"Brauchte Abstand für einen Neustart"
Sollte es passieren, dass man im Ultental kurz auf Dominik Paris warten muss, dann braucht man sich keine Sorgen machen, dass man seine Ankunft verpasst. Während ich in der Bar, in der ich mich mit ihm verabredet habe, auf ihn warte, fängt es bei den Gästen ganz kurz ein wenig unruhig zu werden. Es ist nicht so, dass er für die Menschen in St. Walburg ein ungewohnter Anblick ist. Immerhin ist Paris im Tal aufgewachsen und nach wie vor seinem Heimatort verbunden geblieben. Dennoch ist es wohl immer wieder ein erfreulicher Anblick, wenn er sich in seinen kurzen Pausen zuhause blicken lässt - und das wird dann auch entsprechend kommentiert.
Als er in die Bar kommt, grüßt Paris erst einmal jeden und lässt sich mit dem ein oder anderen auf einen kurzen Plausch ein. Sei es mit Jugendlichen draußen auf der Terasse, mit den Leuten an der Bar oder dem Besitzer selbst. Der einzige, der sich dem Rennläufer vorstellen muss, bin ich. Es war mir schon immer bewusst, dass er als Abfahrer wahrscheinlich ziemlich breit gebaut sein muss. Auch das Fernsehen hat diesen Eindruck bei ihm immer sehr gut vermittelt. Sobald vor ihm steht, sind jedoch die Ausmaße ganz andere. Ich denke, es ist keine Übertreibung, wenn man ihn als Hühnen bezeichnen würde und er somit eine durchaus einschüchternde Erscheinung sein kann. Sobald er sich aber hinsetzt, seinen Kaffee in einem Satz leert und mit ruhiger Stimme zu sprechen beginnt, ist dieser Eindruck schnell verflogen.
salto.bz: Die Saison ist gestartet, in Beaver Creek sind Sie in der Abfahrt auf dem Podium gelandet. Sind Sie mit dem Start zufrieden?
Dominik Paris: Ja, sehr. Ein guter Start in die Saison ist immer gut. Es hat alles funktioniert, das Training über dem Sommer hat gefruchtet. Wenn man folglich gleich so nahe an der Spitze ist, kann man nur zufrieden sein.
Was für ein Fazit würden Sie ziehen? Ist das Rennen so abgelaufen wie Sie sich das vorgestellt haben? Gibt es etwas, wo Sie mit Ihrer Leistung noch nicht so zufrieden sind?
Den Umständen entsprechend ist alles wunderbar gelaufen. Bei der ersten Abfahrt auf dem Podium zu stehen ist immer positiv. Beim ersten Super-G hatte ich noch Probleme, aber das haben wir dann schnell in den Griff bekommen.
Welche Disziplin ist denn Ihnen eigentlich lieber? Abfahrt oder Super-G?
Ich fahre beide Disziplinen gerne. Wenn ich gut in Form bin, tendiere ich eher zum Super-G, weil das die größere Herausforderung ist.
Wie sieht es bei Ihnen mit den technischen Disziplinen aus?
(lacht) Nicht so gut. Ich trainiere und fahre Slalom und Riesentorlauf nicht so oft und ohne Training kommt man an die Guten nicht einmal annähernd heran.
Sie sind nicht besonders kleingewachsen. Ist das nicht ein großer Nachteil im Slalom? Mit dem größeren Radius kann das zwischendurch ja sehr eng werden.
Im Slalom weniger, eher im Riesentorlauf. Die Größe kann im Slalom sogar helfen. Da erlangt man eine größere Hebelwirkung. Man bewegt fast nur die Beine, die hin und her schwingen, so können längere Beine schon eine Hilfe sein. Beim Riesentorlauf hingegen muss man das ganze Gewicht mittragen. Da muss man mit dem ganzen Gewicht auf einer Seite aus der Kurve rausfahren und im nächsten Moment schon das Gewicht auf die andere Seite bringen. Im Slalom wirken nicht solche Kräfte, da kann man viel mit den Beinen kompensieren.
