Umwelt | Wasserkraft

Schwimmende Kraftwerke

Ein deutsches Unternehmen produziert kleine Wasserkraftanlagen, die in Flüssen Strom produzieren. Sie könnten die Wasserkraft revolutionieren, vielleicht bald auch in Südtirol.
Die Anlage wird in den Fluss gelassen, die zwei Gründer stehen daneben.
Foto: Energyminer GmbH
  • Georg Walder ist Teil des Gründerteams von „Energyminer", einem Startup im oberbayerischen Gröbenzell. Das Unternehmen hat eine kleine Wasserkraftanlage entwickelt, die in Flüssen zum Einsatz kommt. Der sogenannte „Energyfish“ ist eine Anlage, die kinetische Wasserkraft zur Energiegewinnung nutzt. Wirken soll dieser Energyfish vor allem als Schwarm: Hundert dieser Anlagen in einem Fluss würden genügend Strom für eine kleine Gemeinde produzieren. 

  • Georg Walder: Lange Zeit war es sein Traum, ein großes Wasserkraftwerk zu bauen. Foto: Energyminer GmbH

    Georg Walder ist Südtiroler und beschäftigt sich schon lange mit dem Thema Wasserkraft: „Ich bin auf einem Bauernhof im Gsieser Tal aufgewachsen und habe meinem Vater bereits früh geholfen, kleine Wasserkraftwerke zu bauen. Ich habe dann Elektrotechnik in München studiert und meinen Traum verfolgt, ein eigenes großes Wasserkraftwerk zu bauen. Je mehr ich mich mit der Thematik auseinandersetzte, desto klarer wurde mir, dass die klassische Wasserkraft eigentlich nicht mehr zeitgemäß ist.“ 

    Zu viele ökologische Eingriffe, hohe Fischmortalität und viel Verbauung seien Probleme, die mit klassischen Kraftwerken einhergehen, so Walder. Aus dem Wunsch, diese Probleme zu vermeiden, entstand die Idee für den „Energyfish“.

  • Die Idee

    Bei dem „Energyfish“ handelt es sich um ein fast drei Meter langes schwimmendes Strömungskraftwerk. Im Kunststoffkörper befinden sich zwei Rotoren, die mit der Fließbewegung des Wassers in einem Fluss angetrieben werden. Ein Generator hinter den Rotoren produziert daraus Strom, welcher über ein Kabel ans Ufer geleitet und dort ins Stromnetz eingespeist wird. 

  • Eine innovative Anlage: Zwei Rotoren treiben einen Generator an, welcher den Strom über ein Kabel in das Stromnetz einspeist. Foto: Energyminer GmbH
  • Wenn der Wasserstand steigt, sinkt die Anlage ab, damit Gehölz darüber hinweg schwimmen kann. Um die Reinigung und Reparatur der Anlagen kümmert sich das Unternehmen selbst: „Wir verkaufen nicht nur die Anlagen, sondern übernehmen auch das Risiko und die Instandhaltung. Wir haben ein KI-System, welches Probleme bei den Anlagen schnell erkennt. Die Kraftwerke sollten über 20 Jahre halten, hin und wieder wird man aber Ersatzteile austauschen müssen.

    Um dem Treibholzproblem Herr zu werden finden andere Unternehmen andere Lösungen. Das Trientner Unternehmen „HE PowerGreen“ hängt seine Turbinen in künstliche Kanäle und Wasserläufe. Getestet wurde dieses Verfahren im Biffis-Kanal an der Etsch.

  • Was ist ein Strömungskraftwerk?

    Die klassischen Wasserkraftwerke in Südtirol sind Speicherkraftwerke. Das Wasser wird in Reservoirs oder Stauseen gesammelt und dann durch Turbinen geleitet, wodurch Strom erzeugt wird. Ein Strömungskraftwerk – wie der Energyfish – nutzt die Strömungsgeschwindigkeit eines Flusses und braucht meist keinen Stausee oder Gefälle. Die kinetische Energie des Wassers wird anschließend mithilfe eines Generators in elektrische Energie umgewandelt.

  • Viele der ökologischen Bedenken würden mit Strömungskraftwerken gelöst, betont Walder: „Es braucht für die Installation keinen Beton und keine große Verbauung. Außerdem werden die Anlagen nur in einem kleinen Teil des Flusses und mit genügend Entfernung zum Ufer platziert. Fische können an den Anlagen vorbeischwimmen. Sollte ein Fisch trotzdem in die Anlage hineinschwimmen, wird er von den langsamen Rotorblättern weggeschoben.“ Dies bestätigt auch eine Studie des „Alden Research Laboratory“. Sie zeigt, dass die die Überlebenswahrscheinlichkeit von Fischen, die eine Gruppe dieser Kraftwerke passieren, bei rund 99 Prozent liegt.

    Eine erste Pilotanlage von „Energyminer“ läuft seit drei Jahren in München, im Auer Mühlbach. Weitere Projekte in Deutschland sind in Planung. Ein einzelner Energyfish erzeugt rund 15 Megawattstunden Strom pro Jahr. 100 Energyfische liefern als „Schwarm“ rund 1,5 Gigawattstunden jährlich – vergleichbar mit einem klassischen Kleinwasserkraftwerk – und decken damit den Bedarf von etwa 470 Haushalten. Die Anlagen des Unternehmens Energyminer seien aufgrund der niedrigen Produktionskosten im Vergleich viel rentabler als ein klassisches Wasserkraftwerk, meint Walder. 

  • Der "Energyfish": Wenn die Anlage untertaucht, ist nur noch der obere Teil zu sehen. Foto: Energyminer GmbH
  • „Energyfish“ in der Etsch?

    Das Unternehmen will seine Minikraftwerke bald auch in Südtirols Flüsse bringen. Die Anforderungen für den Einsatz dieser Kraftwerke sind eine Mindesttiefe von einem Meter und eine Fließgeschwindigkeit von mindestens einem Meter pro Sekunde - nicht alle Flüsse in Südtirol erfüllen diese Voraussetzungen. Georg Walder ist zuversichtlich: „Wir sehen großes Potenzial in Südtirol, die Etsch würde sich beispielsweise hervorragend für unsere Anlagen eignen. Wir sind mit einigen Gemeinden und dem Land in ersten Gesprächen. Da es sich aber um eine neue Technologie handelt, herrschen bei den Behörden noch Unsicherheiten bei dem Genehmigungsverfahren.“

    Eine Zusammenarbeit mit Alperia wäre in einem zweiten Schritt denkbar, erklärt Walder. Erstmal müsse man aber in Südtirol Fuß fassen, die Anlagen testen und erste Bedenken aus dem Weg räumen.