Kabinett Conte II
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Politik | Zerrüttete Koalition

Regierungsparteien am Ende?

PD und Fünf Sterne finden nicht zueinander. In der Bewegung knistert es gewaltig.
In der Regierung knistert es hörbar. Für Zündstoff sorgt diesmal das grösste Stahlwerk Europas in Taranto. Der französisch-indische Konzern Arcelor Mittal will  die Hälfte der über 10.000 Arbeiter  in die Lohnausgleichskasse überstellen. Die Accaierie Ex-Ilva, mit deren wechselvoller Geschichte sich zahlreiche Gerichte beschäftigt haben, sind berüchtigt für ihre extreme Luftverschmutzung.
Die Fünf-Sterne-Bewegung wurde dort bei der jüngsten Gemeindewahl von den Wählern abgestraft, weil sie ihre Versprechungen in Sachen Mittal-Arcelor nicht gehalten hat. Premier Conte hat die Besitzer des Werks jetzt nach Rom zitiert und sie angehalten, die von ihnen unterzeichneten Vereinbarungen einzuhalten. Die Antwort: Die Hälfte der Belegschaft soll vorerst entlassen werden. Die überfällige Sanierung des veralteten Stahlkolosses wäre mit enormen Kosten verbunden – ein angesichts der internationalen Stahlkrise kaum vorstellbares Unternehmen.
 
Unterdessen nimmt das Gezänk in der Koalition bedrohlich zu. La Repubblica spricht von "agonia di un alleanza senz´anima". Matteo Renzi schiesst sich fast täglich auf seine ehemalige Partei ein und droht, wichtige Teile des Regierungsprogramms wie die plastic tax zu Fall zu bringen. Mit Premier Conte führt er sich auf wie früher mit seinem Vorgänger Enrico Letta ("Stai sereno, Enrico"). Renzi erweist sich einmal mehr als gehässige und nur auf seine eigene Karriere bedachte Figur.
 
Mit den 50 Parlamentariern seiner neuen Italia Viva kann er alles abblocken, was aus dem Partito Democratico kommt.
 
Dessen Regierungskoalition mit den Cinque Stelle ist ihm ein Dorn im Auge. Fast täglich versucht er, sie zu nach Kräften zu sabotieren. Doch die Fünf-Sterne-Bewegung sorgt auch eigenhändig für interne Dauerturbulenzen. Seit September sind die 217 M5S-Abgeordneten ausserstande, ihren neuen Fraktionschef zu wählen. Die anfänglich als splendido esempio di democrazia interna zelebrierte Wahl ist mittlerweile zu einer Schlammschlacht entartet, in der alle bisherigen Kandidaten auf der Strecke geblieben sind. Im Senat peilen die Dissidenten die Bildung einer neuen Fraktion an.
 
Der Präsident der Anti-Mafia-Kommission und M5S-Senator Nicola Morra hat eine Versammlung einberufen, um über einen möglichen Nachfolger Di Maios zu diskutieren, der vielen als Ursache des Übels gilt. Die Senatorin Elena Fattori will morgen ihren Austritt aus der Bewegung ankündigen. Ihr Kollege Ugo Grassi neigt zur selben Entscheidung: "Hanno usato tanti di noi, tra professori universitari e professionisti stimati, per raccogliere consenso alle elezioni nel ceto moderato. Poi, una volta arrivati in parlamento, ci hanno scaricati senza mai ascoltarci."
 
Das wachsende Chaos in der Bewegung sorgt im Partito Democratico für Panikstimmung. Parteichef Zingaretti: "Non possiamo fare i donatori di sangue per questi qui. Il PD ci mette le pezze ed esce puro cornuto e razziato. La misura é colma." Angesichts der acht bevorstehenden Regionalwahlen wächst die Besorgnis in der Partei: "Questo governo doveva rappresentare l'inizio della crisi del salvinismo. Invece sembra tutt'altro." Eine Vermutung, die in den jüngsten Umfragen prompt bestätigt wird. Dort schafft Salvinis Lega mit 34 Prozent genau denselben Wert wie beide Koalitionsparteien zusammen.