Diese Saison findet die Ski-WM in Aare statt. Bei Einzelsportarten ist es manchmal der Fall, dass man sich dann eher auf das Großevent vorbereitet und es Priorität in der Vorbereitung erlangt. Ist das bei Ihnen auch so?
Nein, gar nicht. Bei mir geht es von Rennen zu Rennen, jedes einzelne ist wichtig. Natürlich hat man es im Hinterkopf, aber es bestimmt das eigene Denken nicht. Wenn es dann so weit ist, ist das Ziel aber ganz klar: Man will mit Zählbarem nachhause fahren, alles andere bringt gar nichts.
Bei den olympischen Spielen sind Sie denkbar knapp an einer Medaille vorbeigedroschen. Was macht das mit einem Sportler, wenn man so knapp wie sie mit Ihrem vierten Platz am großen Ziel Medaille vorbeischlittert? Fünfter und sechster Platz sind sicher auch ärgerlich, aber der vierte ist dann schon hart.
Es zählen nur die ersten drei. Wenn man dann Blech holt, ärgert das einen schon sehr. Ich habe zur Hälfte des Laufes einen Fehler gemacht, der mir so nicht passieren darf. Die Stelle hatten wir vorher schon besprochen. Die Chance bei diesen Spielen war so groß wie nie; so nahe war ich noch nie dran. Aber nachtrauern bringt mir nun auch nichts, es ist halt so. Man muss die Sache sportlich nehmen. Einer im Rennen muss halt auch vierter werden, dieses Mal hat es mich getroffen.
Der Alltag macht es oft sehr schwierig, Vorgenommenes auch umzusetzen. Wie oft passiert es denn, dass man sich vornimmt, zum Beispiel Sport zu machen, der Tag aber so stressig war, dass man gar keine Lust mehr dazu hat, oder keine Kraft? Auf sich allein gestellt nimmt man sich solche Vorsätze viel mehr zu Herzen.
Die nächste Chance hätten Sie 2022 in Peking. Die sind doch noch drin, oder?
Wenn alles normal weitergeht und nichts dazwischen kommt, dann dürfte dem nichts im Wege stehen.
Sie wurden als jugendlicher auf eine Alm geschickt. Man kennt die Geschichte, dass das eine Art Disziplinarmaßnahme war, um bei Ihnen eine Selbstfindung zu erlangen. Können Sie das so bestätigen?
So war es nicht. Ich habe damals selbst die Initiative ergriffen und meinen Trainer gefragt, ob ich eine Auszeit nehmen, das Sommertraining sausen lassen und auf eine Alm arbeiten gehen kann. Ich und im Grunde kein anderer in meinem Umfeld waren mit der Saison davor zufrieden, ich konnte keine guten Resultate in den Rennen einfahren. Ich begann mich selbst zu hinterfragen, ob es Sinn macht, es noch einmal zu versuchen. Und ich hätte keine großen Chancen gesehen, weiterzumachen, wäre ich am Ende zuhause geblieben. Ich bin gern mit meinen Freunden unterwegs gewesen und habe ungern nein gesagt, wenn es hieß, einen drauf zu machen. Trainingstier war ich auch keines, besonders mein innerer Schweinehund war in der Zeit sehr ausgeprägt. Also habe ich entschieden, Abstand zu nehmen und einen Neustart zu machen. Ich habe mich da zwischendrin gezwungen, zu trainieren. Aber man kommt auf einer Alm ohnehin nicht darum herum, etwas zu machen. Man folgt einem strickt geregelten Tagesablauf. Und ich kannte die Arbeit auf der Alm schon aus den Sommern zwischen der Mittelschule, wo ich im Ultental dort gearbeitet habe.
Haben Sie dann auf dieser Alm in der Schweiz Tiere gehütet oder einfach vor sich hin gelebt?
Ich habe da Kühe gehütet. Da hieß es, jeden Tag um halb vier aufstehen, Kühe holen und um fünf Uhr beginnt das Melken. Das dauert dann bis circa halb acht, anschließend muss man ausmisten, bringt die Kühe auf die Weide. Dann hat man ein paar Stündchen Zeit zu rasten und muss eh schon fast wieder starten, die Tiere holen, denn sie sollten um fünf wieder im Stall sein.
