Wettbewerbskultur in Südtirol
Die Kammer der Architekten sensibilisiert für faire und seriöse Wettbewerbskultur und deren Vorteil für alle nicht nur für Architekten. Im Schreiben stehen beispielsweise die Rahmenbedingungen, welche einen seriösen Wettbewerb ausmachen, wie ein angemessenes Preisgeld oder eine angemessene Jury. Zudem, steht auch, wie sich die Kammer immer für Planungswettbewerbe einsetzt, im Gegenteil zu Ideenwettbewerben. Warum das so ist, die Unterschiede und einen Überblick über die Wettbewerbskultur in Südtirol haben der Wettbewerbskoordinator Hansjörg Plattner und der Präsident der Kammer Wolfgang Thaler erklärt.
Als seriöse Bedingungen für einen Wettbewerb zählt Plattner zum Beispiel eine gute Vorbereitung des Verfahrens auf, also eine klare Formulierung der Aufgabenstellung, ausreichende Unterlagen und gleiche Informationen für alle. Zudem muss es klare Bewertungskriterien und eine Jury geben, die dank fachlicher Kompetenz und Erfahrung im Wettbewerbswesen qualifiziert ist: Laut Gesetz muss mindestens ein Drittel der Juroren dieselbe Qualifizierung aufweisen, wie die Teilnehmer. Ein angemessenes Preisgeld muss auch vorgesehen werden, laut Bestimmungen entspricht dieses der Vergütung für das geforderte Vorprojekt: diese Summe wird auf die Preisträger aufgeteilt, ein Drittel an den Sieger, ein Viertel an den Zweitplatzierten und ein Fünftel an den Drittplatzierten, der Rest ist als Spesenvergütung an weitere interessante Projekte gedacht, erklärt Plattner und klagt:
„Leider gibt es das immer wieder: Wettbewerbe mit unangemessenen Preisgeldern, Wettbewerb, wo mit fadenscheinigen Argumenten dem Sieger der nachfolgende Auftrag verwehrt wird, Wettbewerb bei denen die Teilnehmer nicht erfahren wer wann wie entschieden hat.“
Ein Wettbewerb sollte eine transparente und zügige Abwicklung haben und der nachfolgende Auftrag an den Sieger, mit angemessener Vergütung, vergeben werden. Dies ist vor allem wichtig, denn jeder Teilnehmer eines Wettbewerbs liefert den kompletten Vorentwurf, das vorgesehene Preisgeld deckt diese Wettbewerbsleistung aber nur zum Teil ab. Das heißt, laut Plattner, dass jeder Teilnehmer ein hohes Risiko eingeht, während der Bauherr immer ein „Geschäft“ macht, weil er um wenig Geld mehrere konkrete Entwürfe bekommt, aus denen dieser den besten Entwurf auswählen kann. Die Teilnehmer sind bereit das Risiko einzugehen, wenn am Ende dem Sieger der Auftrag für die weitere Planung und auch Bauleitung zugesprochen wird.
Da warnt der Präsident der Kammer:
Wir haben gesehen, dass für den Fall, wenn die von uns geforderten Grundbedingungen nicht eingehalten werden, dies ganz schnell ausarten kann und die Vergabestellen dann bei den darauffolgenden Ausschreibungen auch diese Kriterien nicht einhalten.
Planungswettbewerb VS Ideenwettbewerb
Plattner erklärt den Unterschied, zwischen den beiden Wettbewerben: Ideenwettbewerbe unterscheiden sich von Planungswettbewerben grundlegend: beim Ideenwettbewerb geht es um das „Was“: also was soll an einem Grundstück entstehen, zu was kann ein Gebäude umgebaut werden. Beim Planungswettbewerb geht es hingegen um das „Wie“: wie soll das neue Gebäude aussehen, wie sollen die Räume verteilt werden. Beim Planungswettbewerb gibt es also eine klare Aufgabenstellung, ein klares Programm der Räume, ein vorgegebenes Budget, beim Ideenwettbewerb hingegen ist nichts klar, da muss der Wettbewerb erst einen möglichen Weg aufzeigen. Beim Planungswettbewerb gibt es den nachfolgenden Auftrag, die Planung wird weitergeführt, das Bauwerk umgesetzt. Beim Ideenwettbewerb hingegen nicht, der hört mit dem Wettbewerbsergebnis auf. Da beim Ideenwettbewerb nichts vorher klar ist, ist es auch schwierig vorab die Rahmenbedingungen zu definieren, die Bewertungskriterien für die Jury festzulegen, das Preisgeld zu ermitteln. Da kein Auftrag folgt, müssen zudem die Preisgelder beim Ideenwettbewerb höher sein als bei einem Planungswettbewerb.
