Noi denunceremo
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Chronik | Covid und Justiz

Droht nun die Prozesswelle ?

In der Lombardei bietet eine Gruppe Anwälte Covid-betroffenen Bürgern Hilfe an: “Cerchiamo la verità”
Folgt der schwersten Pandemie der jüngeren Geschichte Italiens  mit bisher über 60.000 Toten nun die grösste Prozesswelle in der Geschichte der Halbinsel? Darauf lässt die rasch wachsende Zahl von Komitees, Initiativgruppen und Organisationen schliessen, die derzeit überall in Italien gegründet werden - mit dem Ziel, das Versagen und die Fehlentscheidungen von Gesundheitssprengeln, Gemeinden, Assessoraten, Krankenhäusern und Regionalverwaltern anzuprangern. Eines der eifrigsten Bürgerkomitees ist dort entstanden, wo die Pandemie ihren Usprung hatte: in Bergamo und Umgebung. Dort umfasst die aus der gleichnamigen Facebook-Seite hervorgegangene Initiativgruppe Noi denunceremo bereits über 70.000 Mitglieder. 
Es sind Betroffene, Verwandte, Überlebende oder Freunde von Covid-Opfern, die zahlreiche Fälle von Vertuschung, Verharmlosung, und Fehlentscheidungen dokumentiert und den Leidensweg von Überlebenden nachgezeichnet haben. Die drei Vorsitzendes des Komitees Stefano und Luca Fusco und die Anwältin Consuelo Locati haben in der Staatsanwaltschaft von Bergamo ein 66-seitiges Dossier deponiert, das zahlreiche Fälle von sträflicher Amtsunterlassung auflistet. 

Bisher wurden 53.000 Augenzeugenberichte von Personen gesammelt, die Angehörige verloren haben. 

Bisher wurden 53.000 Augenzeugenberichte von Personen gesammelt, die Angehörige verloren haben. Locati, die selbst erkrankte und ihren Vater verloren hat, leitet eine Gruppe von sechs Anwälten, die alle eingegangenen Klagen prüfen: "Il nostro compito è capire se queste ricostruzioni possono essere convertite in denunce. Poi spetta al comitato valutare se consegnarle alla magistratura. Quello che si domanda è accertare se il decesso dei parenti sia riconducibili alla mancata azione di chi era tenuto alle misure necessarie  per prevenire la diffusione del virus. I medici non sono colpevoli, ma vittime". 
 
 
 
Politsche Motive bestreitet die Anwältin: "Lo scopo non è cercare un risarcimento economico, ma trovare gustizia e smatellare l'omertà. Forse in Lombardia ci basterebbe che il governatore Fontana ci porgesse le sue scuse invece di sostenere di aver fatto tutto bene."
Für seine Arbeit fordert das Komitee einen Unkostenbeitrag von 5 Euro für jeden behandelten Fall.
Der Staatsanwalt von Bergamo, Antonio Chiappani ermittelt indessen gegen die Verantwortlichen des Krankenhauses von Alzano wegen "mancata instituzione della zona rossa e assenza di un piano pandemico aggiornato". Zu den Angeklagten gehört der damalige Direktor der Sanitätseinheit, Luigi Cajazzo. Die Anwältin Consuelo Locati verweist darauf, dass sich überall dasselbe Fehlverhalten wiederholt habe: "La reiterazione delle condotte omissive è provata dall'assoluta identità di comportamenti omissivi nella prima fase pandemica e reiteriti anche nei mesi marzo 2020 e sino ad oggi."  
Mehrere Strafanzeigen betreffen die strage dei nonni in den Altersheimen der Lombardei. Die Staatsanwältin Tiziana Siciliano ermittelt über die haarsträubenden Vorkommnisse im Mailänder Pio Albergo Trivulzio, der grössten Altenklinik Italiens, wo die Direktorin dem Pflegepersonal das Tragen eines Mundschutzes untersagte, "um die Insassen nicht einzuschüchtern." Ein Bürgerkomitee unterstützt die Klagen gegen die Verantwortlichen. Es beruft sich auf eine offizielle Mitteilung des Gesundministeriums, das bereits am 30. Jänner die Präsidenten aller Regionen vor einer pest-ähnlichen Pandemie gewarnt hatte:  "Il nuovo virus, pur essendo per il momento classificato come di tipo B viene gestito come se fosse appartenente alla classe A (la stessa del colera e della peste)." 
 
 
 
Nur 20 Tage später wird in Codogno der erste Covid 19-Fall diagnostiziert. Die Reaktion des lombardischen Präsidenten Attilio Fontana: "Cerchiamo di sdrammatizzare. E' una situazione senz'altro difficile, ma non così tanto pericolosa: il virus è molto aggressivo nella diffusione, ma molto meno nelle conseguenze." Präsident Fontana gehört zu den Politikern, denen die meisten Fehlentscheidungen angekreidet  werden - auch die Pleite mit dem Notkrankenhaus am Mailänder Messegelände.