Was konnten Sie aus dieser Zeit mitnehmen? Sie sind ja mit einem Ziel auf diese Alm gegangen. Haben Sie sich auf eine gewisse Art und Weise neu kennengelernt?
In der Natur zu leben hat etwas. Man ist alleine, man hat viel Zeit für sich selbst. Und außerdem hat mir es generell auf der Alm immer gut gefallen. Man befasst sich halt sehr viel mit sich selbst. Wenn man so viel Zeit hat und dabei noch alleine ist, dann ist man auch viel konsequenter und zieht das eigene Ding durch. Der Alltag macht es oft sehr schwierig, Vorgenommenes auch umzusetzen. Wie oft passiert es denn, dass man sich vornimmt, zum Beispiel Sport zu machen, der Tag aber so stressig war, dass man gar keine Lust mehr dazu hat, oder keine Kraft? Ich habe mir vormittags und nachmittags in meiner Freizeit vorgenommen, zu trainieren. Auf sich allein gestellt nimmt man sich solche Vorsätze viel mehr zu Herzen. Das Ziel, das ich vor Augen hatte, wollte ich unbedingt erreichen und habe mir so das perfekte Umfeld geschaffen. Als ich dann zurückgekommen bin, musste ich Tests absolvieren, um zu sehen, ob ich fit genug bin. Es hat gereicht, sodass ich wieder ins Skitraining aufgenommen wurde.
Sie wurden in Jugendzeiten schon als Talent wahrgenommen. Haben Sie gewusst, dass Sie das Niveau für den Weltcup erreichen können?
Weltcup war immer das größte Ziel, seit ich klein war. Irgendwann bin ich in ein Alter gekommen, wo ich es als nicht mehr realistisch angesehen habe. Da merkt man, wie weit das Ganze eigentlich weg ist, was für große Schritte man da machen muss. Als ich dann von der Alm zurückgekommen bin, war das Ziel, wieder auf die Ski zu steigen und Rennen zu fahren. Und nach meiner Rückkehr viel mir vieles viel leichter. Ich war fit und klar im Kopf.
Vor ein paar Jahren hat ein österreichischer Kommentator bei einem Rennen gesagt, das italienische Skiteam „weiß, wie man feiert“. Haben die Italiener den anderen Nationen wirklich etwas voraus?
(lacht) Bei mir wissen sie es, das ich gerne feiere. Andere feiern auch gerne, nicht nur die Italiener. Man trifft auf Athleten, die das gerne machen, andere weniger, das ist nicht unbedingt abhängig von der Nation. Ich bin aber der Meinung, wenn es etwas zu feiern gibt, dann sollte man es auch. Etwas Großes, wie zum Beispiel einen Sieg in Kitzbühel, erreicht man nicht einfach so beim Vorbeifahren. Die sind einmalig. Da will jeder Abfahrer einmal ganz oben auf dem Treppchen stehen. Ich hatte das Glück, dieses Gefühl gleich zwei Mal zu erleben. Und ich habe beide Male gebührend gefeiert.
Apropos große Rennen: Welchen Stellenwert nimmt bei Ihnen das Rennen auf der Saslong ein?
Gröden ist das Heimrennen und da will man natürlich auch einmal ganz oben stehen. Aber irgendwie ist da immer irgendetwas, sodass es mir nicht aufgeht. (lacht)
Wie ist eigentlich das Miteinander im Skizirkus? Kann man sich das wie eine große Familie vorstellen, in der jeder jeden kennt?
