Politik | Sanitätsreform

„Bürgermeister wollen ernst genommen werden“

Gemeindenverbandspräsident Andreas Schatzer stellt sich hinter die rebellischen Bürgermeister: Wir wollen mehr Mitsprache - und zwar nicht nur bei der Sanitätsreform.

Die Rentenreform bescherte uns die Wutbürger, die Sanitätsreform liefert die Wut-Bürgermeister nach. Ein Selfie ihrer Anführer, die Bürgermeister von Innichen, Schlanders und Sterzing, beschrieb sie Ende vergangener Woche bereits besser als tausend Worte. Wem das noch nicht reicht, der erfuhr zuletzt am Montag im Morgentelefon von RAI Südtirol, was einen Bürgermeister wie Fritz Karl Messner gegen die eigene Partei und die Landesregierung aufbringt. „Wir hatten noch nie die Situation, dass man als Lokalpolitiker das Gefühl hatte, gegen Wände zu reden“, sagte Messner dort in Sachen Rettungsaktion Kleinspitäler. Oder: „Einem Stadtrat ist bereits der Faden gerissen, ich habe Bedenken, dass es auch anderen passieren könnte.“

Worum geht es bei dieser Rebellion? Um die Rettung von Geburtenstationen und Betten in der Peripherie? Um Stimmen für die Gemeinderatswahlen im Mai? Oder um ein generelles Kräfteringen zwischen Lokal- und Landespolitik innerhalb der Südtiroler Volkspartei? „Grundsätzlich haben verschiedene Bürgermeister ein bisschen den Eindruck, bei manchen Themen nicht so ernst genommen zu werden wie sie es verdienen würden – oder zumindest, wie wir uns das wünschen würden“, lautet die Erklärung, die der Vahrner Bürgermeister und Gemeindenverbandspräsident Andreas Schatzer liefert.

Beschwerde beim Parteichef

Den Ärger darüber ist der Nachfolger von Arno Kompatscher erst am Montag dieser Woche bei Parteiobmann Philipp Achammer losgeworden. Die Gesundheitslandesrätin stellt ihre Reform landauf landab Hinz und Kunz vor - und die offiziellen Vertreter der Gemeinden beziehen ihre Informationen bislang nur aus der Zeitung, lautete einer der Vorwürfe, mit denen der oberste Südtiroler Gemeindevertreter den Parteichef konfrontierte. Denn, wie Schatzer erklärt: Bis auf die Treffen mit den Bürgermeistern der drei Anrainergemeinden von Kleinspitälern gab es bislang keinerlei Informationsfluss zwischen Landesregierung und den Gemeinden. „Tatsächlich geht es hier aber nicht nur um ein Problem der Anrainergemeinden“, unterstreicht Schatzer, „auch in anderen Gemeinden werden wir von den BürgerInnen angesprochen, was mit unseren Krankenhäusern passiert.“

Bislang fehlt dem Vahrner Bürgermeister aber nicht nur die Informationsbasis, um auf solche Sorgen zu reagieren. Auch im Rat der Gemeinden gibt es bislang mangels Infos keine offizielle Postion zu einem der heißesten Themen dieser Wochen. „Wir kennen natürlich die Position der drei Bürgermeister“, sagt Schatzer, „doch bevor wir Stellung beziehen, möchten wir noch gerne die Seite der Gesundheitslandesrätin hören." Einen Termin bei Martha Stocker hat er bereits beantragt – bislang gab es noch keinen Vorschlag.

"Warum gehen wir nicht selbst zu den Verhandlungen nach Rom"

Doch die Sanitätsreform ist nicht der einzige Stein, der die Bürgermeister des Landes drückt. Seit Jahren wird ihnen eine stärkere Beteiligung am heimischen Energiebusiness versprochen. Nun sind sie – bis auf die Bürgermeister der zwei größten Gemeinden des Landes – erneut Zaungäste, während das Land Millionen-Deals unterzeichnet. Als weiteres Beispiel nennt der Gemeindenverbandspräsident die eben abgeschlossenen Finanzverhandlungen mit Rom. „Wenn ich dann in den Zeitungen lese, dass uns die Abzüge des Staates von der Immobiliensteuer 1:1 vom Land weitergegeben werden, frage ich mich schon: Warum gehen wir nicht selber zu den Verhandlungen – oder werden zumindest vorab miteinbezogen?“

"Die Hoffung ist noch nicht gestorben"

Groß war die Hoffnung vor den letzten Landtagswahlen, dass mit dem Ende der Ära Durnwalder auch eine neue Machtverteilung zwischen Land und Gemeinden möglich wird. Noch dazu mit dem vormaligen Gemeindenverbandspräsidenten als Landeshauptmann und einem Langzeit-Bürgermeister wie Arnold Schuler als für die Gemeinden zuständigen Landesrat. „Die Hoffnung ist noch nicht gestorben“, sagt Andreas Schatzer. Immerhin gäbe es im Prinzip auch gute Gespräche mit der Landespolitik. „Doch wir würden uns eben auch mehr vorherige Absprachen bei so wichtigen Themen wünschen." 

Die Befürchtungen, dass vor den Gemeinderatswahlen so mancher seiner enttäuschten Amtskollegen zu einer Bürgerliste wechselt, teilt Andreas Schatzer aber nicht. „Ich habe nichts in die Richtung gehört und kann dem auch nichts abgewinnen.“ Denn, wie der Gemeindenverbandspräsident meint: „Ich glaube nicht, dass man mit einem Parteiwechsel bzw. dem Wechsel zu einer Bürgerliste Probleme leichter löst.“