Wie viele Rockbands mag es im Jahr 1980 hierzulande wohl gegeben haben? Die Zahl 10 ist wohl zu klein, aber mit 20 dürfte man sich der realen Zahl wohl annähern. Eine dieser Band war Stary Most. Die Band um den damals 20jährigen Gitarristen Werner Bauhofer sollte zwar nur wenige Jahre auf dem Weg sein, aber diese Zeit reichte, um 1980 eine LP und etwas später noch eine Single einzuspielen und zu veröffentlichen. Stary Most sollten sich zwar bald wieder auflösen, wurden dann aber zum Ausgangspunkt der Spolpo Blues Band, denn die Band war im Prinzip die gleiche, nur ohne Jack Telser, mit neuem Sänger – statt Heinz Henry Mader stand nun Agostino „Ago“ Accarino am Mikro – und mit einem Repertoire aus Cover-Songs.

Bauhofer und Mader haben sich nun ihrer eigenen Geschichte angenommen und planen für 2024 einiges. Es soll ein Buch über die Band erscheinen, das Album „No More Words“ von 1980 soll neu herausgebracht werden und zusätzlich soll es eine zweite CD geben, auf der aktuelle hiesige Bands die Songs von Stary Most neu einspielen. Die Namen von Slowtorch und Worbeth haben wir in diesem Zusammenhang bereits gehört.

Um mehr über dieses Projekt zu erfahren, haben wir uns vor Kurzem auf einen schnellen Kaffee mit Heinz Henry Mader und Werner Bauhofer in Bozen getroffen.

„Heinz hat im Sommer letzten Jahres den Anruf eines Produzenten bekommen, der die Stary Most-LP digital remastert sowohl als CD als auch als LP herausbringen wollte,“ erzählt Werner Bauhofer. Die originalen LP's werden zur Zeit auf der Plattform discogs.com immerhin mit einem Preisen zwischen 200 und 450 Euro angeboten.

„Es sind zwei Produzenten, die im Friaul ein Studio betreiben und viel mit Peter Ghirardini zusammenarbeiten, der ganz in ihrer Nähe sein Studio hat. Marco Gulino und Gianluca Sinicco haben sich auf die Herausgabe, Wiederauflage von Bands aus den Achtziger- und Neunziger Jahren spezialisiert: Rock, Blues, Metal...“, präzisiert Heinz Henry Mader.

AUA Records hat seine Basis in Tarcento bei Udine, und in Udine befindet sich  „Real Sound“, das Unternehmen von Peter Ghirardini, der sich damit vor allem auf klassische Musik spezialisiert hat. Peter Ghirardini war 1980 auch für die Aufnahmen und die Veröffentlichung von „No More Words“ von Stary Most verantwortlich und er sollte etwas später auch das Debüt von Mad Puppet („Masque“, 1982) und die ersten beiden Alben der Skanners („Dirty Armada“ von 1986 und „Pictures Of War“ von 1988) in seinem Studio in Bozen bzw. Eppan produzieren.

AUA Records ist übrigens jenes Label, das in seiner Reihe „Italian Metal Heroes 1980-1990“ auch bereits das Debüt von Feline Melinda als Vinyl wiederveröffentlicht hat.

Die Wege kreuzen sich also immer wieder.

Das Album wird zwar in limitierter Auflage als CD und als LP erscheinen, aber parallel dazu natürlich auch über die gängigen digitalen Plattformen. Bauhofer knüpft an: „Ich hatte dann die Idee zum Projekt ‚Stary Most Reloaded‘. auf dem gute Bands von hier, aber auch von anderswo, unsere Songs spielen. Diese Idee ist bei allen gut angekommen und die ersten Bands, die wir kontaktiert hatten, haben alles sofort zugesagt.“ 

Die Bands, die gefragt wurden und die zugesagt haben sind folgende: Mad Puppet, Gianni Ghirardini & Eseleptitun, Crazy Diamonds, Backbone Boogie feat. Agostino Ago Accarino, Rockerillos, Shanti Powa, Slowtorch, Skanners und The Modern Flowers.

