Umwelt | Bär und Wolf

Brücken für Bär und Wolf

Es ist an der Zeit, Brücken zu bauen für Bär und Wolf: geistige Brücken und Wildtierkorridore.
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Die Rückkehr von Bär, Wolf und Luchs ist für die Alpen nicht die grösste, aber eine sehr heftig diskutierte Herausforderung. Der Pegel der Emotionen steht in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Vorkommen an Grossraubtieren und die durch sie verursachten Schäden an Nutztieren. Eine Minderheit – vor allem NutztierhalterInnen, JägerInnen und NaturschützerInnen – dominiert das Thema. Die PolitikerInnen stellen ihre Fahnen in den Wind. Es braucht Aufklärung und eine Entflechtung der emotionalen von der sachlichen Ebene.” Schreibt die Cipra 2014 (Organisation zum Schutz der Alpen) in einem Dossier zum Thema Großraubtiere. In Südtirol ergreifen vor allem Nutztierhalter das Wort, Politiker übernehmen ihre ablehnende Haltung gegenüber diesen Tierarten. Parolen wie “Wolf und Bär gehören nicht hierher” tauchen unwidersprochen in der Öffentlichkeit auf. Wölfe und Bären gehören natürlich hierher, sie gehören zur heimischen Fauna. Der letzte nachweisbare Bär wurde im Ultental 1930 erlegt und inzwischen sind Bären in Südtirol schon länger wieder heimisch, Bruno der Braunbär wanderte von Südtirol bis nach Bayern. Zwei Wölfe haben sich 2016 am Deutschnonsberg gefunden. Sie kommen in Südtirol seit 2010 wieder gelegentlich vor, Bären halten sich in Südtirol seit 2005 auf. “Wölfe gehören nicht zu Südtirol” wettern manche Zeitgenossen laut, demgegenüber verhalten sich Wölfe und Bären ruhig und Schadensmeldungen halten sich in Grenzen. Problembären und Problemwölfe oder Schadbären und Schadwölfe sind Ausnahmen, nicht die Regel. Südtirol war immer von Bären und Wölfen bewohnt, die Ausrottung der beiden Arten im 20. Jahrhundert ist historisch betrachtet die Ausnahme. Beiden Tierarten gemeinsam ist, dass sie vor der Ausrottung bewahrt werden konnten. Durch strengen Schutz (beim Wolf) und durch Förderung der letzten Bärenpopulation in den Alpen, nämlich im Naturpark Ademello-Brenta, durch die Ansiedlung von Bären aus Slowenien. Das Anwachsen der Bären- und Wolfspopulationen in den Alpen ist eine der wenigen Erfolgsgeschichten für den Artenschutz. Die Zahl der gefährdeten Arten nimmt generell zu, trotz vieler Schutzbemühungen durch Ausweisung von Schutzgebieten und den gesetzlichen Schutz von Arten. Die Rückkehr der großen Raubtiere stellen eine Ausnahme dar und sind Grund zur Freude für den Naturschutz. Auch mit der Rückkehr der ausgerotteten Wildkatze, die in Nordtirol wieder nachgewiesen werden konnte, oder dem Fischotter ist in Zukunft zu rechnen. Bären und Wölfe sind schon wieder da und gehören zu Südtirol, wie der Kastanienbaum oder das Edelweiss.

Wolf, Bär und Wald

Große Raubtiere spielen im Wald eine entscheidende Rolle, sie machen Jagd auf Rehe und Hirsche, deren hohe Populationsdichten in vielen Wäldern Probleme bereiten. Es ist an der Zeit, dass wir alle als Gesellschaft die Großraubtiere als Teil unserer Umwelt begreifen und geistige Brücken bauen, indem der Nutzen dieser Tierarten für den naturnahen intakten Wald und als Teil des Ökosystems anerkannt wird.

