Kühler Blick auf heiße Zahlen
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Es ist eine Ausstellung aus dem Vorjahr, die zukunftsweisend ist. Die Zusammenstellung von Design- und Grafikobjekten von der Gruppe WEI SRAUM Designforum Tyrol, die zwischen Mai und Juli 2024 in Innsbruck zu sehen war, möchte mit kreativen Ansätzen Interesse wecken und dabei auch wachrütteln. Man spricht in diesem Kontext von Klimakommunikation.
Was, wenn man neben unvorstellbaren Zahlen – die Wissenschaft ist hier keine exakte, im Allgemeinen gilt alles ab 1000 als nur noch schwer oder in abstrahierenden Paketen bildlich vorstellbar – weit jenseits davon liegende Tonnen klimaschädlicher Treibhausgase stellt? Das Aufeinandertreffen einer unsichtbaren, unheilvoll über der Menschheit schwebenden Wolke, motivierte vielleicht den einen oder die anderen im eigenen Handwerk. -
Im „Ausstellungsraum“ – für Bozen hat man die Schau in der Universitätsbibliothek konzentriert im zentralen Lichthof, im ersten Stock (Eingang Uniplatz) aufgebaut. Etwas mehr Raum hätte auch nicht geschadet, aber man hat meist genug Ruhe um sich – Standort Bibliothek – um sich in Ruhe mit den einzelnen Klimastatistiken zu befassen. Die Perspektiven sind dabei vielfältig und zielgerichtet.
Angefangen bei der etwas älteren, aber immer noch im Umlauf befindlichen „scroll story“ The water we eat von Angela Morelli, die zu den ersten ihrer Art zählt. Die Informationsdesignerin befasst sich darin mit dem Phänomen des so getauften „virtuellen“ Wassers. Gemeint ist jener Wasserverbrauch, der in Produkten unseres täglichen Bedarfs, insbesondere Lebensmitteln bei der Produktion anfällt. Wenngleich hier mit Durchschnittswerten gearbeitet wurde, deren Quelle sich am Fuß der Seite findet, überwindet man effektiv die Schwierigkeiten bei der Vorstellung.
Marina Bräms sieht sich bei ihrer Arbeit als Übersetzerin ins Grafisch-Effektvolle, wie sie in Interviews an PC-Stationen mit Kopfhörern berichtet, mehr durch „knochenharte“ Briefings gestresst als vom Erstellen der Grafiken rund ums Thema Klima, die sie in Wissensmagazinen und beim WWF platzieren konnte.Auf zwei Tischen voll Doppelseiten mit Intention ist Information überschaubar, anschaulich und zielgerichtet präsentiert: Die Wissenschaftlerin und den Wissenschaftler wird in der Regel eher der Refraktionswert von Schnee und abschmelzenden Gletschern interessieren, Wintersport-Aficionados vielleicht eher der Umstand, dass von den Austragungsorten Olympischer Winterspiele nur noch Sapporo im Jahr 2080 für die kalte Jahreszeit schneesicher sein wird, wenn Prognose-Modelle eintreten. Persönlich berührt mich da eher, dass die durch den Klimawandel in Gang gesetzte Häufung verschiedener Wetterextreme jene Ärmsten der Armen am schwersten trifft, die als Einzelpersonen wenig Anteil an der Verursachung des Problems haben.
Joost Grotens Gegenüberstellung von „Vorhersage vs. Realität“ lässt dies als nicht weiter unwahrscheinlich erscheinen. Im Großen, auf acht Stoffbahnen zeigt uns Groten links die vorab geschätzten Ausstoßmengen von mehreren Klimagasen und rechts die in Folge berechneten effektiven Ausstöße. Dass die Kurve am Ende das Koordinatensystem im letzten Zeitabschnitt sprengt, ist nicht mehr länger verwunderlich. Neben den Büchern und Comics, Interviews und Grafiken finden auch die ausgesprochen effektvollen „Warming Stripes“, zu Deutsch auch „Klimastreifen“ genannt, Platz. Die blau-roten, an Barcodes erinnernden Muster, die 2016 große Aufmerksamkeit erhielten und als Visualisierungsmethode auf den Professor für Klimawissenschaft, Ed Hawkins zurückgehen, sind nach einer ausgesprochen frühen Variante gehalten. Gerade diese wurde auch für ihre vereinfachende Darstellung von Temperaturanomalien oder den Abweichungen von Durchschnittstemperaturen, genutzt.
Klar, dass da bedrohlich mehr Rot als Blau ist, der Begleittext in der Ausstellung ist aber durchaus kritisch und zeigt, dass sich auch streiten lässt um vereinfachende Darstellungen. Einfach haben es sich Universität Bozen und WEI SRAUM mit der Ausstellung nicht gemacht, schließlich ist es auch das Problem Klimawandel nicht. Grafik und Design können und wollen hier allerdings entschieden Teil der Lösung, statt des Problems sein.„Visualizing Klimawandel“ kann noch bis zum 29. Januar zu den Öffnungszeiten der Universitätsbibliothek besucht werden.
Zum Teil holprige Sätze. Das…
Zum Teil holprige Sätze.
Das ist nicht gerade hilfreich, wenn man über eine „Ausstellung zur Darstellung unvorstellbarer Informationen“ berichtet. Oder ist das Absicht?