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Die liebe Tochter „Liebe“

Für die Tochter des berühmten Schriftstellers Fjodor Dostojewski wurde heute eine Gedenktafel am "Grieser Hof" enthüllt. Warum der ganze Zauber?
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Foto: Salto.bz

„Ich würde gern dort leben, wo es mehr Sonne gibt“ steht in mehreren Sprachen auf der heute am Vormittag erstmals im Sonnenlicht erstrahlenden Gedenktafel für die Tochter des großen Schriftstellers Fjodor Dostojewski (1821-1881): Ljubow Fjodorowna Dostojewskaja. Während sich heute ihr Todestag jährt, jährt sich morgen der Geburtstag ihres Vaters, dem „Punk der Weltliteratur“ – wie Dostojewski vom ZEIT-Journalisten Jens Jessen vor wenigen Tagen beschrieben wurde – zum 200sten Mal. Beschrieben wurde Dostojewski ebenfalls von seiner Tochter Ljubow.


Als Dostojewski 1881 starb, war Ljubov noch keine zwölf Jahre alt. Geboren wurde sie am 26. September 1869 in Dresden und vor genau 95 Jahren verstarb sie 1926 im Grieser Hof. Auch sie war von Beruf Schriftstellerin, schrieb Romane, Erzählungen, Theaterstücke sowie (in französischer Sprache) eine Biographie über ihren berühmten Vater. Diese wurde nun (nach einigen Jahrzehnten erneut) ins Italienische übersetzt und gestern vorgestellt.


Der Spieler, erinnert sich die Übersetzerin der neu herausgegebenen Biografie Marina Mascher gegenüber salto.bz, „war jenes Werk Dostojewskis, das mich am nachhaltigsten geprägt hat“. Im Jahr 1867 kam es kurz nach dem Hammerroman Schuld und Sühne auf den Markt. „Ich habe Schuld und Sühne mit 17 Jahren gelesen und es hat Boom gemacht in meinem Kopf. Das war ein gewaltiges Erlebnis. Ich habe daraufhin neben Dostojewski auch viele andere russische Autoren gelesen“ gesteht hingegen der Autor im Nebenberuf und Literaturkenner Renzo Caramaschi, der in seiner Funktion als Bürgermeister Bozens die Gedenktafel feierlich (mit)enthüllte. 


Am Vorabend der Enthüllung wurde die neu aufgelegte Übersetzung im Kulturzentrum Trevi präsentiert. Marina Mascher meinte zur Besonderheit der Tochter-Vater-Biografie: „Es ist schön zu sehen, was andere Biografen über Dostojewski nicht beschreiben, etwa wie Dostojewski Kindern vorlas oder zuhause im Kreis der Familie tanzte. Dostojewski war ein sehr moderner Vater, würde ich sagen. Weil er als Vater sehr präsent war.“
Auch, „dass Dostojewski seiner Tochter den Namen Liebe gegeben hat, ist doch sehr aussagekräftig bzgl. des Verhältnisses der beiden“ meint Mascher.


Ljubow Fjodorowna Dostojewskaja war Mitte der 1920er Jahre von Nizza nach Meran gezogen. Und im Anschluss nach Gries, wo sie am 10. November 1926 verstarb. Begraben ist sie am anderen Ende der Stadt, am Friedhof in Bozen/Oberau.