Mals darf nicht pestizidfrei
Mehr als fünf Jahre sind inzwischen vergangen. Im September 2014 hat sich die Malser Bevölkerung in einem Referendum mehrheitlich für ein Pestizidverbot in ihrer Gemeinde ausgesprochen. Daraufhin erließ der Gemeinderat eine Verordnung, die den Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel verbietet. Das Verbot sollte 2018 in Kraft treten, wurde aber gerichtlich ausgesetzt – weil inzwischen über 130 Malser Bürger dagegen vor Gericht gezogen waren. Am 9. Jänner 2019 fand die Sachverhandlung am Verwaltungsgericht in Bozen statt. Und nun, neun Monate später, ist das Urteil da.
Die vier Richter unter Vorsitz von Präsidentin Edith Engl haben entschieden: Das Malser Verbot ist nichtig.
Und zwar, weil die Gemeinde keinerlei Zuständigkeit habe, um ein Pestizidverbot zu erlassen. So die Kurzfassung des Urteils, das am gestrigen Mittwoch veröffentlicht wurde.
Die Richter kommen unter anderem zum Schluss, dass:
“In den angefochtenen Maßnahmen hat sich die Gemeinde Mals den Schutz der Umwelt und die Wahrung der Lebensqualität zum Ziel gesetzt und ist folglich in einem Sachbereich normativ tätig geworden, der der ausschließlichen Gesetzgebung des Staates vorbehalten ist und für welchen den Gemeinden, weder von einem Staats- noch von einem Landesgesetz eine entsprechende Befugnis oder Verordnungsgewalt zugewiesen worden ist.
(…) Der Gemeindekörperschaft ist von der Rechtsordnung nicht die notwendige Normsetzungsbefugnis zum Erlass der angefochtenen Verordnung zuerkannt worden, welche ein allgemeines, zeitlich unbegrenztes, flächendeckendes und systematisches Verbot der Austragung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln auf dem Gemeindegebiet vorsieht.”
Auch EU nicht im Malser Sinne
In Mals überlegen sich Bürgermeister Ulrich Veith und sein Vize Josef Thurner nun, ob sie das Urteil beim Staatsrat in Rom anfechten werden. Eine Berufung ist wahrscheinlich, denn “der Wille der Malser Bevölkerung steht nach wie vor fest”, wie Veith betont.
Die Gegenseite hingegen zeigt sich erfreut. Und auch Landesrat Arnold Schuler ist zufrieden. Er spricht am Mittwoch von zwei “guten Urteilen”.
Denn auch der Europäische Gerichtshof hat jüngst ein Urteil gefällt – und die geltenden EU-Regelungen für Pflanzenschutzmittel als sicher und ausreichend befunden, um Bevölkerung und Umwelt zu schützen.
“In den vergangenen Jahren sind viele Unsicherheiten rund um die Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln und deren Auswirkung auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit aufgekommen. Das Verfahren als solches wurde in Frage gestellt, was für Unsicherheit gesorgt und Ängste ausgelöst hat. In seinem Urteil vom 1. Oktober kommt der EuGH zum Schluss, dass im Verfahren in Bezug auf die Pflanzenschutzmittelverordnung der Europäischen Union keine Beurteilungsfehler vorliegen”, so Schuler. Er betont: “Die Südtiroler Landwirtschaft wird weiterhin versuchen, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren und deren Abdrift zu vermeiden, dieses Urteil sorgt aber inzwischen für mehr Sicherheit.”
Weiter vor Gericht
Das juristische Streitigkeiten um das Malser Pestizid-Verbot sind aber noch nicht ausgefochten. Neben dem Rekurs vor dem Staatsrat, der nach dem Urteil des Verwaltungsgericht im Raum steht, geht es in Kürze vor dem Oberlandesgericht in Bozen weiter. Dort haben Bürgermeister Veith und die Promotoren des Referendums im September 2014 Rekurs gegen die Entscheidung des Zivilrichters eingelegt, der das Referendum 2016 für ungültig erklärt hatte.
Die nächste Verhandlung vor dem Oberlandesgericht ist für den 13. November angesetzt, während der Rechnungshof Veith im heurigen Frühjahr von einer Schadenersatzklage von knapp 24.000 Euro freigesprochen hat. Die Staatsanwaltschaft beim Rechnungshof hatte Veith vorgeworfen, 2014 ein unzulässiges und rechtswidriges Referendum über Pestizide abgehalten und damit unnötige Ausgaben verursacht zu haben. Veith wurde von allen Vorwürfen freigesprochen.