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Heute schon gelesen?

Rund um den Globus sprießen sogenannte "book towns" aus der Erde: Eine Chance für nachhaltige Entwicklung und Tourismus.
book towns
Foto: flickr

Die in der Toskana gelegene Ortschaft Montereggio di Mulazzo ist eine von ihnen, Fontenoy-la-Joûte in Frankreich, Bellprat in Spanien und Lilleputthammer in Norwegen sind weitere Beispiele davon. Während die meisten dieser Ortsnamen relativ unbekannt sein dürften, klingelt bei Lilleputthammer vielleicht doch etwas; irgendetwas mit Büchern, mit Autoren, mit Gulliver’s Reisen und Jonathan Swift vielleicht. Die hier genannten Ortschaften zählen nämlich allesamt zu den sogenannten “book towns”, das heißt, meist in ländlichen Gebieten gelegenen Dörfern oder Kleinstädten, die die Welt rund ums Bücher Schreiben, Herstellen und Lesen zu ihrer Identität gemacht haben. Warum? Einerseits wird so die Bevölkerung zum Lesen ermutigt und Gemeinschaftssinn gestiftet. Andererseits werden auch neugierige Leserinnen und Leser von Außen angezogen und so auch eine besondere Art des Tourismus gefördert.

 

Immer wieder sprießen irgendwo auf der Welt neue book towns aus der Erde. Manche von ihnen stützen sich wie Montereggio auf eine jahrhundertelange Tradition: Bereits 1471 wurde in dem kleinen toskanischen Dorf die erste Druckpresse in Betrieb genommen; nur wenige Jahre später öffnete eine Bücherei ihre Türen - viele der einheimischen Familien begannen in diesem Sektor ihren Lebenserhalt zu suchen. Heute richtet das 50-Einwohnerdorf jedes Jahr im August eine große Buchmesse und einen jährlichen Wettbewerb für illustrierte Bände, den Silent Book Contest aus. Zudem charakterisieren noch stets Büchereien und honesty shops mit zahlreichen Bücherstapeln das Dorf.

Andere book towns wurden ganz bewusst ins Leben gerufen und hatten vorher kaum eine Verbindung zur Welt von Buchdruck und Literatur. Das französische Dorf Fontenoy-la-Joûte ist eines von ihnen: Dort schlossen sich 1994 einige Buch Enthusiasten zusammen und organisierten die erste Buchmesse im Dorf; in den darauffolgenden Jahren wurden zahlreiche Büchereien und Leseorte eröffnet, die von Personen aus dem gesamten französischsprachigen Raum besucht wurden. Heute findet man noch etliche Büchereien und ein Kalligrafie-Studio im Dorf. Immer wieder werden Literaturfestivals und Wettbewerbe organisiert. 

 

Jede dieser Ortschaften hat ihre ganz eigene Geschichte und ihren eigenen literarischen Fokus. Während sich die meisten book towns auf Literatur für Erwachsene konzentrieren, stehen im norwegischen Lilleputhammer (eine Miniatur-Kopie der Stadt Lillehammer und namentlich angelehnt an Swifts “Liliputaner”) die Kinder im Mittelpunkt: Dort gibt es vier Büchereien, die nur Kinderbücher verkaufen und eine Bibliothek, in denen Eltern und anderen Erwachsenen der Zutritt verboten wird.

Die “International Organisation of Book Towns”, zu der zwar nicht alle, aber einige dieser Städte und Dörfer gehören, unterstützt die book towns durch Informationen und ein biennales Book Town Festival darin, Informationen zu verbreiten und das Interesse der Öffentlichkeit zu wecken. Zudem findet über das Netzwerk ein reger Austausch zwischen den einzelnen Städten und Dörfern und deren Buchläden und Büchereien statt, um Infos und best practices auszutauschen. 

“Die book towns zeigen, wie eine nachhaltige Entwicklung in ländlichen Gebieten funktionieren kann”, heißt es auf der Webseite der International Organisation of Book Towns. Und sie sind “ein erfolgreiches Modell, das von vielen Dörfern, Städten und Ländern rund um die Welt angewandt wird, um einen nachhaltigen Tourismus in ländlichen Gebieten zu fördern.