Olympia: Transparenz zu spät?
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Von einem ganz neuen Olympia sprach Ulrich Stofner vom Landeskoordinierungskomitee, Leiter des Ressorts Bevölkerungsschutz, Bürgerrechte, Gleichstellung und Kommunikation, beim Infoabend des Südtiroler Wirtschaftsrings im Brunecker NOI Techpark.
Und kommuniziert hat er. In einer ausgeklügelten Präsentation legte er sehr transparent die Pläne, Investitionen, Kosten und Hintergründe zur Olympiateilnahme 2026 dar. Diesmal sollte alles anders sein, das war schon 2016 klar. Nur bestehende Anlagen sollten genutzt, die lokale Bevölkerung mit einbezogen und die Wertschöpfung auch nach den Spielen gewährleistet sein. Zudem sollte alles aus dem Olympia-Topf finanziert werden, mit 1,6 Milliarden dem kleinsten bisher, so wurde es zumindest der Antholzer Bevölkerung damals verkauft. Am Ende kamen noch ein paar Staatsgelder dazu. Darauf folgte ein Gesetz, das dem Land erlaubte, Olympia-Ausgaben zu tätigen, und schon stand einer riesigen Infrastruktur-Welle nichts mehr im Weg.
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250 Millionen gibt der Staat für die Riggertalschleife aus (allein). Terna konnte überzeugt werden, ein neues, besseres, nicht zu überlastetes Stromnetz zu installieren (für 90 Millionen). Ein Bahnhofsareal in Toblach, eine Umfahrung für Percha, Kreisverkehr in Antholz etc. werden vom Staat und Land aufgestellt – für Straßenbau 91 Millionen vom Land, 143 Millionen vom Staat. Der Gedanke war, solange das Auge des Staates auf dem Pustertal liegt, die Peripherie durch Olympia ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt, nimmt man, was man kriegen kann – Projekte, die das Land sonst hätte alleine stemmen müssen. Ulrich Stofners entscheidende Aussage ist die: Das Land zahlt (voraussichtlich) 120 Millionen Euro für Olympia. Der Staat jedoch 500 Millionen. Ob jedes dieser Infrastrukturprojekte auch sinnvoll ist, ob die Sache etwas überstürzt angegangen wurde, bleibt die Frage. Die Bevölkerung wurde zumindest nicht gefragt. Die Chance endlich die Pustertaler Bahnstrecke auszubauen wurde nicht genutzt, stattdessen gibt es immer mehr Straßen, die bekanntlich das Verkehrsaufkommen nicht reduzieren.
Statt einer neuen Anlage gibt es im Antholzer Biathlon-Stadion Investitionen von 32 Millionen (teils Olympia-Gelder) für ein renoviertes Stadion mit unterirdischem Schießplatz für ganzjährige Nutzung, neue verschließbare Waffenschränke, eine neue Beschneiungsanlage, für Schneegarantie (7,5 Millionen), ein daraus folgendes neues Speicherbecken (3,8 Millionen), das wegen Wasserschutz so vorgesehen war und Verkehrsinfrastruktur im Tal. Die Veranstalter weisen darauf hin, dass der Internationale Biathlon-Verband (IBU) die Veränderungen so oder so verlangt hätte, um die bestehenden Weltcuprennen in Antholz weiter gewährleisten zu können. Über die Machenschaften des Speicherbeckens wurde bereits berichtet. Auch Felix Neureuthers Olympia-Doku und sein Besuch in Antholz stehen im Raum. Die Veranstalter hätten gerne im Voraus etwas davon erfahren.
Die Nachhaltigkeit bei den Baustellen selbst kam im olympischen Programm auch nicht vor. Zumindest sollte kein olympisches Dorf aus dem Boden gestampft werden. Stattdessen hätten die Athleten in fünf bestehenden Antholzer Hotels unterkommen sollen. Momentan wurde die Hälfte der Betten jedoch vom Italienischen Organisator (MICO) storniert. Ob sich Südtirol an der kontroversen Bobbahn in Cortina beteiligt, ist noch unklar. Dies ginge höchstens durch den Grenzgemeinden-Fonds aus den Mailänder Verträgen. Um diesen für die bestehenden Arbeiten an der Bahn einsetzen zu können, bedarf es erst einer Gesetzesänderung, für die das Land grundsätzlich bereit wäre.
Auch als Sponsor will Südtirol sich beteiligen. Gemeinsam mit Cortina und Trentino, wenn möglich. Dabei geht es wie so oft um die Promotion von Südtiroler Produkten. Speck, Wein und Apfel g.g.a. Kurioserweise besteht das Komitee des Landes auch auf das Einbeziehen von Südtiroler Milch und gerät so in einen potenziellen Interessenkonflikt mit Coca-Cola, die selbst Milchmarken besitzen. Ob die internationalen Gäste 2026 auch Südtiroler Milch genießen können, ist also noch offen.
Das Rahmenprogramm soll auch lokal bleiben. Konzerte der Südtiroler Filarmonica Giorgio Moroders und des Haydn Orchesters, Ausstellung einer Südtiroler Olympia-Sammlung im Museion, eine Medaillen- und Kunstausstellung des Südtiroler Künstlerbundes (SKB) und Public Viewing Venues in Antholz und Bozen sollen die Bevölkerung begeistern. Es bleibt zu hoffen, dass die lokale Bevölkerung auch zu einigen Tickets kommt.
Es bleibt ebenfalls offen, ob die Bevölkerung die Spiele nicht mehr akzeptiert hätte, wäre Nachhaltigkeit und Finanzierung nur durch Olympia-Gelder nicht so sehr angepriesen worden. Am Ende wirkt es wie Salamitaktik. In kleinen Häppchen werden immer mehr Informationen publik. Transparenz begann dann, als alles schon geplant war. Ob die Bevölkerung sich bei klassischer Musik mehr einbezogen fühlt, als bei dem Gebrauch ihres Mitspracherechts, ist fraglich. Ulrich Stofner hebt die Verantwortung der Entscheidungsträger hervor, die lieber zu viel als zu wenig machen wollen, solange die Chance dafür da ist.
Zudem hebt Stofner die zentrale Lage Südtirols zwischen den verschiedenen Veranstaltungsorten hervor. Überdimensionale „Stoanerne Mandlan“ sollen dann den vielen Gästen den Weg zu den Veranstaltungsorten weisen. Wir bleiben dann doch Tourismusland.
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