keine öffentlich ausgetragenen Konflikte. Sie mahnt zur Eile. Ihr Ziel ist es, dem Staatspräsidenten eine bereits von den Regierungsparteien einhellig beschlossene Ministerliste zu präsentieren. Schlüsselressorts wie das Aussen- und Wirtschaftsministerium sollen unabhängigen Fachleuten übertragen werden. Einer davon ist Fabio Panetta, Italiens Vertreter im Führungsgremium der Europäischen Zentralbank. Der aber strebt das Amt des Gouverneurs der italienischen Notenbank an, wo der Führungswechsel erst in einigen Monaten ansteht. Meloni wehrt sich gegen das übliche Parteienkarussell: "Sul governo io ci metto la faccia. E ricordatevi che noi siamo qui per accontentare gli italiani e non i partiti." 

 

Unterdessen findet Meloni Zeit, sich mit Regierungschef Mario Draghi anzulegen, dessen Tage im römischen Chigi-Palast nunmehr endgültig gezählt sind. Im Wiederaufbau-Programm PNNR gebe es sträfliche Verzögerungen. Der scheidende Regierungschef dementiert postwendend. Es gebe keine Verspätungen, die EU habe 45,9 Milliarden bereits ausgezahlt: "E´essenziale dimostrare che le riforme e gli investimenti siano portati a compimento come previsto." Wenige Stunden später dementiert Meloni ihren Konflikt mit dem scheidenden Premier wieder: "Non c`è nessuno scontro con Draghi." Viel Lärm um nichts also.

Das traditionelle Toto-ministri wird indessen in den Medien unbeirrt fortgesetzt: als Innenminister ist der scheidende römische Präfekt Matteo Piantesodi im Gespräch, als Wirtschaftsminister Domenico Siniscalco, als Regionenministerin Erika Stefani, Lega-Parlamentarierin aus Venetien mit einschlägiger Erfahrung - eine also, die mit dem Thema Autonomie bestens vertraut ist.  Als gescheitert kann man dagegen Berlusconis Versuch betrachten, seine enge Vertraute Licia Ronzulli als Unterrichtsministerin durchzusetzen. Der 86-jährige, nach langjähriger Hause ins Parlament zurückgekehrte ex-Cavaliere gibt sich zuversichtlich: "Si troverà un'altra casella." 

 

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Dietmar Nußbaumer Fr., 07.10.2022 - 20:42

In diesem Fall haben Bossi und Maroni recht, und Salvini will sich im Süden Stimmen erschleichen. Die Partei hat auch mal Lega Nord geheißen - als Lega ist sie untergegangen.

Fr., 07.10.2022 - 20:42 Permalink