Wirtschaft | Landwirtschaft

Konservativ - und trotzdem modern

Vom Borkenkäfer über Wolf und Bär bis hin zum Dohlenkrebs, vom Milchpreis über die Apfelproduktion bis hin zu den Forschungen bei der Schädlingsbekämpfung: Umfangreich und vielfältig waren die Themen bei der heutigen Präsentation des Agrar- und Forstberichts.
Agrarbericht
Foto: LPA/Greta Stuefer
  • „Die Landwirtschaft in Südtirol ist breit aufgestellt, es gibt eine große Arten- und Sortenvielfalt, dabei liegt der Fokus auf autochtonen Arten und Sorten“, berichtete Land- und Forstwirtschaftslandesrat Luis Walcher im Rahmen der heutigen Pressekonferenz, auf welcher der über 200 Seiten dicke Agrar- und Forstbericht 2023 vorgestellt wurde. Bei seinen Ausführungen kam Walcher nicht nur auf die zahlreichen Tätigkeiten in den verschiedenen Landwirtschaftsbereichen zu sprechen, sondern auch auf die Forschung und auf innovative Projekte. „Landwirtschaft ist nicht nur konservativ, sondern blickt auch in die Zukunft“, so Landesrat Walcher, der die Bedeutung der Zusammenarbeit mit den verschiedenen Forschungseinrichtungen betonte, um neuen Herausforderungen begegnen zu können. 

  • Agrar- und Forstbericht 2023: Südtirols Landwirtschaft in Zahlen. Foto: LPA/Greta Stuefer
  • Erfolge und Herausforderungen

    2023 war ein gutes Jahr für die Milchwirtschaft – der Auszahlungspreis ist um 10 Cent auf 68 Cent pro Kilogramm angestiegen. Andererseits sind Kosten und Arbeitsaufwand hoch: Jährlich geben etwa 100 Milchbauern auf. Die Apfelernte überstieg erstmals wieder eine Million Tonnen, auch im Weinbau wurde eine gute Ernte eingefahren, insgesamt wurden 328.943 Hektoliter Wein produziert. Auch die Viehwirtschaft vermeldet zufriedenstellende Auszahlungspreise.

  • Landesrat Luis Walcher: „Die Landwirtschaft in Südtirol ist breit aufgestellt, es gibt eine große Arten- und Sortenvielfalt, dabei liegt der Fokus auf autochtonen Arten und Sorten.“ Foto: LPA/Greta Stuefer

    Allerdings muss sich der Landwirtschaftssektor aber auch mit Problemen und Herausforderungen wie der goldgelben Vergilbung (Weinbau), der Kirschessigfliege (Beeren, Kernobst), der marmorierten Baumwanze (Obstbau), der Varroa-Milbe (Imkerei), invasiven Pflanzenarten, wie beispielsweise dem Götterbaum, Bär und Wolf sowie Borkenkäfer herumschlagen. „Der Borkenkäfer bereitet weiterhin Sorgen; im heurigen Jahr betrug die neu befallene Fläche 4.000 Hektar, ein Drittel weniger als im Jahr zuvor“, erklärte Günther Unterthiner, Direktor der Landesabteilung Forstdienst. Monitoriert werden die Bewegungen der Großraubtiere. 2023 konnte die Anwesenheit von drei Bären (M75, M84 und M107) nachgewiesen werden, zudem wurden 39 Wölfe genetisch erhoben, wahrscheinlich waren mindestens 78 Tiere in Südtirol unterwegs. Diese waren auch heuer wieder für etliche Nutztierrisse verantwortlich, wofür 100.000 Euro an Entschädungen ausbezahlt wurden.

    Breit aufgestellt ist Südtirol im Bereich Gärtnereien. „Sie haben auf 70 Hektar 60 Millionen Blumen und Zierpflanzen gezüchtet, 23 Millionen Gemüsejungpflanzen, eine Million Sukkulenten und 2,7 Million Heilpflanzen“, berichtete  Stefano Endrizzi, Verantwortlicher für den Pflanzenschutzdienst. 

  • Artenschutz in Südtirol

    Der Fokus des Aquatischen Artenschutzzentrums liegt auf der Erhaltung der heimischen Fischarten, Hauptaufgabe ist die Marmorierte Forelle. „Die klassische Fischzucht birgt die Gefahr der Domestizierung und Hybridisierung und normale Zuchtfische sind nur begrenzt in der Natur überlebensfähig“, sagt Andreas Agreiter, stellvertretender Direktor der Agentur Landesdomäne. „Deshalb setzen wir auf genetische Begleituntersuchungen und innovative Haltungsmethoden, welche die natürlichen Lebensbedingungen der Wildfische simulieren.“ Nach intensiver Aufbauarbeit konnte im Herbst 2023 ein Meilenstein gesetzt werden: 150.000 im Aquatischen Artenschutzzentrum abgestreifte Eier. Daneben werden auch die Äsche und der Dohlenkrebs gefördert.

     

    „Wir können erste Erfolge bei der biologischen Bekämpfung der Kirschessigfliege vermelden.“

     

    Aufgrund einer wissenschaftlichen Basis arbeiten die Landwirte und Landwirtinnen dank der Arbeit des Versuchszentrums Laimburg. „Wir können erste Erfolge bei der biologischen Bekämpfung der Kirschessigfliege vermelden“, erklärte Michael Oberhuber, Direktor des Versuchszentrums Laimburg. Drei Jahre nach der ersten Freisetzung der Schlupfwespe sei bereits Ansiedlungspotential erkennbar – Ziel ist es, diesen Antagonisten des Schädlings anzusiedeln und der Natur die Regulierung der Kirschessigfliege zu überlassen.

    Ebenfalls im Interesse der Landwirtschaft wird an der Freien Universität Bozen geforscht. Hannes Schuler von der Fakultät für Agrar- Umwelt- und Lebensmittelwissenschaften erläuterte den Stand des Forschungsprojekts zum Weißdorn­blattsauger, einem der wichtigsten Vektoren bei der Erkennung der Apfeltriebsucht.

    „Die Nachfrage nach landwirtschaftlicher Aus- und Weiterbildung an den Fachschulen ist seit über zehn Jahren konstant hoch, etwa 1.000 Schüler sind an einer der neun Fachschulen für Landwirtschaft bzw. Hauswirtschaft und Ernährung eingeschrieben“, berichtete Paul Mair, Vize-Direktor der Landesberufsschulen.