Wirtschaft | Maskenskandal

Rückforderung: 24 Millionen

Der Wiener Standard berichtet über die österreichischen Ermittlungen zu den OberAlp-Lieferungen. Ins Visier der Justiz sind jetzt auch die Schutzanzüge geraten.
NAS, Rotes Kreuz
Foto: Privat
  • „Die Vorwürfe wiegen schwer: Entscheidungsträger des Roten Kreuzes hätten "rechtswidrig und schuldhaft" gehandelt, die "zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen" und damit dazu beigetragen, die Republik Österreich um mehr als zwanzig Millionen Euro zu schädigen. Die WKStA ermittelt gegen die Einkaufstochter des Roten Kreuzes, die ÖRK Einkauf & Service GmbH (ÖRK E&S), zudem werden ein früherer Rotkreuz-Manager und bislang unbekannte Täter als Beschuldigte geführt“, so schreibt die Wiener Tageszeitung Der Standard.
    In einem langen Artikel, der Dienstagnachmittag online erschienen ist und am Mittwoch auch in der Printausgabe zu finden ist, rollen der leitende Redakteur des Standard-Investigativ Ressort Fabian Schmid und Redakteurin Renate Graber den österreichischen Strang des Südtiroler Maskenskandals auf.
    Im Mittelpunkt steht dabei auch das Südtiroler Unternehmen OberAlp. Der Standard zeichnet dabei noch einmal jene Fakten und Recherchen nach, die sich auch im Buch „Das Geschäft mit der Angst“ von Artur Oberhofer und Christoph Franceschini finden. Angereichert durch die aktuellen Entwicklungen im Fall.

  • Am Rande des Ministerrates

    Im Frühjahr 2020 sucht auch Österreich händeringend nach Schutzmaterial Der Oberalp-Konzern, der vor allem Sportbekleidung (etwa Salewa) produziert, hatte über seine Zulieferer in China die notwendigen Kontakte. Die Südtiroler Behörden hätten es aber "nicht geschafft, die bestellte Ware direkt nach Südtirol zu bekommen", erzählte der damalige Generalsekretär im Verteidigungsministerium, Dieter Kandlhofer, später den Ermittlern. Am Rande eines Ministerrats sei über die Probleme der Südtiroler gesprochen worden, und er habe es dann bewerkstelligt, dass "auch die Ware für Südtirol bei uns mitfliegt". So sei der Kontakt zu Oberalp-Managern entstanden.

  • Ehemaliger Generalsekretär Dieter Kandlhofer (mit Verteidigungsministerin Klaudia Tanner): Warum hat er das negative Gutachten unter Verschluss gehalten? Foto: Bundesheer Pusch

    Ein damals gefeierter politischer Coup und ein Bombengeschäft für Oberalp, allerdings mit fatalen Folgen: Auch hunderttausende mangelhafte Masken gelangten so ins Land. Und das, obwohl in zwei Gutachten schon früh Alarm geschlagen worden war“, heißt es dann im Standard-Artikel.
    Die Wiener Tageszeitung legt den Fokus dann auf das Gutachten des Wiener Amtes für Rüstung und Wehrtechnik (ARTW), das bereits am 29, März 2020 zum Schluss kommt, dass die OberAlp-Masken nicht einsetzbar sind. Schmid/Graber gehen dabei auch der Frage nach, warum man das Gutachten nicht öffentlich gemacht habe.
    Das Verteidigungsministerium sei "Dienstleister in der Logistik" und für die "Erstellung der Gutachten" der Heeresprüfer zuständig gewesen, gab Kandlhofer bei den Ermittlern an. Er habe gehört, dass das Dekra-Gutachten "recht negativ" ausgegangen sein soll, habe es damals aber selbst wahrscheinlich nicht gesehen.

  • Laut Ermittlern telefonierte Dieter Kandlhofer aber am 29. März mit dem Oberalp-CEO Christoph Engl. Engl schrieb daraufhin in einer internen E-Mail: "Nach dem Telefonat mit dem Generalsekretär des Verteidigungsministeriums: Das Gutachten (…) bleibt unter Verschluss." Warum, fragt jetzt nicht nur der Standard.

  • Der Ermittlungsakt

    Aus dem österreichischen Ermittlungsakt der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gehen hervor, dass die Rotkreuz-Einkaufstochter ÖRK E&S mit OberAlp zwei Verträge für die Lieferung von Schutzmasken zum Gesamtkaufpreis von 36,6 Millionen Euro geschlossen hat.
    Den OberAlp-Managern wirft die Justiz vor, die Organisation getäuscht und somit "schweren Betrug" begangen zu haben. Verschwiegen worden sei, dass Zertifikate gefehlt hätten, dass Testberichte gefälscht und vereinbarte Qualitätsstandards nicht eingehalten worden seien. Die Republik sei dadurch um mindestens 15,62 Millionen Euro geschädigt worden, heißt es laut Standard im Ermittlungsakt.
    Im Laufe der weiteren Erhebungen sollen jedoch auch Verdachtsmomente gegen die Rotkreuz-Tochter zutage getreten sein. Dabei gehe es nicht nur um die Maskenlieferungen, sondern um den Einkauf von Schutzanzügen. Vertreter des Roten Kreuzes hätten gewusst, dass man die "aseptischen Schutzanzüge" von Oberalp in Österreich nicht in Umlauf hätte bringen dürfen, so der Vorwurf. Die Verantwortlichen der Republik seien darauf nicht hingewiesen worden. Der Schaden betrage rund 24 Millionen Euro.

  • Wiener Ermittlung: Ein potenzieller Schaden von rund 24 Millionen Euro. Foto: WKSta Wien
  • Wegen beider Deals, also Masken und Schutzanzüge, hat die Finanzprokuratur als Anwältin der Republik Anzeige erstattet. Das Rote Kreuz erklärt auf Anfrage des Standard:

    „Die Beschaffungsmaßnahmen wurden dabei im Auftrag der Republik Österreich umfangreich geprüft und der ÖRK E&S dabei ein gutes Zeugnis ausgestellt. Ein Lieferant ist in Italien und Österreich Gegenstand von Ermittlungen. Dazu leisten wir unseren Beitrag im Rahmen des rechtsstaatlichen Verfahrens." 

    Der Standard frage auch bei OberAlp nach. Doch das Unternehmen wollte keine Stellungnahme abgeben.

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Salto User
Günther Alois … Mi., 11.10.2023 - 06:53

Das wird noch mit RECHT Folgen haben für die Verantwortlichen,wer sie auch immer sein mögen. Jetzt wird fieberhaft nach Bauernopfern gesucht die wirklich Verantwortlichen werden wie üblich kaum etwas zu befürchten haben.

Mi., 11.10.2023 - 06:53 Permalink