Wirtschaft | Praktika

Generation Praktikum?

Der Internship Survey des AFI | Arbeitsförderungsinstituts in Zusammenarbeit mit der Freien Universität Bozen gibt Einblick in die Welt der Praktika.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Praktikumssurvey 2021
Foto: AFI-IPL

Über viele Jahre trieb der Begriff „Generation Praktikum“ in der deutschsprachigen Arbeitswelt sein Unwesen und beschrieb damit jene Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die nach ihrem Oberschul- oder Studienabschluss aufgrund geringer Chancen auf eine Fixanstellung von Praktikum zu Praktikum wanderten – meist in Verbindung mit einer äußerst unterdurchschnittlichen Entlohnung. Allein in den Sommermonaten des Jahres 2021 haben in Südtirol laut der Informationsschrift „Arbeitsmarkt News“ der Landesabteilung Arbeit über 6.800 Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren ein Praktikum absolviert – der Löwenanteil davon im Gastgewerbe. Diese Zahlen erfreuen nicht nur die von der Pandemie gebeutelten Gastronomen und Hoteliers, sondern auch den Handel, der im vergangenen Sommer den zweitgrößten Anteil an Jugendlichen beschäftigt hat.

Der Stereotyp des Praktikanten, oder – in seiner ungünstigsten Ausprägung – des „Faktotums“, ist von der Vorstellung geprägt, dass junge Menschen im Rahmen ihres Ausbildungszeitraums hauptsächlich den bei Mitarbeitern unbeliebten Tätigkeiten im Betrieb nachgehen. Die Arbeitswelt hat allein im vergangenen Jahrzehnt einen enormen Wandel erfahren, nicht nur in Bezug auf digitale Innovation, sondern auch hinsichtlich des Personal- und Tätigkeitsmanagements. Doch gilt dies auch für die Welt der Praktika? Hat sich dort überhaupt etwas verändert oder entspricht der frühere Status auch jenem der Gegenwart?

 

Der Internship Survey

Einen Teileinblick liefert der Internship Survey des AFI | Arbeitsförderungsinstituts, die in Zusammenarbeit mit der Freien Universität Bozen alljährlich durchgeführt wird und versucht, die Qualität der Praktika der dort Studierenden zu ermitteln. Im Jahr 2020 haben 435 Studierende der Uni Bozen an der Umfrage teilgenommen und dabei Fragen zu den verschiedensten Aspekten innerhalb ihrer Praktikumstätigkeit beantwortet. Daraus resultiert, dass sich rund 92% der Studierenden als wertvolle Ressource für das Unternehmen, das sie hospitiert hat, wahrgenommen haben. Das heißt konkret, dass weniger als 8% das Gefühl vermittelt wurde, dem Unternehmen keinen Mehrwert bieten zu können. Auf einer Zufriedenheitsskala von eins bis sieben gaben 7 von 10 Befragten an, dass sie das von ihnen absolvierte Praktikum uneingeschränkt weiterempfehlen würden. Den höchsten Nutzen maßen die Befragten dem Knüpfen von Kontakten zum Zwecke ihrer späteren Berufslaufbahn bei, während ein relativ niedriger Lohn am häufigsten als Manko genannt wurde. Das Problem ist hierbei dem Umstand geschuldet, dass das italienische Arbeitsrecht bis dato keine Bestimmung enthält, welche die Arbeitgeber zur Vergütung einer Praktikumstätigkeit verpflichtet. Sprich: Praktika können mit Einverständnis der Betroffenen auch vollkommen unentgeltlich erfolgen, was für den Arbeitgeber einen finanziellen Vorteil, für die jungen Auszubildenden aber einen bedeutenden Nachteil darstellt.

 

 

Es ist schwierig, ein pauschales Urteil über die Qualität einzelner Praktika zu fällen. Die Mehrheit der Gelegenheitsjobber bewertet im Rahmen der Umfrage ihre ersten Arbeitserfahrungen allerdings als durchaus positiv: insbesondere jene neun Prozent, denen am Ende des Praktikums eine Festanstellung angeboten wurde.

 

 

Der Wert des Praktikums für Unternehmen

Vielen Unternehmen ist (noch) nicht bewusst, welchen Einfluss die innerbetrieblichen Erfahrungen von Praktikanten auf die Reputation des Betriebs oder der Organisation ausüben, und dass sie auch zu positiver oder negativer Mundwerbung beitragen können. Grundsätzlich sollte jeder Arbeitgeber im Hinterkopf behalten, dass die Bewertung eines Praktikanten oder einer Praktikantin umso positiver ausfällt, je eher er oder sie sich als Ressource innerhalb des Unternehmens wahrnimmt.

Rund 40 Prozent der Studierenden haben ihren Ausbildungsbetrieb selbstständig gewählt, was von großen Veränderungen in der Welt der Praktika zeugt: Während es früher die jungen Menschen waren, die von Unternehmen und Organisationen abhängig waren, ist die Hierarchie mittlerweile auf den Kopf gestellt worden. Die Jugendlichen sind diejenigen, die entscheiden, in welchem Betrieb sie in Zukunft ein Praktikum absolvieren wollen. Das traditionelle Aktenshreddern oder Kaffeebrühen gehört also der Vergangenheit an und wird schrittweise von einer partizipativen Autonomie innerhalb der betrieblichen Organisationsstruktur ersetzt. Schließlich können nicht nur die „jungen Hungrigen“ von einem erfolgreichen Praktikum profitieren, sondern deren Praktikumstätigkeit gibt auch Aufschluss über die Positionierung junger Arbeitskräfte innerhalb eines Betriebs oder einer Organisation. Besonders im Hinblick auf den prognostizierten Fachkräftemangel ist es für Unternehmen daher umso wichtiger, sich als attraktiven Arbeitgeber zu präsentieren – nach innen wie nach außen.

Ein Artikel von AFI-Praktikantin Karin Inama