Gesellschaft | kalašnikov&valeriana

Feminismus triggert

Empirische Bestätigung eines gesamtgesellschaftlichen Phänomens: männliche Gewalt an Frauen
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Foto: Mariana JM/Unsplash
  • Seit einigen Jahren bin ich Pressesprecherin der Sozialgenossenschaft GEA zum Thema „männliche Gewalt an Frauen“. Dabei habe ich unter anderem verstanden: Auf jede Aktion folgt eine Reaktion, sprich auf jedes Interview, das ich dazu gebe, folgen Kommentare und unerwünschte Kontaktaufnahmen. Ausschließlich Männer fühlen sich bemüßigt, meine Kontaktdaten im Netz zu suchen und mir ihre Meinung kundzutun. In den allermeisten Fällen basiert diese Meinung nicht auf Fakten und wimmelt nur so von unzusammenhängendem Wissen aus dem Hörensagen. Und doch gibt es die eigenartige Erwartung, ich möge entweder meine Meinung ändern oder aber zumindest auf ihre Pseudo-Argumente eingehen und gegenargumentieren. Jetzt mal ganz ehrlich: eine individuelle Begleitung auf den Irrwegen paternalistischer Wahnvorstellungen?
    Nicht, dass ich den Grund dieser Reaktionen nicht erahne. Ich weiß, dass meine Aussage triggert, männliche Gewalt an Frauen sei ein gesamtgesellschaftliches Phänomen und jede und jeder von uns sollte sich ihrer bzw. seiner Verantwortung bewusst sein. Ich kann schon gar nicht mehr aufzählen, wie oft ich das schon gesagt und geschrieben habe. Fast genausooft wie ich das eine FWörtchen verwende, das ebenso heftig triggert … Ich meine natürlich: Feminismus bzw. Feminismen (Was habt ihr wohl gedacht???).
    Im Prinzip finde ich es sogar gut, dass diese Aussage Reaktionen auslöst. Nur reicht es nicht, reflexartig Abstand zu nehmen und den gefühlten Vorwurf weit von sich zu weisen, weil „man(n) ja selbst nicht gewalttätig ist!“, und gerade dabei dann übergriffig zu werden. Denn genau das ist die empirische Bestätigung meiner Aussage über ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Wieder finden wir männliche Bevormundung, Kleinreden und Banalisieren, Verantwortung Abwälzen. Übrigens macht das auch jeder einzelne gewalttätige Mann in einer toxischen Beziehung wieder und wieder.
    Wer also tatsächlich Abstand nehmen will von männlicher Gewalt an Frauen, der sollte überlegen, wo diese Gewalt beginnt, im banalen Alltag nämlich. Dann sollte er sich dokumentieren (fundierte Genderlektüre dazu ist leichter zu finden als meine Kontaktdaten). Und zuletzt sollte er das Gelesene reflektieren und sich gern auch austauschen. Die Chancen (für mich) stehen dann gut, dass so der Wunsch auf eine persönliche Mailantwort als Reaktion auf ein Interview schwindet und die (für beide) gesparte Zeit und Energie konstruktiver eingesetzt werden kann!