Doch die Planungswettbewerbe der öffentlichen Hand wurden in letzten Jahrzehnten leider immer weniger, erklärt Thaler. Die Vergabestellen haben sich immer öfter für sogenannte Dienstleistungsvergaben entschieden. Der Unterschied besteht darin, dass man mit einem Planungswettbewerb die beste Lösung für eine Bauaufgabe sucht, während man mit einer Dienstleistungsvergabe das beste Planungsteam sucht, wobei natürlich nicht garantiert ist, dass das beste Planungsteam auch für jeder Bauaufgabe die beste Lösung findet. Ganz besonders in den letzten Jahren wurden sehr wenig Planungswettbewerbe ausgeschrieben, einzig das Wohnbauinstitut hat immer wieder konstant solche Wettbewerbe ausgeschrieben.
Auf der Seite der Kammer wird angegeben, wie zu Unrecht, der Planungswettbewerb ins Hintertreffen gerät, denn nur bei diesem stehen stehen die architektonische Qualität und die Funktionalität der Projekte im Mittelpunkt. Am Ende eines Planungswettbewerb hält man nämlich bereits einen konkreten Entwurf in der Hand, während beim Dienstleistungswettbewerb dieser erst nachträglich erarbeitet wird, weshalb dessen Qualität nicht garantiert ist.
Die Kammer hat zudem darauf hingewiesen, wie an Wettbewerben, die die Rahmenbedingungen nicht erfüllen, nicht nur dem einzelnen Team, sondern der gesamten Berufsgruppe schadet. „Die Fälle, wo für die teilnehmenden Architekturbüros ein Schaden entstanden ist, sind hauptsächlich jene, wo kein Nachfolgeauftrag erfolgt ist, bzw. im privaten Bereich, wo dann nicht der Auftrag an das Büro mit der besten Lösung vergeben wurde.“ klärt Thaler auf.
„Wir müssen uns ständig für eine leistungsgerechte Entlohnung einsetzten, denn Architekturbüros, die an solchen Wettbewerben teilnehmen, gehen ein großes wirtschaftliches Risiko ein, da so eine Teilnahme, je nach Größe des Wettbewerbs personelle Ressourcen von 1-2 Monaten, manchmal auch mehr, Arbeit verschlingen und dann selbst die sehr guten Büros in Südtirol, von denen wir viele haben, bei zahlreichen Wettbewerben leer ausgehen. Das bedeutet, dass dieser Arbeitsaufwand von 1-2 Monaten umsonst war.“
„Nichtsdestotrotz sind wir als Architektenkammer vom System der Planungswettbewerbe überzeugt, da man mit dieser Methode immer die beste Lösung für die jeweilige Bauaufgabe findet. Die Auftraggeber haben dadurch den Mehrwert aus einer Vielzahl an Lösungsvorschläge die beste auszuwählen. Häufig auch die Kompakteste und intelligenteste Lösung und dadurch kann es dann auch eine kostengünstige Lösung sein.“ Meint der Präsident und wird vom Koordinator bestärkt: „Der Wettbewerb ist ein besonderes Verfahren, dies besagt schon die europäische Richtlinie, die zur Förderung der Baukultur beiträgt, das besagt das Landesgesetz. Man muss die Wettbewerbe immer als Ganzes betrachten: der Bauherr hat den Vorteil aus vielen Entwürfen den besten auszuwählen, der Sieger hat den Vorteil seinen Entwurf umzusetzen und dafür angemessen bezahlt zu werden. So ist das Verfahren eine Win-Win Situation für Bauherr und Planer, also lohnt es sich immer wieder das Risiko einer Wettbewerbsteilnahme einzugehen.“