Über die Erfahrungen mit Wölfen in Wäldern berichtete Georg Brosi, Jagdinspektor aus Graubünden, bei einem vom Forstverein organisierten Vortrag. Im Calanda-Gebiet im nördlichen Teil Graubündens gibt es ein Wolfsrudel, das sich in einem Gebiet von einer Größe von 15.000 ha aufhält. Wölfe haben die Eigenschaft, dass sie sehr große Wanderungen zurücklegen und im Sommer bis auf 3000 m Seehöhe aufsteigen können. Zur Beutebeschaffung nutzt das Wolfrudel recht intensiv die Rotwildbestände von Calanda, berichtet Brosi. Wölfe jagen dabei sehr selektiv nach schwachen und kranken Tieren und erzeugen so für das Rotwildrudel keinen Dauerstress. Bisher ist in Calanda noch kein Einfluss auf den Rotwildbestand erkennbar, jedoch geht Brosi davon aus, dass in Zukunft der Abschuss zurückgehen wird, da das Rudel ca. 300 Stück Schalenwild im Jahr erbeutet. Die Anwesenheit des Wolfes hat sich auch auf das Verhalten von Gams- und Steinwild ausgewirkt, die sich vom Wald verabschiedet haben und sich wieder vermehrt in das Felsgebiet zurückziehen, erläuterte Jagdinspektor Brosi. Der Wald des Calanda Gebietes mit seinem Wolfrudel ist mit vielen Südtiroler Landschaften vergleichbar. Südtirol besteht vor allem aus Wald, ein Blick in die Landschaft Südtirols und man sieht, der Großteil Südtirols ist Wald. Viele Wälder könnten Lebensraum für Bären und Wölfe sein. Angst vor den Tieren nicht habe, beide Raubtierarten flüchten vor Menschen.

Wildtiere brauchen Brücken- Grünbrücken

Bären und Wölfe legen Wanderungen zurück. Durch diese Wanderungen erschließen sie neue Lebensräume und es kommt zum genetischen Austausch mit anderen Populationen. Der dicht behaute Etschtalboden stellt eine Barriere für wildlebenden Tiere dar. Die Wanderung der Tiere von einer Seite des Tales zur gegenüberliegenden Seite ist nur schwer möglich, vor allem durch Strassen wie die Autobahn und die Mebo. Dabei sind die ausgedehnten Waldgebiete des Mendelkamms auf der einen Talseite und des Reggelberges auf der anderen Talseite ausgedehte Waldgebiete, in denen Siedlungen die Ausnahme sind. Grünbrücken sind bauliche Möglichkeiten, die Wanderung von Wildtieren zu ermöglichen. Grünbrücken oder Unterführungen für Bären würden Abhilfe schaffen und die getrennten Waldlandschaften verbinden. Weder im Trentino noch in Südtirol gibt es Wildbrücken, obwohl es Wildwechsel im Etschtalboden gibt und 2012 der Bär M 13 auf der Autobahn überfahren wurde. Maßnahmen im Sinne des Biotopverbunds und einer Biodiversitätsstrategie sind angebracht für einen Brückenschlag. Eine Brücke im Unterland wäre nicht nur von lokalem Interesse sondern ein wichtiges Bindeglied in der Vernetzung der alpinen mit der dinarischen Bärenpopulation.

Empfehlenswert:

www.daserste.de/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/wildwegeplan-100.html

Einige Infos zu Wolf und Bär:

http://biodiversitaet.bz.it/2017/02/27/rueckkehr-des-wolfes/

http://biodiversitaet.bz.it/2017/02/24/baeren-in-suedtirol/

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Martin B. So., 12.03.2017 - 20:39

Der Autor greift Minderheiten an die das Thema dominieren. Welcher Fraktion er angehört ist aber auch nicht klar ersichtlich: Biodiversitäter? Ohne große Zweifel ist ein Ermöglichen und Fördern von historischer Biodiversität in großen (und ich meine "huge" für internationale Verhältnisse) Naturreservaten nicht nur theoretisch fantastisch sondern auch bewiesen sinnvoll: https://youtu.be/ysa5OBhXz-Q ::::
Inwieweit Gebiete mit menschlicher Nutzung bis auf den letzten m² hin (Schnellstraßen, Obstplantagen, Rebanlagen, Tourismustrampelpfade, usw.) eine Renaissance alter Biodiversität ermöglichen wage ich sehr zu bezweifeln. Es müssten ganz klar große Gebiete von Menschen entvölkert werden, sonst ist das ganze eine forcierte Idyllenträumerie mit starken Kontrasten und Paradoxonen: leider kann ich den sensiblen Dokumentarfilm über den passionierten Schäfer im Trentino? nicht mehr finden, welcher nach einem Leben für diese ursprüngliche Art der alpinen Viehwirtschaft und nach etlichen Jahren mit den Vertretern und Verfechtern des Bärenvermehrungsprogramms aus Mitleid mit den terrorisierten Schafen seinen Beruf aufgegeben hat.

So., 12.03.2017 - 20:39 Permalink