In der Abfahrt schon. Es herrscht zwischen den Athleten ein sehr entspanntes Klima, jeder kennt jeden. Auch der Respekt zwischen uns ist sehr groß, immerhin geht jeder einzelne von uns jedes Mal ein riesiges Risiko ein, wenn er das Starthaus verlässt. Wenn dann solche Stürze passieren, wie zuletzt Manuel Osborne-Paradis in Lake Louise oder Thomas Dreßen in Beaver Creek, dann nimmt das alle sehr mit. Keiner von uns will solche Verletzungen bei den anderen sehen. Ansonsten hat man immer einen riesigen Spaß miteinander. Im Starthaus oben scherzt man, kann sich gemütlich unterhalten, es ist alles sehr entspannt. Und beim Rennen ist man dann ganz für sich.
Etwas großes, wie zum Beispiel einen Sieg in Kitzbühel, erreicht man nicht einfach so beim Vorbeifahren. Die sind einmalig. Da will jeder Abfahrer einmal ganz oben auf dem Treppchen stehen. Ich hatte das Glück, dieses Gefühl gleich zwei Mal zu erleben. Und ich habe beide Male gebührend gefeiert.
Wenn solche Stürze vor Ihrem Start passieren, beeinflusst sie das?
Eigentlich nicht. Ich kann das im Rennen sehr gut ausblenden und mich konzentrieren.
Kommen wir nun zum Musiker Dominik Paris: Sie sind im Skizirkus unterwegs, sind nun Vater geworden, dann kommt noch die Band „Rise OF Voltag“ dazu? Wie bringt man das alles unter einem Hut?
Es geht einfach (lacht). Man muss sich nur alles gut genug einteilen. Man glaubt es kaum, aber ich bin sehr viel zuhause. Jetzt, wo die Rennen wieder in Europa stattfinden, kann ich nachher immer Heim fahren. Da verbringe ich dann immer zwei Tage zuhause. Wenn ich alles gut auf die Reihe bekomme und die restlichen Bandmitglieder auch Zeit haben, können wir proben. Das funktioniert ganz gut.
Jetzt ist man als Sportler nicht unbedingt frei von Druck. Man macht ihn sich selbst, die Fans will man auch nicht enttäuschen. Fungiert die Band dann irgendwie als Ventil für das Ganze oder gefällt es Ihnen einfach, gestresst zu sein?
Ich habe keinen Stress. Ich spiele schon seit Jahren in Bands, vorwiegend Cover-Bands, aber ohne großartig aufzutreten. Vor zwei Jahren haben der Gitarrist Lukas Paris, der Bassspieler Frank Pichler und ich das Projekt "Rise OF Voltage“ gestartet, da wir etwas Eigenes machen wollten. Ich kann es mir zeitlich gut einteilen, solange Lukas für das Schreiben der instrumentalen Parts sorgt. Ich höre mir die Sachen unterwegs am PC an und schreibe nebenher die Texte. Es hilft mir, mich ein bisschen vom Rest zu distanzieren. Das läuft auch alles ohne Stress ab. Ihnen war schon im Vornherein bewusst, was mein Job mit sich bringt. Wir haben das ganz gut im Griff.
Und dann ist nebenher, ganz ohne Stress die CD entstanden.
Es war ein längerer Prozess. Wir hatten erst ein Lied, dann wurden es zwei, drei und so weiter. In der Zwischenzeit haben wir mit Florian Schwienbacher einen Drummer gefunden. Bevor wir überhaupt alle Lieder hatten, war schon eine CD geplant. Dann waren es letztendlich neun Songs. Wir haben uns einen Spaß daraus gemacht und ein paar CDs machen lassen, die unter Freunden verteilt. Jetzt sind wir schon einen Schritt weiter und die Platten werden auch verkauft. Die Resonanz bisher war ganz gut, zumindest bei den Menschen, denen diese Musik gefällt.
Ich habe beim Schreiben der Lyrics versucht, mich in Situationen anderer Menschen zu versetzen. Ich habe diesen fiktiven Personen Charaktereigenschaften gegeben und diese dann auf die Texte übertragen.
Tour wird es aber vorerst keine geben?
Nein, das lässt sich nicht machen. Auf ein paar Festivals werden wir im Sommer spielen, vielleicht so ein zwei im Monat. Da hat man mehr Zeit, dann geht das schon.
