Umwelt | A22

Gerichtlich verordneter Handlungszwang

Gerichtliche Unterstützung im Kampf gegen den Transit: Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz erwirkt einen Turbo durch das TAR Latium.
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Foto: umwelt.bz.it

Präzedenzurteil in Sachen Stickoxid-Grenzwerte entlang der Brennerautobahn A22: Das Verwaltungsgericht Latium hat den NO2-Rekurs des Dachverband für Natur- und Umweltschutz angenommen und das zuständige Komitee in Rom dazu verurteilt, innerhalb von 30 Tagen konkrete Maßnahmen vorzubringen, um den gesetzlich vorgegeben Grenzwert für Stickstoffdioxid einzuhalten. Ein Erfolg auf ganzer Länge für den Dachverband, der sich im vorigen Herbst entschieden hatte, gerichtliche Unterstützung gegen die jahrelange Untätigkeit in Sachen Schadstoffbelastung der Bevölkerung zu suchen. Mit einem Rekurs gegen die Untätigkeit des technischen Komitees, das in Rom bereits im Jahr 2013 eingerichtet worden war, um Maßnahmen gegen die NO2-Grenzwertüberschreitung in Südtirol zu ergreifen. Bereits zwei Jahre davor waren diese mit einer offiziellen Feststellung durch die Südtiroler Landesregierung festgemacht worden, wobei sowohl die damalige Regierung Durnswalder als auch das römische Umweltministerium die A22 als Hauptverursacher der Grenzwertüberschreitungen bezeichnet worden waren. „Damals war von einem Überschreitungsgebiet von 99 Quadratkilometer und von 40.000 betroffenen Südtirolerinnen und Südtirolern die Rede“, hatte Dachverbands-Anwalt Alex Telser bei der Vortellung des Rekurse im Herbst erklärt.

Zu diesem Zeitpunkt war nicht einmal klar, ob ein Umweltverband wie der Dachverband ein Klagerecht hat. Nicht nur dieses wurde das Verwaltungsgericht bestätigt. Auch die Hoffnung des Dachverbandes auf eine gerichtliche Feststellung des Handlungsbedarfs durch den Staat und eine gerichtliche Verurteilung, die Rom zwingt, die vorgeschlagenen Maßnahmen innerhalb einer bestimmten Frist umzusetzen, hat sich nun erfüllt. Laut Dachverband wies das Verwaltungsgericht von Latium im Urteil den vom Ministerrat eingerichteten Expertentisch nun an, innerhalb von 30 Tagen die notwendigen Maßnahmen zu beschließen, um die Einhaltung der Stickoxid-Grenzwerte zu ermöglichen. „Dabei wird sich der Expertentisch an den seiner Zeit von der Südtiroler Umweltagentur ausgearbeiteten, aber nie umgesetzten Maßnahmenkatalog orientieren müssen“, schreibt der Dachverband.

Das „klare und eindeutige Urteil“ bezeichnet die Interessensvertretung als „Bestätigung unseres jahrelangen Einsatzes für die Gesundheit der betroffenen Bevölkerung entlang der Brennerautobahn.“ Lege man die neuesten Zahlen der Europäischen Union zu vorzeitigen Todesfällen auf die Südtiroler Realität um, sei aufgrund der Überschreitung der Grenzwerte statistisch von rund  70 frühzeitigen Todesfällen pro Jahr auszugehen, wiederholt der Dachverband für Natur- und Umweltschutz. Er will nun sehr genau beobachten, welche Maßnahmen dieser Expertentisch innerhalb der nächsten 30 Tage formulieren wird. „Gegebenenfalls werden wir die Umsetzung des nun vorliegenden Urteils juristisch einfordern“, kündigen Vorsitzender Klauspeter Dissinger und Geschäftsführer Andreas Riedl an. „Zudem hoffen wir, dass dieses Urteil auch für die Politik nun ein deutlicher Weckruf ist, sich weit stärker als bisher für die Gesundheit der eigenen Bevölkerung einzusetzen.“ Die nächste Gelegenheit dafür steht schließlich direkt vor der Tür: das für Juni anberaumte nächste Treffen des Euregio-Verkehrsgipfels.