Wirtschaft | Banken
„Langsam lichten sich die Nebel“
Foto: vzs
Salto.bz: Herr Andreaus, Sie kehren sozusagen aus der Rente zurück an die Öffentlichkeit und in den Verbraucherschutz. Als Präsident einer neuen Südtiroler Vereinigung, die Bankengeschädigte vertritt. Warum dieser Schritt?
Walter Andreaus (lacht). Also ganz in Rente war ich noch nicht. Ich bin eher im Unruhestand, denn ich setzte mich weiterhin für mein Lebensthema Verbraucherschutz ein. In der letzten Zeit vielleicht nicht mehr an der vordersten Front. Dass ich jetzt zurückkehre, hat einen einfachen Grund: Wir möchten zusammen mit Hunderten von Aktionären verschiedener Südtiroler Banken klären lassen, ob der Nährboden für die verlustreichen Entscheidungen in der Vergangenheit nicht vergiftet war. Wir sind der Überzeugung, dass hier ein paar Brandbeschleuniger eingesetzt und vonseiten der Banken die Anleger bewusst unkritisch und risikoblind gemacht wurden. Jetzt langsam lichten sich aber die Nebel. Und es stehen auch vor Gericht schwere Vorwürfe im Raum. Das neue Komitee möchte eine Plattform bieten, um hier Klarheit zu schaffen.
Das neue ‘Südtiroler Aktionärskomitee“ vereint die bereits bestehen Aktionärskomitees von Sparkasse und Volksbank. Das Ziel ist es, die Geschädigten und Kläger zu sammeln?
Ganz genau. Wir sehen dieses Komitee als komplementär zu anderen Aktionen, die bereits laufen. Zusammen mit einem Pool von Rechtsanwälten wollen wir hier in allen Richtungen Klarheit schaffen. Bei den zwei größten Südtiroler Banken – Sparkasse und Volksbank – wurden illiquide Aktien ausgeben. Zu hohen und nach unserer Meinung überhöhten Preisen.
Können sie den möglichen Schaden beziffern?
Nach unseren Berechnungen liegt der potentielle Gesamtschaden bei der Kapitalerhöhung der Sparkasse 2012 und jener der Volksbank 2015 bei jeweils rund 40 Millionen Euro. Es geht insgesamt um fast 100 Millionen Euro. Dieser Schaden kann nicht einfach nur zu Lasten der Anleger gehen.
Wir möchten zusammen mit Hunderten von Aktionären verschiedener Südtiroler Banken klären lassen, ob der Nährboden für die verlustreichen Entscheidungen in der Vergangenheit nicht vergiftet war.
Wie viele Aktionäre vertritt die neue Vereinigung?
Wir haben bereits weit über hundert Mitglieder. Dazu kommen fast 1.000 Anfragen, die in den vergangenen Wochen eingegangen sind. Wir werden jetzt alle Anfragen bearbeiten und klassifizieren und dann entscheiden, oder wir mit einer Sammelklage oder einer Class Action gegen die Banken vorgehen.
Sie haben diesen Kampf bereits vor rund fünf Jahren als Präsident der Verbraucherzentrale Südtirol aufgenommen. Dort gibt es bereits Hunderte von Geschädigten und Klägern, die bisher ebenfalls vom römischen Anwalt Massimo Cerniglia betreut werden. Werden diese Fälle jetzt in das neue Komitee einfließen?
Nein. Wie gesagt, wir sehen diese neue Vereinigung als komplementär. Für viele Fälle der Verbraucherzentrale liegen bereits Lösungen auf dem Tisch. Entweder durch Urteile oder durch Verhandlungen mit den Banken. Wir wollen jetzt all jene sammeln, die bis heute nichts getan haben. Vordergründig geht es jetzt darum, durch eine Beschwerde in den einzelnen Fällen die Verjährung zu unterbrechen.
Kritiker wie der Generaldirektor der Südtiroler Sparkasse Nicola Calabró, sagen: Hier geht es nur um ein Geschäftsmodell gewiefter Rechtsanwälte?
Das weise ich entschieden zurück. Die ersten Schritte, die Beratung und die Unterbrechung der Verjährung sind für alle kostenlos. Dazu braucht es nur zwei E-Mails. Aber auch sonst haben alle beteiligten Anwälte bisher auch bei den Fällen der Verbraucherzentrale gezeigt, dass der Aufwand und das Ergebnis in einem mehr als fairen Verhältnis stehen.
Am kommenden Freitag geht am Bozner Landesgericht die Vorverhandlung im Strafverfahren gegen die ehemalige Sparkassenspitze über die Bühne. Auch dort geht es um falsche Angaben bei er Kapitalerhöhung 2012 und eine mögliche Täuschung der Anleger. Auch hier ist Massimo Cerniglia als Nebenkläger dabei?
Cerniglia hat vor vier Jahren noch für die Verbraucherzentrale eine Eingabe bei der Staatsanwaltschaft gemacht, die diesen Prozess mit ins Rollen brachte. Er vertritt derzeit acht Nebenkläger. Wir werden also die Gelegenheit nutzen, alle Informationen und Erkenntnisse aus dem Strafprozess für die anstehenden Zivilprozesse zu nutzen. Denn die Ermittlungsergebnisse der Finanzpolizei und der Bankenaufsicht geben unseren Einwänden voll Recht.
Die große Frage im laufenden Verfahren ist aber, ob mögliche Straftaten nicht bereits verjährt sind?
Das mag für das Strafverfahren gelten. Wobei die Anwälte der CONSOB und der Banca D’Italia ebenso der Meinung sind wie wir, dass die Verjährung hier noch nicht greift. Vor allem aber gibt es in Zivilverfahren ganz andere Verjährungsfristen. So haben wir in den vergangenen Monaten mehrere Prozesse am Bozner Landesgericht zur Kapitalerhöhung der Sparkasse von 2008 gewonnen. Demnach sind auch diese Fälle noch nicht verjährt.
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Wie kann man dieser Gruppe
Wie kann man dieser Gruppe beitreten , es fehlen genaue Daten .
Danke Herr Andreaus.