Warten auf das Trentino
Andreas Schatzer übte sich am Dienstag in Zweckoptimismus: „Natürlich wäre es idealer, wenn wir es zusammen machen würden, aber im Notfall müsste es unserer Meinung auch allein gehen“, sagte Südtirols Gemeindeverbandspräsident nach einem Treffen mit seinem Trentiner Amtskollegen Paride Gianmoena. Das Thema? Ein Anliegen, das Südtirols Bürgermeistern seit mehr als 20 Jahren unter den Nägeln brennt – und das nun mit dem ersten Gesetzesentwurf, den Südtirols Gemeinden einbringen, endlich im Regionalrat verabschiedet werden soll: die Bürgermeisterrenten. Oder konkreter gesagt, die Zusatzrenten für aktuell knapp 60 Südtiroler Bürgermeister, die vor oder neben ihrem politischen Amt selbstständig tätig waren oder sind. Und damit bekanntlich gegenüber ihren Amtskollegen, die aus dem öffentlichen Dienst oder der Privatwirtschaft kommen, benachteiligt sind.
Denn ein politisch freigestellter öffentlicher Angestellter bekommt von der öffentlichen Hand weiterhin Sozial- und Rentenbeiträge gezahlt; für vormalige Angestellte in Privatbetrieben übernimmt die Gemeinde die Zahlungen. Nur Bauern, Unternehmer oder Freiberufler, die sich der Gemeindepolitik verschreiben, schauen als Bürgermeister durch die Finger – und könnten die Renten- und Sozialversicherungslücke nur durch teure Privatversicherungen decken. Von dem, was dann noch von einem Bürgermeistergehalt zwischen 2000 und 5000 Euro brutto überbleibt, kann laut Gemeindeverbandspräsident Schatzer „kein Bürgermeister leben“
Eine Million Euro mehr an Steuergeldern
Die Lösung, die sein Verband dafür bereits im März vorgestellt hatte: Für selbstständige Bürgermeister wird eine Zusatzrente eingeführt. Gespeist wird diese von der Gemeinde - mit 24,2 Prozent des Bürgermeister-Bruttogehalts - sowie vom betroffenen Bürgermeister selbst, der noch einmal 8,8 Prozent darauf legt. Zusätzlich will der Gemeindeverband in seinem Gesetzesvorschlag für alle Bürgermeister im Land eine Abfertigung einführen. Ein zusätzliches Lohnelement, das laut Schatzer bereits allen italienischen BürgermeisterInnen zusteht. Außer jenen in der Region Trentino-Südtirol.
Rund eine Millionen Euro jährlich würden beide Maßnahmen, also Zusatzrente und Abfertigung, die Südtiroler SteuerzahlerInnen jährlich kosten. „Ich glaube es ist ein realistischer Entwurf, der mit dieser chronischen Ungleichheit ein bisschen aufräumt – und deshalb auch von unseren Regionalratsabgeordneten unterstützt werden könnte und sollte“, sagt Andreas Schatzer.
Den Rückenwind seiner Partei hat er dafür zumindest im Vorfeld bekommen. Doch angesichts der hohen Explosivität, die allen Politikerbezügen gerade in einer Institution wie dem Regionalrat und erst recht vor einem Wahljahr innewoht, versucht man beim Gemeindeverband das Vorhaben auf eine breitere Basis zu stellen und die Trentiner Bürgermeister miteinzubeziehen. Bereits in zwei Treffen versuchten die Südtiroler Gemeindevertreter die Weichen für einen regionalen Renten-Vorstoß zu stellen. Grünes Licht dafür bekam Schatzer jedoch auch beim dritten Mal nicht, also bei seinem gestrigen Zusammentreffen mit dem Trentiner Gemeindeverbandspräsidenten Paride Gianmoena.
Politisch kein großes Thema
„Im Trentino ist diese fehlende Absicherung politisch kein großes Thema“, erzählte der Südtiroler Gemeindeverbandspräsident, „weder historisch noch aktuell.“ Auch wenn man dort die Tatsache sehr wohl als Ungleichbehandlung erkenne, dass die Gemeinden für Bürgermeister, die aus der Privatwirtschaft kommen, mehr zahlen als für Selbstständige, überlegt man sich offensichtlich, ob es sich lohnt, für ein politisch so wenig gefühltes Thema in den politischen Ring zu steigen. Am kommenden Mittwoch wird der Trentiner Rat der Gemeinden darüber beraten. Spätestens bis zum Wochenende will man den Südtiroler Kolleginnen und Kollegen dann mitteilen, ob man mit an Bord ist.
Für den Südtiroler Gemeindeverband wäre ein gemeinsam eingereichter Gesetzesentwurf in jedem Fall die ideale Lösung. Alternativ müsste man sonst nur eine Regelung für Südtirols Bürgermeister vorlegen, für das es allerdings ein positives Gutachten des Trentiner Gemeindeverbandes braucht. Oder man verzichtet überhaupt auf das junge Recht, selbst mit Gesetzesvorschlägen aktiv zu werden und übergibt die ganze Chose Regionalassessor Josef Noggler, der das Anliegen der Bürgermeister dann auf traditionellem Weg einbringen würde.
Welcher von den beiden Wegen zielführender wäre, wenn man aus dem Trentino tatsächlich einen Korb erhält, muss auch innerhalb des Südtiroler Gemeindeverbandes noch abgeschätzt werden, sagt Andreas Schatzer. Er scheint jedenfalls entschlossen, den Dauerbrenner noch in seiner Amtszeit über die Bühne zu bringen – Wahljahr hin oder her. Mit der entsprechenden Erklärung sei die Maßnahme der Bevölkerung durchaus zumutbar, ist der Gemeindeverbandpräsident überzeugt. „Natürlich wird es immer Stimmen geben, die jede Erhöhung von Politikerbezügen kritisch betrachten“, sagt Schatzer. „Doch wir erfahren alle in unseren eigenen Dörfern, dass die Menschen einsehen, dass einem in der Zeit als Bürgermeister die soziale Absicherung nicht fast zur Gänze fehlen kann.“