Wirtschaft | Arbeitsmarkt

Langsamer Aufschwung am Arbeitsmarkt

Laut Schätzungen der OECD wird die Erholung des Arbeitsmarktes in den meisten Ländern dem wirtschaftlichen Aufschwung hinterherhinken.
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Diverse Beschäftigungssicherungsprogramme, wie Kurzarbeit und andere Unterstützungsmaßnahmen haben während der COVID-Krise Millionen Arbeitsplätze gerettet und dazu beigetragen den Anstieg der Arbeitslosigkeit in vielen OECD*-Ländern zu begrenzen. Auf dem Höhepunkt der COVID-Krise wurden laut Berechnungen der OECD rund 60 Millionen Arbeitsplätze durch Kurzarbeit oder ähnliche Arbeitsplatzerhaltungsprogramme gestützt - mehr als zehnmal so viele wie während der Finanzkrise 2008/2009, trotzdem gingen in den OECD-Ländern rund 22 Millionen Arbeitsplätze im Vergleich zu 2019 verloren, weltweit waren es geschätzte 114 Millionen.

Wie der OECD-Beschäftigungsausblick 2021 berichtet, hat der Arbeitsmarkt, trotz wirtschaftlicher Erholung in vielen Sektoren, in den meisten OECD-Ländern noch lange nicht das Vorpandemie-Niveau erreicht. Es gibt immer noch mehr als 8 Millionen Arbeitslose als vor der COVID-Pandemie. Die Zahl derer, die nicht aktiv nach einem Arbeitsplatz suchen und sich somit freiwillig oder unfreiwillig aus dem Arbeitsmarkt zurückgezogen haben, ist auch wesentlich höher als vor der COVID-Krise.

Nach Berechnungen der OECD wird es in den verschiedenen OECD -Ländern unterschiedlich lang brauchen, um das Vor-COVID-Niveau am Arbeitsmarkt zu erreichen. In den meisten europäischen Staaten wird sich der Arbeitsmarkt schneller erholen als in den USA. Im Durchschnitt wird das Beschäftigungsniveau in der Eurozone im 3. Quartal 2022 das Vorkrisen-Niveau erreichen, auch für Italien wird mit einer Erholung im 3. Quartal 2022 gerechnet. Gute Aussichten gibt es für den deutschen Arbeitsmarkt, wo bereits im zweiten Halbjahr 2021 die Beschäftigung wieder das Niveau von 2019 erreichen wird, während es für die Vereinigten Staaten und das Vereinigte Königreich erst Ende 2023 der Fall sein wird. Laut Arbeitsmarktexperte Holger Schäfer vom Institut der Deutschen Wirtschaft „ist einer der Gründe für den deutschen Erfolg die bereits vorhandene institutionelle Verankerung der Kurzarbeit**. Dieses Modell der Arbeitszeitverkürzung wurde in Deutschland schon während der Finanzkrise 2008/2009 erfolgreich angewendet. Zudem hängt die deutsche Wirtschaft nicht so stark vom massiv durch die COVID-Krise betroffenen Tourismussektor ab, wie zum Beispiel Spanien.  Im Mai 2021 lag die Arbeitslosenrate in Deutschland bei 3,7%, während im EU-Durchschnitt noch 7,3% arbeitslos waren

Welche Gruppen wurden besonders von der COVID-Krise betroffen?

Laut OECD-Bericht hat die COVID-19-Pandemie bereits bestehende soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten weiter vertieft und bereits gefährdete Gruppen überproportional getroffen. Die Arbeitslosigkeit von Menschen mit geringer Qualifikation und niedrigen Einkommen ist stärker gestiegen als die von hochqualifizierten und hochentlohnten Beschäftigten.

Auch die Anzahl der Langzeitarbeitslosen*** hat während der COVID-Pandemie zugenommen und mehr Frauen als Männer haben ihre Arbeit verloren, so berichtet die Studie der OECD.

Die Jugendarbeitslosigkeit, die schon vor der Corona-Krise in vielen Ländern hoch war, ist während der Pandemie besonders stark gewachsen. Junge Menschen arbeiten häufig in den schwer von der Krise betroffenen Branchen und mit prekären, kurzfristigen Verträgen, während diejenigen, die nach Abschluss der Ausbildung kurz vor dem Eintritt in den Arbeitsmarkt stehen, Schwierigkeiten haben, wegen begrenzter offener Stellen eine Beschäftigung zu finden. Die höchste Jugendarbeitslosigkeit hat Griechenland (38% Mai 2021), Spanien (37% Mai 2021) und Italien (32% Mai 2021), es könnte noch Jahre dauern, bis sich diese Situation verbessert.

Maßnahmen, welche die OECD zur Förderung des Arbeitsmarktes vorschlägt

„Arbeitsplätze müssen im Mittelpunkt der wirtschaftlichen Erholung stehen, um tiefe Einschnitte in der Wirtschaft und Gesellschaft zu vermeiden“, so die Forderung des OECD-Berichtes.

Im Rahmen der Konjunkturprogramme müssen einerseits die Bedürftigsten weiterhin unterstützt und gleichzeitig finanzpolitische Maßnahmen gesetzt werden, um Anreize für Unternehmensinvestitionen zu schaffen, die zur Wiederherstellung und Schaffung neuer Arbeitsplätze führen.

Spezielle Maßnahmen müssen ergriffen werden, um die am stärksten gefährdeten Gruppen, wie Jugendliche, Frauen, Geringqualifizierte und auch manche Selbstständige bei der (Wieder-)Integration in den Arbeitsmarkt zu unterstützen.

Es ist notwendig Arbeitskräften Umschulungen anzubieten, um so die erforderlichen Qualifikationsanpassungen zu erlangen, Weiterbildung und Arbeitsvermittlung müssen besser aufeinander abgestimmt werden,

Zukunftsträchtige Tätigkeiten in Branchen mit hohem Wachstumspotential (z. B. im Bereich der Digitalisierung und der grünen Technologien) müssen mit den erforderlichen Investitionen für Unternehmen und Arbeitskräften gefördert werden, um Arbeitssuchenden neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten.

*OECD = Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, der die wichtigsten Industrieländer angehören.

** Kurzarbeit bedeutet die vorübergehende Verringerung der regelmäßigen Arbeitszeit. Sie dient zur Überbrückung von wirtschaftlichen Krisenzeiten und verhindert Kündigungen. Einen Teil des Verdienstausfalls bezahlt der Staat. Der Arbeitsplatz bleibt vorerst erhalten, sollte es zu anschließender Arbeitslosigkeit kommen, besteht eine längere Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld. Kurzarbeit kann zur beruflichen Weiterbildung genutzt werden. Der Nachteil ist weniger Gehalt am Monatsende. Vorteile für den Arbeitnehmer sind einerseits die Senkung der Personalkosten und andererseits der Erhalt von Arbeitsplätzen und damit die Bindung qualifizierter Arbeitskräfte an das Unternehmen.

*** Als langzeitarbeitslos gelten Menschen, die schon über ein Jahr nach einer Arbeit suchen.