Wenn man mit Menschen spricht, die direkt oder indirekt mit Ihnen zu tun haben, werden Sie als sehr umgänglicher und freundlicher Typ beschrieben. Dann stößt man auf die Texte, die Sie schreiben und man denkt sich: Der ist aber auch sauer. Natürlich sind aggressive Texte Ihrem Genre geschuldet, aber steckt darin auch viel Dominik Paris?
Gewisse Dinge in den Texten beziehen sich durchaus auf mich. Man muss ja zwischendurch Aggressionen auslassen. Das klappt mit der Musik ganz gut. Und wie Sie sagen, das Genre tendiert zu dieser Art von Texten. Mit einem romantischen Liebeslied lässt sich Metal, wie wir ihn spielen, nicht unbedingt vereinbaren. Ich habe beim Schreiben der Lyrics versucht, mich in Situationen anderer Menschen zu versetzen. Ich habe diesen fiktiven Personen Charaktereigenschaften gegeben und diese dann auf die Texte übertragen. Nehmen wir "Alive“ als Beispiel: Es geht um Unzerstörbarkeit, dass man vom Boden immer wieder hoch kommt und sich für unbesiegbar hält. Diese Person habe ich geschaffen und eine Geschichte darum aufgebaut. Außerdem habe ich die Texte auch an die instrumentalen Parts, die ich von Lukas bekommen habe, angepasst, an deren Rhythmus und Atmosphäre. Daraus entsteht diese Geschichte und folglich das Lied.
Wie sind Sie zum Metal gekommen?
Schon als zwölf-, dreizehnjähriger habe ich angefangen, Bands wie Nirvana, The Offspring oder AC/DC anzuhören. Ich bin also immer auf dieser Rockwelle geritten. Irgendwann sind dann Bands wie SlipKnot aktuell geworden und die haben mich zum Metal gebracht. Dann kamen Klassiker wie Pantera dazu, da hat mich dann die Faszination gepackt.
SlipKnot ist ja im Vergleich zu Eurer Musik ein romantisches Streichorchester, wenn man die Intensität als Maßstab nimmt. Aber gut, dass sie auf Pantera zu sprechen kommen. Wenn man sich ein bisschen mit Metal beschäftigt, ist es kaum zu überhören: Instrumental bewegen sie sich sehr im Groove und Thrash Metal, zwischendurch klingt auch eine Rhythmusgitarre durch, die James Hetfield von Metallica alle Ehre machen würde. Der Gesang andererseits tendiert zum Death Metal. Wo ordnen Sie „Rise OF Voltage“ selbst ein?
Wir haben eben Einflüsse aus vielen Genres übernommen. Es ist eben ein Mix aus Musik, die wir in der Band selbst mögen. Der Gitarrist ist selbst Pantera-Fan, hört auch ein bisschen Death Metal, Metallica hat er auch gehört und in Cover-Bands gespielt. So ist alles ein bisschen zusammengekommen, was den instrumentalen Part betrifft. Ich selbst höre diese Genres alle auch. Und ich orientiere mich gesanglich auch sehr daran, besonders an Phil Anselmo von Pantera. Die Stimme ist eben nicht ganz Death Metal. Das wäre um einiges einfacher. Ich will schon ein bisschen vom Groove mit in den Gesang nehmen, zumal mir auch wichtig war, dass man die Lyrics auch beim Hören versteht, was bei Death Metal nicht immer der Fall ist.
Gerade wenn man "You Will“ abspielt, hört man, wie Sie mit der Bandbreite Ihrer Stimme spielen. Da muss man durchaus an Phil Anselmo denken. Ist er Ihr gesangliches Vorbild?
Auf jeden Fall. Der Mann hat ein unglaubliches Talent. Er kann clean wunderbar singen, er kann shouten, screamen, growln. Außerdem hat er sich bei jedem Album stetig weiterentwickelt und immer mehr Power in seine Stimme reingebracht. Und genau das, wenn die ganze Power zur Geltung kommt, wie es bei ihm der Fall ist, das gefällt mir am besten.
