Wirtschaft | Renten

Rente mit 64? Für viele eine Illusion

Die Regierung hat eine Regelung zur Zusammenlegung von öffentlicher und privater Rente eingeführt. Doch in der Praxis bringt das wenig.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: upi
  • Für die heute 50-Jährigen ist die Rente mit 64 Jahren eine Illusion, für die Millennials eine Herausforderung. Oft reicht es nicht einmal, mit 65 Jahren und 20 Dienstjahren den Mindestbetrag von 538,69 Euro ab 2025 zu erreichen. Die neue Regelung betrifft allerdings nur diejenigen, die nach der Dini-Reform ab dem 1. Januar 1996 angefangen haben, zu arbeiten. Ab 2025 braucht man im betragsbezogenen System für eine vorgezogene Rente einen Rentenbetrag von 1.616,07 Euro monatlich. Dies ist der dreifache Betrag des Sozialgeldes. Ab 2030 steigt dieser Wert auf das 3,2-fache an.

    Um vorzeitig in Rente zu gehen, müssten die in den 1970er Jahren Geborenen beträchtliche Summen in die Zusatzrente einzahlen, schlimmstenfalls fast ihr gesamtes Gehalt. Millennials können hingegen die Chance nutzen, wenn sie ihre gesamten Abfindungen in die Fonds einzahlen und noch etwas dazulegen. Mit anderen Worten muss man auf den TFR und einen Teil des Gehalts verzichten

    Denn je höher der Schwellenwert, desto schwieriger wird der Zugang zum Vorruhestand. Nur anständig bezahlte Arbeitnehmer ohne Beitragslücken haben bessere Chancen. Mütter erhalten einen Abschlag auf 2,8-mal das Sozialgeld mit einem Kind und auf 2,6-mal mit zwei oder mehr Kindern.

    Die Lega hat daher versucht, den Druck zu mildern, indem man die öffentlichen Renten mit den Zusatzrenten zusammenrechnen kann. Die notwendigen Beitragsjahre werden jedoch verlängert: von 20 auf 25 Jahre ab dem nächsten Jahr und auf 30 Jahre ab 2030. Dies gilt jedoch nur für Personen, die nach 1996 Beiträge bezahlen. Die betroffene Gruppe ist winzig: 100 Personen im nächsten Jahr und 600 am Ende des Jahrzehnts.

    Wie viele in Zukunft die Kumulierung für den Ausstieg mit 64 Jahren nutzen werden, kann nicht berechnet werden. Im Jahr 2030 wird das Alter für den vorzeitigen Austritt wahrscheinlich nicht mehr 64 Jahre betragen, da es mit der Lebenserwartung steigt. Die 1970 Geborenen würden im Jahr 2035 voraussichtlich mit 65 Jahren ausscheiden, die von 1974 im Jahr 2040 mit 66 Jahren. Auch wird der Schwellenwert an die Inflation angepasst. Kurz gesagt, die Voraussetzungen werden immer weiter steigen, und infolgedessen die Bedingungen für eine vorzeitige Rente, während die Gehälter leider sinken.

    Es dreht sich wie oben ersichtlich alles um die Gehälter. Genau genommen brauchen nur die niedrigen Gehälter den sogenannten 'Cumulo'. Die anderen erreichen die Schwellenwerte aus eigener Kraft. Dies ist einer der Knackpunkte im gesamten System.

    Die Auswirkungen der Lega-Regel betreffen vor allem die Generation der 1970er Jahre, die sich inmitten zweier epochaler Rentenreformen befindet (Dini und Fornero). Diese Generation hat oftmals unregelmäßigere berufliche Laufbahnen und niedrigere Gehälter. Bei einem Nettogehalt von 1.250 € ist ein Vorruhestand praktisch unmöglich, es sei denn, man gibt ab jetzt bis zu 1.100 Euro monatlich für eine Zusatzrente aus. Für diejenigen, die 1.500 Euro netto verdienen, sieht es kaum besser aus. Für diese Generation ist das Ziel des Ruhestands immer weiter entfernt, es sei denn, es gibt plötzliche größere Gehaltserhöhungen.

    Die neue Regelung dürfte für die Geringverdiener, denen sie eigentlich helfen soll, nicht besonders effektiv sein. Nur 29,7 % der Arbeitnehmer und 13 % der Selbstständigen sind in einen Fonds eingeschrieben. Die schwächsten Arbeitnehmer von heute werden wahrscheinlich nicht davon profitieren. Wer wenig verdient, kann sich wohl kaum eine angemessene Zusatzrente ansparen. Wer kaum bis ans Monatsende kommt, kann wahrscheinlich auch nicht die zusätzlichen 2 % an Betragszahlungen für die INPS beantragen, da diese in der Lohntüte fehlen. In einem bereits komplexen Rentensystem brauchen wir eine Vereinfachung. Die angekündigte Rentenreform wird auf die lange Bank geschoben. Man versucht es andauernd mit Anpassungen, um den vorzeitigen Rentenantritt durch Verschärfungen unattraktiv zu gestalten.

    Wie lange diese Strategie funktionieren kann, ist fraglich. Ohne eine Reform, die das öffentliche Rentensystem gerechter und zeitlich als auch wirtschaftlich stabiler macht,  besteht die Gefahr, dass die Frustration besonders der jungen Bürger zunimmt und diese letztendlich weder an die Grund- noch an die Zusatzrente glauben.


    Ein Beitrag von Alfred Ebner