Dem einen zu viel, dem anderen zu wenig
Verdienen Südtirols Lehrlinge in Handwerk und Gastgewerbe zu viel? Die Arbeitgeberseite findet: ja. Nachdem das Arbeitsförderungsinstitut den Unternehmen vorgeworfen hat, die Lehrlinge zu „Helden mit der leeren Tasche“ machen zu wollen, verteidigen Hoteliers- und Gastwirteverband und Landesverband der Handwerker vehement ihre Forderung nach niedrigeren Lehrlingslöhnen.
HGV-Präsident Manfred Pinzger rechnet vor: Im dritten Lehrlingsjahr verdient ein 17jähriger 1.555 Euro brutto im Monat und „damit mehr als so mancher Fachlehrer in der Berufsschule“. Die Lehrlingslöhne seien in den letzten Jahren konstant gestiegen. „Das Gehalt eines Lehrlings steht in keinem Verhältnis mehr zum Gehalt eines ausgelernten Servicemitarbeiters. Anpassungen sind hier dringend notwendig.“ Wenn die Betriebe weiterhin bereit sein sollen, in die Ausbildung von Jugendlichen zu investieren, dann müsse an der Lohnschraube gedreht werden. Im übrigen seien die Lehrlingslöhne in Südtirol „weitaus höher als die in den angrenzenden Regionen“.
Auch der LVH widerspricht den Aussagen von AFI-Direktor Stefan Perini. Zum Lohnniveau im Südtiroler Lehrlingswesen im Handwerk meint LVH-Chef Gert Lanz: „Das Einstiegsgehalt unserer Lehrlinge liegt deutlich über dem Durschnitt in Österreich, Deutschland oder der Schweiz.” Und Lanz schießt nach: „Uns geht es darum, die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen weiter zu stärken, trotz der bestehenden Auflagen, und im Rahmen dessen wurden die Löhne der Lehrlinge diskutiert. Aussagen wie jene des AFI zertrampeln lediglich das Image der Lehrberufe und tragen nicht zu einer Aufwertung der vielseitigen attraktiven Handwerksberufe bei.“
In Perinis Augen sollten Lehrlinge nicht weniger, sondern mehr verdienen. Denn in den meisten Lehrberufen seien die Löhne zu niedrig, um ein unabhängiges Leben zu ermöglichen. Der AFI-Chef hatte vor wenigen Tagen die Forderung der Arbeitgeber nach einer Lohnsenkung im Lehrlingswesen öffentlich kritisiert. Das Argument der Unternehmen, niedrigere Löhne wären für Betriebe ein Anreiz, Lehrlinge aufzunehmen, lässt er nicht gelten. „In Wirklichkeit würde man mit einem solchen Schritt allen Beteiligten einen Bärendienst erweisen: Betriebe würden zwar ein paar Euro pro Monat einsparen, bekämen dafür aber wesentlich weniger geeignete Kandidaten und Mitarbeiter.“
In der Diskussion meldet sich nun auch die Gewerkschaft SGB/CISL zu Wort. Sie weist die Rechnung des HGV-Präsidenten zurück: „Pinzger vergleicht Äpfel mit Birnen.“ Mit seiner „populistischen Aussage“ wolle er „vom Kern des Problems ablenken“, nämlich von der Tatsache, dass die Arbeitgeberseite „die Vergütungen der Südtiroler Lehrlinge noch weiter absenken“ wolle. Pinzgers Vergleich lasse außerdem den Leistungsdruck außer Acht, „dem die Betriebe und somit auch die Lehrlinge im Gastgewerbe ausgesetzt sind, besonders wenn es sich um Saisonbetriebe handelt“. Für die Gewerkschaft steht fest: „„Das Südtiroler Lehrlingswesen muss weiterhin auf eine qualifizierte Ausbildung in den Berufsschulen und in den Betrieben setzen, nicht auf Billiglöhne. Wir brauchen attraktive Ausbildungsplätze, wenn wir wollen, dass die Lehrlingszahlen wieder steigen.“
Ich glaube in dieser
Ich glaube in dieser Diskussion muss berücksichtigt werden, dass die Lehrlingsausbildung in Italien bereits vom Gesetz her anders definiert ist, als im deutschsprachigen Ausland. Dort gilt sie als duales Ausbildungsverhältnis, während in Italien von einem besonderen Arbeitsverhältnis gesprochen wird, meistens ohne begleitenden Berufsschulunterricht. Ausbildung kostet, ob in der Schule oder auch im Betrieb. Ich habe in Deutschland z. B. in großen Betrieben, die dort auch ausbilden, Ausbildungswerkstätten mit freigestellten Lehrmeistern gesehen. In einem Großbetrieb mit technischer Spezialisierung sogar mit betriebsinterner Berufsschule. Dort ist Ausbildung eine Investition. Es stimmt schon, dass nach dieser Logik Lehrlinge keine Gehalt kriegen, sondern eine Lehrlingsentschädigung, die niedriger ist als bei uns. Meines Erachtens verdienen Lehrlinge in bestimmten Berufen - speziell im vierten und fünften Lehrjahr schon zuviel im Vergleich zu dem, was sie dann als Geselle oder Fachkraft verdienen.
Antwort auf Ich glaube in dieser von Sepp.Bacher
Wo steht geschrieben, dass
Wo steht geschrieben, dass sich ein Lehrling vom seinem Gehalt selbst erhalten muss ? Die Lehre ist eine Ausbildungszeit, während der in der Regel minderjährige Lehrling normalerweise noch im elterlichen Haus wohnt und von der Famile erhalten wird. Ich spreche da von der 3-4jährigen Lehre ab 15 Jahren.
Die Schüler aller anderen Ausbildungswege bekommen sogar gar keine Bezahlung und werden somit zu 100% von der Familie erhalten. Die Schüler an den Oberschulen strengen sich ja auch an und arbeiten den ganzen Tag. Findet das Herr Perini etwa auch ungerecht? Wenn die Lehrlimge für die Betriebe wirklich so ein Geschäft sind: warum sind dann die Lehrlingszahlen seit Jahren rückläufig? Ich sage es Ihnen, Herr Perini: weil vielen Betrieben der Aufwand und die Kosten für die Ausbildung zu hoch sind. Deshalb lassen sie es bleiben und wälzen die Ausbildungskosten und das ganze "Gscher", wie der Südtiroler sagt, lieber an die Vollzeit-Berufsschulen ab. Wir bilden in unserem Betrieb auch Lehrlinge aus und ich behaupte zu wissen, wovon ich rede. Bei Herrn Perini von AFI bin ich mir da nicht so sicher.
Die Lehrausbildung ist außerdem für die öffentliche Hand die billigste Ausbildungsform, da die Lehrbetriebe einen Großteil der Ausbildung aus eigener Tasche bezahlen. Jeder Lehrling, welcher aufgrund solcher Forderungen wie jene des AFI nicht Zukunft nicht angestellt wird, ist also zusätzlicher Kostenfaktor für die Gesellschaft.