Kultur | Salto Afternoon

„Ich bin einfach hinuntergefahren“

Sich kochend und lesend an den großen Skistar Rosi Mittermaier erinnern? Mit einem besonderen Südtiroler Kochbuch geht das!
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Foto: burda medien

„Lieber Herr Ladurner, mich kennen sie wahrscheinlich nicht, aber meine Frau, die Rosi Mittermaier, ganz sicher...“, schrieb der Skifahrer Christian Neureuther vor knapp einem Jahrzehnt an den Fotografen Christjan Ladurner. Die Anfrage war der Beginn eines aufregenden Buchprojektes, welches mit der Veröffentlichung 2016 ein geschmackvolles Ende fand und wohl in keinem sportlich ausgestatteten Kochbuchregal fehlen darf. „Rosi war dabei die Geranien in den Garten zu bringen. Diese hatten im Becken des hauseigenen Hallenbades überwintert“, erinnert sich Ladurner an seine erste Begegnung bei Rosi und Christian in Garmisch-Partenkirchen. Miteinander schmiedeten die drei den Plan  „spezielle und interessante Orte in Südtirol“ aufzusuchen, um dann an den jeweiligen Plätzen – gemeinsam mit Besitzern oder Pächtern – , ein Gericht zu kochen, das Rosi Mittermaier mit einem Vorschlag aus ihrer Küche ergänzte. Gesagt, getan. Beinahe drei Jahre lang dauerte die „wunderbare Reise“, so Ladurner, der immer wieder aufs Neue erstaunt war, „wie bekannt die beiden ehemaligen Skirennläufer immer noch gewesen waren.“ 
 


Südtirol war für Christian Neureuter und Rosi Mittermaier nicht Neuland. „Fahr ma ins Sarntal, des is net weit und da haben wir unsere Ruhe!“ hatten sie sich schon im Frühling 1976 vorgenommen, wenige Monate nachdem Mittermaier in Innsbruck bei den Olympischen Spielen zwei Goldmedaillen geholt hatte. „Es war Frühling und Zeit für einen Ausflug ohne Menschen, aber mit vielen Schmetterlingen im Bauch“, erinnert Neureuter im Kochbuch auf Seite 111, und in besonderer Weise an eine Fronleichnam-Prozession im Sarntal: „Leider wussten wir zu wenig von der Leidenschaft der Südtiroler für den Skirennsport. Irgendwie verbreitete es sich wie ein Lauffeuer, dass da die Rosi Mittermaier am Wegesrand stand, der geordnete Zug geriet außer Kontrolle, die Gebete wurden leiser und der Blick auf die Monstranz – skitechnisch betrachtet – mit einem Rechtsschwung abgelenkt. Der Rosi war’s unheimlich peinlich und sie hätte sich am liebsten irgendwohin verkrochen.“ Doch so richtig angetan war Rosi Mittermaier im Sarntal nicht etwa vom Sarner Ski, oder gar von den Sarner Witzen, vielmehr von den „federkielgestickten Sarntaler Schuhen“, die sie wenige Jahre später bei ihrer Hochzeit trug. 
 


„Ich schätze Menschen, die der Erfolg nicht verändert hat und die sich eben immer noch als ganz gewöhnliche Menschen verhalten“, erinnert Buchmacher und Fotograf Christjan Ladurner, der oft und gerne an die wunderbare Zeit mit den beiden „bescheiden gebliebenen, lustigen und zutiefst sozial eingestellten Menschen“ zurückdenkt. „Auf der Grohmannhütte war die Pächtersfrau in Tränen ausgebrochen, als sie die Rosi sah“, entsinnt sich Ladurner an eine der vielen emotionalen Begegnungen, sowie an die flotte Antwort von Gold-Rosi, auf die häufig gestellte Frage, wie es ihr 1976 in Innsbruck gelang, zweimal Gold zu holen. Rosi Mittermaiers unspektakulär nüchterne Antwort war nämlich stets gewesen: „Ich bin einfach hinuntergefahren.“
 


Keine Skirennläuferin vermochte eine bittere Niederlage so schnell hinter einer lachenden Fassade zu verstecken und wirkte bei einem Erfolg mit einer wohlwollenden Siegesfreude derart ansteckend wie Rosi Mittermaier. Ihr herzliches Lachen ist seit wenigen Tagen verstummt. Nicht nur in den Geschichtsbüchern hat sie sich einen festen (ersten) Platz gesichert. Auch in einem Südtiroler Kochbuch.
 

Lachen über den Verlag: Da gibt es doch so einen Verlag? / Quelle: Raetia