Transparente Verschleierung
Politiker sollen ihre Vermögensverhältnisse und ihre Einkünfte offen legen. So will es der Gesetzgeber.
Deshalb müssen die Landtagsabgeordneten jährlich ihr Gesamteinkommen und die Veränderung ihrer Vermögensverhältnisse erklären. Die Erklärungen werden einmal im Jahr im Amtsblatt der Region veröffentlicht.
Ähnliches gilt auch für die Parlamentarier. In Rom ist die Veröffentlichung noch einfacher und direkter. Auf den Internetseiten von Kammer und Senat wird eine Kopie der ersten Seite der Steuererklärung veröffentlicht. So kann jeder Interessierte direkt und unverfälscht Einblick nehmen wie viel Hans Berger, Karl Zeller, Manfred Schullian, Luisa Gnecchi oder Florian Kronbichler im abgelaufenen Steuerjahr als Einkommen erklärt haben.
Das EU-Parlament sollte auch in Sachen Transparenz eigentlich eine Vorreiterrolle einnehmen. Deshalb trat mit 1. Januar 2012 auch ein neuer Verhaltenskodex in Kraft. Nach diesen Leitlinien handeln die EU-Parlamentarier nur im öffentlichen Interesse und üben ihre Tätigkeit gemäß den Verhaltensgrundsätzen der Uneigennützigkeit, Integrität, Transparenz, Sorgfalt, Ehrlichkeit, Verantwortlichkeit und Wahrung des guten Rufs des Parlaments aus. In diesem Verhaltenskodex werden auch Interessenkonflikte und der Umgang der Mitglieder mit ihnen definiert, er enthält z. B. Bestimmungen über offizielle Geschenke an Abgeordnete und berufliche Tätigkeiten ehemaliger Mitglieder.
Der Verhaltenskodex verpflichtet die Mitglieder auch, eine detaillierte Erklärung ihrer finanziellen Interessen vorzulegen. Was auf dem Papier gut aussieht, ist in der Praxis aber eine Augenauswischerei. Das wird deutlich, wenn man sich diese Erklärungen genauer anschaut.
Das EU-Parlament gibt für diese „Erklärung der finanziellen Interessen der Mitglieder“ ein Formular und einen Raster vor, die weitmaschiger kaum sein könnten. Von einer detaillierten Erklärung kann kaum die Rede sein. Denn die finanzielle Spannbreite ist so groß, dass ein Normalsterblicher von einer solchen Erklärung nur träumen kann.
Deutlich wird das, wenn man sich zum Beispiel die Erklärung des Südtiroler EU-Parlamentariers Herbert Dorfmann genauer anschaut.
Im ersten Abschnitt heißt es: „Erkläre ich meine Berufstätigkeit(en) während des Dreijahreszeitraums vor Antritt meines Mandats im Parlament und meine Mitgliedschaften in Leitungsorganen oder Ausschüssen von Unternehmen, nichtstaatlichen Organisationen, Verbänden oder sonstigen rechtmäßig geschaffenen Einrichtungen während dieses Zeitraums:“
Herbert Dorfmann gibt in der am 14. Juni 2014 abgegeben Erklärung hier seine Funktion als „Abgeordneter des Europäischen Parlamentes“ an. Danach werden vier Einkommenskategorien vorgegeben:
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500 bis 1000 Euro brutto monatlich;
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1001 bis 5000 Euro brutto monatlich;
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5001 bis 10.000 Euro brutto monatlich;
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mehr als 10 000 Euro brutto im Monat.
Der SVP-Politiker hat hier Kategorie 3 angekreuzt. Das heißt: Herbert Dorfmann verdient als EU-Abgeordneter im Monat zwischen 5.001 und 10.000 Euro brutto. Genauere Angaben gibt es nicht.
Die Abschnitte „Gehalt aus anderen Parlamenten“, „Beratungen über 5.000 Euro im Jahr" und „Beteiligung an einem Unternehmen oder einer Partnerschaft“ bleiben bei Herbert Dorfmann leer. Angeben müssen die Parlamentarier auch „Mitgliedschaften in Leitungsorganen oder Ausschüssen von Unternehmen, nichtstaatlichen Organisationen, Verbänden oder sonstigen rechtmäßig geschaffenen Einrichtungen oder jegliche sonstige auswärtige Tätigkeit, die ich mit oder ohne Vergütung ausübe“. Hier hat Dorfmann „Parteileitung der Südtiroler Volkspartei“ geschrieben.
Im Abschnitt „vergütete regelmäßige Tätigkeit, die ich neben der Wahrnehmung meines Mandats als Angestellter oder Selbstständiger ausübe“ hat der Südtiroler EU-Parlamentarier „Selbstständiger Agronom“ eingetragen. Es ist bekannt, dass Dorfmann neben seiner politischen Tätigkeit in Brüssel in Brixen nebenberuflich als Agronom vor allem Schätzgutachten verfasst. Oft im Auftrag der öffentlichen Hand.
In diesem Abschnitt hat der SVP-Politiker Kategorie 2 angekreuzt. Demnach verdient der Eisacktaler Agronom zwischen 1001 bis 5000 Euro brutto im Monat.
Konkret heißt das: Herbert Dorfmann verdient zwischen 6002 und 15.000 Euro brutto im Monat. Undeutlicher könnte eine Erklärung wohl kaum sein.
Schuld daran ist nicht der Südtiroler Politiker, sondern die absurden Regeln des EU-Parlaments.
Herbert Dorfmann verdient zwischen 6002 und 15.000 Euro brutto im Monat. Undeutlicher könnte eine Erklärung wohl kaum sein.Unkorrekte Angaben
Dazu kommt, dass es keinerlei Kontrollen zu diesen Erklärungen gibt. Die EU-Parlamentarier füllen die Formulare aus und diese werden dann auf die Internetseite des Parlaments geladen und öffentlich zugänglich gemacht.
Die Arbeitsgemeinschaft „Lobby Control“ hat nach dem ersten Jahr die Erklärungen der deutschen EU-Abgeordneten genauer überprüft. Dabei kam heraus, dass 21 der 99 deutschen EU-Abgeordneten unkorrekte Angaben gemacht haben.
Transparenz dürfte anders ausschauen.
Oh Christoph, da hast du ein
Oh Christoph, da hast du ein nettes Thema aufgegriffen. Ich meide diese Problem-Zone eher, sofern wir nicht die Möglichgkeit haben, etwas Grundlegendes zu ändern. Es ist ein Sumpf, den wir kaum trocken legen werden.
Mir fällt nur etwas dazu ein: Ein Pfarrer hat in seiner Pfarrgemeinde nicht gerade die spendierfreudigsten Schäflein. Der Erfolg des Klingelbeutels bei der Sonntagsmesse ist nicht gerade erbaulich und oft macht der Korb gar nicht die volle Runde, sondern bleibt irgendwo liegen. Da hängt der Pfarrer einen Zettel an das Körbchen, worauf geschrieben steht: "Wenn ihr schon nichts reingebt, dann nehmt doch wenigstens nichts raus und gebt mir zumindest den Korb zurück". Ich würde dasselbe zu diesen Leuten sagen.
Vielleicht kann dieser Sumpf
Vielleicht kann dieser Sumpf doch schneller als gedacht trockengelegt werden:
https://twitter.com/a_watch/status/553604151419351040
https://www.abgeordnetenwatch.de/petitionen