Hören Sie sich die Musik an, bevor Sie dann mit über 100 Km/h die Piste runter brettern?
Ich habe den ganzen Tag über Musik in den Ohren. Es entspannt mich und lenkt mich ab. Man konzentriert sich den ganzen Tag auf ein Rennen. Da tut es immer gut, wenn in den Kopfhörern ein Lied ertönt, das einen auf andere Gedanken bringt. Die ganze Konzentration kann nämlich unglaublich viel Energie kosten, da schadet es nicht, kurz etwas unkonzentriert zu sein. Sonst verkopft man sich zu sehr. Da ähneln sich übrigens Musik und Skifahren sehr. Wenn man beginnt, zu viel nachzudenken, verliert man anschließend den Rhythmus und kommt nicht mehr rein. Wenn man sich aber vom Rhythmus treiben lässt, dann geht alles von alleine.
Die nächste Gemeinsamkeit zwischen Skifahren und Ihre Art zu singen ist, dass beides viel Konzentration und Körperbeherrschung erfordert.
Und beides erfordert besonders viel Energie, um es auch bis zum Schluss durchzubringen. Nach einem Konzert ist man ziemlich kaputt. Wenn wir nun einen Unterschied zwischen den beiden Dingen finden wollen, ist es die Tatsache, dass ich vor einem Konzert nervöser bin als vor einem Rennen (lacht). Bei einem Rennen weiß ich genau, was ich zu tun habe, das Konzert hängt von mehreren Faktoren ab. Bei einem Auftritt hast du die Menschen direkt vor dir und du musst liefern. Das heißt Konzentration, um die Power und den Druck der Stimme aufrecht zu erhalten, aber auch Show, um das Publikum zu begeistern und zu unterhalten. Eine Stunde Konzert spielen kann sehr intensiv werden.
Außerdem bringt jeder Speed-Spezialist eine gewisse Portion Wahnsinn mit, das hilft. Ich suche die Geschwindigkeit, mir gefällt das und es hat mir immer schon gefallen, auch als Kind. Immer schneller und schneller und schneller.
Anschließend gibt es dann noch Halsschmerzen.
(lacht) Nein, ich spüre nichts.
Gar nichts?
Ich versuche immer so zu singen, dass ich so wenig wie möglich meinen Hals belaste. Ich hole mir den Druck aus dem Bauch. In dem Moment, wo man zu oft nur über die Stimmbänder geht, hat man nach dem Konzert keine Freude. Ein, zwei Mal pro Auftritt geht gut, öfters aber sollte nicht sein.
Darf sich die Metal-Welt nach Ihrer Karriere im Skifahren also auf den Musiker Dominik Paris freuen?
(lacht) Schauen wir mal. Solange es uns Freude bereitet, zusammen Musik zu machen, werden wir es sicher durchziehen. Wir haben Spaß dabei und solange man Spaß bei einer Sache hat, zieht man sie auch immer weiter. Das ist beim Skifahren nicht anders.
Ich kann mir vorstellen, der Spaß könnte einem beim Skifahren vergehen, wenn man bei einer Abfahrt so richtig aus der Piste fliegt und sich verletzt. Wie rafft man sich da wieder auf und stellt sich wieder in dieses Starthaus?
Ich weiß es nicht, ich selbst bin noch nie so schwer gestürzt. Das ist vermutlich eine Charaktersache. Viele Athleten kommen zurück und fahren nicht mehr wie vor dem Sturz. Bei anderen ist es so, als wäre nie etwas gewesen. Aksel Lund Svindal ist hier ein gutes Beispiel. Einer, der so viele Rennen gewonnen hat, der verlernt das Skifahren auch nicht wegen einer Verletzung. Und davon hatte er zahlreiche. Außerdem bringt jeder Speed-Spezialist eine gewisse Portion Wahnsinn mit, das hilft. Ich suche die Geschwindigkeit, mir gefällt das und es hat mir immer schon gefallen, auch als Kind. Immer schneller und schneller und schneller. Wenn man das mitbringt, dürfte nicht allzu viel fehlen.