Umwelt | Wasserkraft

Zoggler Stausee im Frühling wieder voll

Öffentliche Versammlung in Ulten: Alperia will Vertrauen zurückgewinnen und kündigt die Reparatur des Lecks am Stausee an. Das Referendum zum Pumpspeicherwerk soll Anfang 2026 stattfinden.
  • Das Interesse bei der öffentlichen Versammlung in St. Walburg im Ultental war gestern Abend groß: Anlass war nicht nur das endlich gefundene Leck am Zoggler Stausee, sondern auch das geplante Pumpspeicherwerk: Die landeseigene Energiegesellschaft Alperia will das fast trockene Becken mit dem weiter oben liegenden Arzkar Stausee verbinden, um mehr Strom zu produzieren. Das weckt im Tal alte Erinnerungen an den Bau der sechs Stauseen im Tal. Viele befürchten, ein zweites Mal übergangen zu werden. 

    Der plötzliche Wasserabfluss unterhalb des Zoggler Stausees Mitte Mai dieses Jahres hat die Sorgen im Tal verstärkt. Über Wochen folgten tägliche Krisentreffen mit Gemeinde, Zivilschutz und Alperia. Die bevorstehende Sommersaison im Tourismus erhöhte den Druck, das Leck möglichst bald zu reparieren. Die Ankündigung von Alperia-Generaldirektor Luis Amort, den See schon im Juli wieder zu füllen, konnte schlussendlich aber nicht umgesetzt werden. Heute steht beinahe der ganze See leer und einige Urlaubsgäste haben bereits ihren Aufenthalt storniert. 

  • Das Leck am Stausee

    Um die Schadstelle zu finden, musste Alperia das Becken entleeren und rund 2.400 Kilogramm Fische aus dem Wasser holen. 356 Fische wurden als einheimische Arten mittels Elektrobefischung in Behelfsbecken gebracht. Der übrige Anteil wie Barsche und Hechte kamen auf verschiedenste Speiseteller oder wurden zu Tierfutter verarbeitet. 

    Seit gestern laufen nun die Vorbereitungen, um in den Folgemonaten die Bruchstelle einer stillgelegten Schleuse zu reparieren. Zudem soll der nicht genutzte alte Stollen versiegelt werden. Die Inspektion der Arbeiten werde in Zusammenarbeit mit Professor Markus Aufleger von der Universität Innsbruck durchgeführt, Aufleger leitet dort die Abteilung Wasserbau. Ziel sei es, den Zoggler Stausee bei der Schneeschmelze im nächsten Jahr wieder regulär zu füllen. Während der Bauarbeiten werden die Falschauer und weitere Bachläufe abgeleitet. 

  • Umleitung der Bachläufe: Erst müssen aufwändige Bauarbeiten durchgeführt werden, bevor der See wieder volllaufen kann. Foto: Mauro Podini
  • Außerdem müssen die Anlagen in Ulten weiterhin instand gehalten und modernisiert werden. Das durchschnittliche Alter der Alperia-Werke beträgt landesweit 75 Jahre. „Derzeit wird in St. Walburg die Druckrohrleitung des Kraftwerks ausgetauscht“, erklärt Dieter Theiner, Direktor von Engineering & Consulting bei Alperia, vor Ort. Auch an den Stauseen werden Arbeiten durchgeführt, um die Becken vor Naturgefahren wie Steinschlag zu schützen, Dichtungen zu erneuern und Sicherungssysteme zu überprüfen. Für Fragen oder Hinweise hat Alperia eine monatliche Sprechstunde mit dem Ulten-Beauftragten Martin Campestrini eingeführt ([email protected]). Die erste Sprechstunde findet am 12. September von 16 bis 18 Uhr im Gemeindesaal statt. 

  • Neues Pumpspeicherwerk

    Das größte Projekt steht in Ulten aber noch an. Angesichts der Proteste gegen das neue Pumpspeicherwerk hat die Landesenergiegesellschaft letztes Jahr gemeinsam mit der Gemeinde einen Bürgerrat organisiert, der seine Arbeiten im Februar abgeschlossen hat. „Aus dem Bürgerrat hat sich eine Arbeitsgruppe gegründet, die sich monatlich zum Thema Pumpspeicherwerk trifft. Es sollen alle Fragen beantwortet werden, um den Bürgern bei der Volksbefragung so viele Informationen wie möglich zu liefern“, erklärt Bürgermeister Stefan Schwarz. Die Befragung findet voraussichtlich Anfang 2026 in der Gemeinde Ulten statt.  

    In der Zwischenzeit hat eine Gruppe aus der Bevölkerung den großen, leerstehenden Stausee für eine Kunstaktion genutzt: Weiße Vierecke sollen auf die ehemaligen Wohnhäuser hinweisen, die für den Bau des Zoggler Stausees in den 50er und 60er Jahren weichen mussten. Rund 100 Personen in St. Walburg wurden für den Bau des Stausees umgesiedelt. Nicht wenige haben daraufhin das Tal verlassen – nicht immer freiwillig. „Mit dieser Aktion wollen wir darauf hinweisen, dass hier früher eine Siedlung mit Kulturlandschaft war“, erklärt Architekt Bernhard Lösch von der Aktionsgruppe

  • Öffentliche Versammlung: Das Interesse der Bevölkerung im Tal war groß. Foto: Mauro Podini
  • „Wir haben bereits zwei Pumpspeicherwerke. Die geplante Größe ist aus unserer Sicht deshalb überdimensioniert“, fügt Agnes Schwienbacher von der Bürgerinitiative hinzu. Zudem seien Alternativen nicht berücksichtigt worden und es sei unklar, wohin das Aushubmaterial von 500.000 Kubikmetern für den Bau des neuen Kraftwerks gebracht werden soll. Weiters sei fraglich, ob der Zoggler Stausee im Sommer weiterhin zum Schwimmen genutzt werden kann. Bereits in den letzten Jahren sei das Baden wegen der großen Schwankungen in der Stromproduktion nicht immer möglich gewesen.

    Alperia-Generaldirektor Amort wirbt trotzdem für das umstrittene Projekt: Da Strom aus erneuerbarer Energie wie Wind, Sonne und Wasser nicht jederzeit produziert werden kann, brauche es Energiespeicher wie Pumpspeicherwerke für die Gewährleistung der Netzstabilität. „Ansonsten ist die Energiewende nicht umsetzbar, das zeigte kürzlich auch das landesweite Blackout in Spanien“, so Amort. „Das Ultental hat mit dem Zoggler und Arzkar Stausee die besten Voraussetzungen in Südtirol, weil kein neues Speicherbecken errichtet werden muss.“ 

    Ob das die Ultnerinnen und Ultner genauso sehen, wird sich spätestens nächstes Jahr bei der Volksbefragung zeigen.