Die mittlerweile 70.000 Mitglieder des Komitees "Noi denunceremo" in Bergamo und Umgebung pochen jetzt auf die ganze und lückenlose Wahrheit über mögliche Vertuschung und Verharmlosung.

Die mittlerweile 70.000 Mitglieder des Komitees "Noi denunceremo" in Bergamo und Umgebung pochen jetzt auf die ganze und lückenlose Wahrheit über mögliche Vertuschung und Verharmlosung.
In der Nachbarregion Piemont hat indessen der Rechnungshof in einem umfangreichen Dokument eine lange Liste von Fehlentscheidungen und Unterlassungen aufgezählt. Und auch dort ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die Verantwortlichen - vor allem wegen der Verlegung von Covid-Erkrankten in drei  Altersheime und wegen des Missmanagements in mehreren Sanitätseinheiten.

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Karl Trojer Do., 10.12.2020 - 10:47

Pauschale Klagen gegen das Sanitätspersonal über begangene Fehler in der Behandlung von Covid-Erkrankten erachte ich als unfair und demotivierend. Die Covid-Pandemie ist selbst für Spezialisten lange Zeit rätselhaft geblieben, ganz zu schweigen von fehlenden, klaren Lösungsvorschlägen. KrankenpflegerInnen und ÄrztInnen haben in den allermeisten Fällen ihr Möglichstes getan, um Beizustehen, Schlimmeres zu vermeiden und zu heilen, und sie haben dabei sehr oft ihre eigene Erkrankung mit in Kauf nehmen müssen. Ihnen gebührt Respekt und Anerkennung seitens der Gesellschaft !

Do., 10.12.2020 - 10:47 Permalink
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Karl Trojer Sa., 12.12.2020 - 09:40

Antwort auf von Günther Alois …

Herr Raffeiner, sicher würde mich das sehr berühren, aber, würde eine pauschale Anklage gegen PflegerInnen und ÄrtztInnen die/den Toten zurückholen ? Helfende Berufe sind in unserer Gesellschaft zwar als selbstverständlich notwendig eingefordert, aber schnell sind sie der Anklage ausgeliefert und sie erfahren zu geringe Wertschätzung (abgesehen davon, dass etliche von ihnen, trotz hoher physicher und seelischer Belastungen, zu schlecht bezahlt sind). Wenn eine Pandemie die Gesellschaft unvorbereitet trifft und die Vorgehensweisen seitens der "Experten" die längst Zeit so widersprüchlich sind wie bei corona-19, dann können auch gravierende Fehler nicht ausgeschlossen werden. "Wer ohne "Sünde" ist, der werfe den ersten Stein..." Letztlich müssen wir als Gemeinschaft bewirken, dass Gesundheit und Lebensqualität Aller auf allen Ebenen Vorrang erhalten.

Sa., 12.12.2020 - 09:40 Permalink
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Christian I Do., 10.12.2020 - 12:52

"... e assenza di un piano pandemico aggiornato". In diesem kurzen Satz steht sehr viel drein. Die Sendung "Report" auf Rai3 hat dazu brisante Dokumente, Interviews, und Aussagen gezeigt. Diese Dokumente bekam dann auch die Procura di Bergamo. Drinnen befindet sich die ganze jahrelange Inkompetenz der Italienischen Gesundheitspolitik und die Versuche der WHO-Spitze diese zu vertuschen. Man kann nur hoffen, dass Bergamo diese Geschichte restlos aufarbeitet.

Do., 10.12.2020 - 12:52 Permalink
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Salto User
Günther Alois … Sa., 12.12.2020 - 07:27

Antwort auf von Christian I

CHRISTIAN I-................HOFFENTLICH fallen die Köpfe,die nicht kompetent sind ,und nie waren.Aber in Südtirol ist man ja "Meister" im VERTUSCHEN,wird leider alles unter den Tisch gekehrt werden,oder ausprozessiert und ausgesessen,sind wir ja gewohnt,speziell die SVP ist in diesen Sachen "SEHR KOMPETENT"

Sa., 12.12.2020 - 07:27 Permalink
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Christian I Sa., 12.12.2020 - 10:23

Antwort auf von Günther Alois …

"una mano lava l'altra e insieme si lavano la faccia..." sagt man so schön. Und wenn man die Interviews an den "Grossen" sieht (Regierung, WHO-Spitze) dann kann man das ganz eindeutig bestätigen!
Wobei nicht ein mal die jetzige Regierung die ganze Schuld trägt. Da fällt mir ein Renzi ein, laut Statistik der grösste Sanitätsbudget-Schneider, eine Lorenzin, ein Theiner.... für welche grosse Leistungen werden wir uns an sie erinnern??

Sa., 12.12.2020 - 10:23 Permalink