Das sind neun Bands für die acht Songs von „No More Words“, wobei es hier dennoch keine Doppelungen gibt, denn es existiert ein bis vor Kurzem noch unveröffentlichten Demo-Track. „Me And My Motorbike“, seit Mitte Februar zu hören auf dem Preview zum Release, ist ein Song mit einer eigenen Geschichte: „Wir haben den Song als Demo für einen Contest für ein von Yamaha ausgerichtetem Festival in Japan gemacht,“ erinnert sich Bauhofer. „Es haben nur einige wenige Punkte gefehlt, Bonnie Tyler hat schließlich das Rennen gemacht.“

Die neun Songs – acht stammen von der LP und „Me And My Motorbike“ wurde 1979 eingespielt, sind also vergeben. Aber es gibt zum jetzigen Zeitpunkt nicht nur insgesamt dreizehn am Projekt interessierte Bands – zu den erwähnten Formationen sind noch Worbeth, The Kellog's Family, Lukas Ferrari mit Plug&Play, hinzuzufügen. Bauhofer und Mader freuen sich über dieses Interesse und wollen da auch gar nicht erst bremsen. Möchten sich noch weitere Bands melden, dann können sie das immer noch tun. Mader: „Auch wenn die Songs dieselben sind, die Versionen sind dermaßen different und schön. Die Songs, die ich bislang gehört habe, sind eine große Überraschung für mich. Einige haben sich zwar an die Basis des Songs gehalten, aber sie mit ihrer eigenen Kreativität verändert. Das sind einige wunderbare Sachen dabei.“

Auf „Stary Most Reloaded“ wird zudem ein bislang unveröffentlichter Song von Werner Bauhofer zu hören sein, ein Song, der von der Newcomer-Stimme Carmen gemeinsam mit Bauhofers Tochter, für die der Song geschrieben wurde, eingespielt werden wird.

Geplant ist, dass alle Bands ihren jeweiligen Song in einem gemeinsamen Studio einspielen, damit der Gesamtsound dieser Neuproduktionen homogen ist. Im Begleitbuch sollen sämtliche Bands vorgestellt werden – aber natürlich wird auch die Geschichte von Stary Most nacherzählt – und das gesamte „Reloaded“-Projekt soll von einer Kamera für eine TV-Dokumentation eingefangen werden. Damit steht ein einigermaßen großes Projekt ins Haus, für das Bauhofer und Mader Mai/Juni anpeilen. Mader relativiert aber: „Es ist zu schauen, wie wir es hinbekommen, aber wir sind sehr froh, weil alle Bands, die sich zur Verfügung gestellt haben, sehr begeistert sind.“

„Stary Most“, so Bauhofer, „war die erste richtige Band von hier, die versucht hat mit eigenen Songs eine Profikarriere einzuschlagen.“ 

Damals, in der zweiten Hälfte der Siebziger, spielte sich die Livemusik vor allem in den Diskotheken ab. Die Bands spielten die „Top 40“ und die Musiker konnten sich damit den Lebensunterhalt locker verdienen. Bauhofer, Zemmler, Telser und Weis hatten mit Abraxas „eine der bekanntesten Tanzbands“ jener Zeit. Werner Bauhofer und Heinz Henry Mader ihrerseits kannten sich damals bereits von ihrer allerersten gemeinsamen Band namens Atom Energy. Mader: „Die erste Band von Werner und mir war Atom Energy im Jahr 1972, Werner war 14 Jahre alt und ich 16. Wir haben damals The Who, Santana, Blind Faith, Cream, C.C.R., Led Zeppelin und Black Sabbath nachgespielt und auch schon eigene Songs gespielt.“

Der Versuch Profis zu bleiben, aber mit eigenem Material, klappte dann trotz des vielversprechenden Albums „No More Words“ nicht. Die Band trennte sich: Während auf der einen Seite die Spolpo Blues Band entstand, versuchte sich Henry Mader an einer Solokarriere, nahm eine Single auf („I Wanna Be A Star“, 1983).

Hört man sich „No More Words“ heute an, so kann man der Band ihr Potential nicht absprechen. Es ist im Prinzip harter, abgespeckter Bluesrock, der auf der Schwelle zwischen dem liegt, was man gemeinhin mit „Siebziger Rock“ umschreibt, und den kommenden Achtzigern mit ihrer drahtigen Kompaktheit.

Es wir eine spannende Angelegenheit werden zu hören, was die oben genannten Bands aus dem Material machen.