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Die Enthaltung

Magdalena Perwanger war die Einzige, die sich bei der Abstimmung zum Koalitionsprogamm im Parteiausschuss der Stimme enthalten hat. Warum? Und wer ist diese junge Frau?
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Foto: Seehauserfoto
  • Montag, später Nachmittag. Im großen Sitzungsaal am SVP-Sitz brandet Applaus auf. Der Parteiausschuss hat gerade das Koalitionsabkommen mit Fratelli d’Italia, Lega, Civica und den Freiheitlichen genehmigt. Die Abstimmung fiel einstimmig aus. Es hat nur eine Enthaltung gegeben. 
    Schon bald sickert durch von wem diese einzige Enthaltung kommt. Magdalena Perwanger, stellvertretende Vorsitzende der SVP-Frauen. 
    Bei einer offenen Abstimmung in dem fast 90 Personen dafür stimmen, sich als Einzige im Saal der Stimme zu enthalten, zeigt auf jeden Fall Selbstbewusstsein und Persönlichkeit. Aber auch, dass diese Frau keine Angst hat.
    Wer also ist diese 35jährige Anwältin und SVP-Funktionärin? Und warum hat Sie sich bei der Abstimmung des Koalitionsprogrammes, das von allen unterm Edelweiss so hochgelobt wird, der Stimme enthalten?
    Als SALTO Magdalena Perwanger für ein Interview kontaktiert, winkt diese freundlich ab: „Wie Sie vielleicht wissen, wurde vereinbart, dass nur der Landeshauptmann und Parteiobmann in der Sache selbst dazu Stellung nehmen. Ich möchte mich an die Vorgabe des Parteiausschusses halten.

  • Sitzung des SVP-Parteiausschusses: Ihr Stimmverhalten zeigt, dass diese junge Frau keine Angst hat. Foto: Seehauserfoto

    Der erste Gedanke: Hier hat jemand Angst vor der eigenen Courage bekommen.
    Doch das ist weit gefehlt. Denn Perwanger ist es durchaus eine Anliegen ihrer Entscheidung im SVP-Parteiausschuss zu begründen.

     

    „Ich bin ich mit der Rechtskoalition nicht glücklich, es braucht eine stärkere Mitte, vor allem bei den Italienern“

     

  •  Die stellvertretende Chefin der SVP-Frauen: 

    „Es liegt mir grundsätzlich fern, gegen den Landeshauptmann und den Parteiobmann zu stimmen, das wäre der falsche Weg; insbesondere auch, weil das Koalitionsprogramm sehr moderat ausgefallen ist. Ansonsten bin ich mit der Rechtskoalition nicht glücklich, es braucht eine stärkere Mitte, vor allem bei den Italienern. Der Streit um die Posten, der für mich an Erpressung grenzt, macht eine sachliche Diskussion schwer. Aus diesem Grund meine Enthaltung.“ 

  • Ein Überraschungserfolg

    Magdalena Perwanger stammt aus Bozen. Sie ist die Tochter, des bekannten Journalisten, ehemaligen RAI-Chefredakteurs und Koordinators Markus Perwanger. Nach der Matura am Franziskanergymnasium in Bozen studiert sie in Rotterdam und Innsbruck, Rechtswissenschaften. Nach ihrem Studienabschluss macht sie ein Praktikum im Europaparlament, zuerst beim SVP-EU-Abgeordneten Herbert Dorfmann und dann beim deutschem FDP-Politiker Wolf Klinz.
    Nach einem kurzem Intermezzo als Anwaltspraktikantin in Wien, arbeitet sie in verschiedenen Anwaltskanzleien in Südtirol, bis sie sich im April 2023 als selbstständige Anwältin in Bozen niederlässt.
    Perwanger, die inzwischen in Eppan lebt, beginnt ihre politische Karriere vor zwei Jahren als Mitglied der SVP-Ortsausschusses Zwölfmalgreien. Dann geht es Schlag auf Schlag. Wenige Monate später wird sie zuerst in die Leitung des SVP-Bezirkes Bozen Stadt und Land berufen, zur Vizefrauenreferentin der SVP-Frauen Bozen ernannt und dann zur stellvertretenden Landesfrauenreferentin in der SVP gewählt.

  • SVP-Landtagskandidaten: Der Neueinsteigerin fehlen am Ende nur 412 Stimmen zum Einzug in den Landtag. Foto: SVP

    Den größten Sprung macht die junge Politikerin aber bei den Landtagswahlen. Magdalena Perwanger tritt als Newcomerin auf der SVP-Liste an und schafft dabei mehr als nur einen Überraschungserfolg. Die junge Frau erhält 5.462 Vorzustimmen und sie landet auf dem 15. Platz im SVP-Ranking. Ihr fehlen am Ende 412 Stimmen für den Einzug in den Landtag. 
    Die Neueinsteigerin verweist damit so arrivierte SVP-Politiker wie Helmuth Renzler, Helmut Tauber, Maria Hochgruber-Kuenzer oder Manfred Vallazza auf die Plätze.

     

    „Innerhalb der SVP gilt Perwanger als Zukunftshoffnung. Vielen sagen ihre jetzt schon eine steile, politische Karriere voraus.“

  • Innerhalb der SVP gilt Perwanger deshalb als Zukunftshoffnung. Vielen sagen ihre jetzt schon eine steile, politische Karriere voraus. Dazu gehört auch die Tatsache, dass die enge Freundschaft ihre Familie zur Familie Ebner, ihr eine besondere mediale Unterstützung in der Athesia-Presse sichert.
    Bereits im Landtags-Wahlkampf hat Magdalene Perwanger aber gezeigt, dass sie dadurch sich nicht vereinnahmen lässt.
    Mit ihrer Enthaltung am Montag im SVP-Parteiausschuss hat sie diese Haltung noch einmal deutlich unterstrichen. 

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Salto User
Cicero Mi., 10.01.2024 - 13:28

Bei allem Respekt vor Frau Perwanger, aber bei einer Abstimmung die absehbar mit einer überwältigenden Mehrheit für den Vorschlag der Parteileitung ausgehen würde sich selbst der Stimme zu enthalten ist nicht wirklich ein heroischer Akt. Vor allem auch deshalb, weil man sich hier nicht diametral gegen Partei und Öffentlichkeit stellt; im Gegenteil, man weiß sogar einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung auf seiner Seite. Also durchaus ein geschickter Schachzug. Man kann seiner eigenen Überzeugung treu bleiben (findet man in der Politik nicht mehr oft) und zu dem noch etwas Applaus aus dem linksliberal grünen Teil der Bevölkerung mitnehmen ohne ernsthafte Konsequenzen zu befürchten. Well done würde ich sagen.

Mi., 10.01.2024 - 13:28 Permalink
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Elisabeth Garber Mi., 10.01.2024 - 15:38

Frau Perwanger hat ihre Haltung mindestens schneidig begründet. Ihr politischer Weg in der Volkspartei wäre mit Konformismus & Opportunismus jedenfalls deutlich besser gepflastert - wie man weiß. Man kann's auch so sehen.

Mi., 10.01.2024 - 15:38 Permalink
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Gasteiger josef Mi., 10.01.2024 - 18:20

Hut ab vor dieser frau, wenn es doch mehr wären, die den mut haben zu ihren überzeugungen zu stehen, das ist demokratie, dagegen zu stimmen wäre noch mehr klasse gewesen, enthaltung ist politik auf halbmast, trotzdem supper, bitte nachmachen

Mi., 10.01.2024 - 18:20 Permalink