Politik | Flughafen

Das Märchen geht weiter

So einfach sei der Ausstieg aus dem Flughafen bei einem Sieg des “Nein” gar nicht, sagt Senator Berger. Und wird von Florian Kronbichler und Andreas Pöder attackiert.

Das letzte Monat vor der Volksbefragung zum Flughafen Bozen ist angebrochen. Am 12. Juni sind die Südtiroler aufgerufen, darüber abzustimmen, ob der Flughafenbetrieb auch in Zukunft mit Steuergeldern finanziert werden soll. 2,5 Millionen Euro sollen es jährlich bis 2022 sein (insgesamt 12,5 Millionen Euro). Falls bis dahin das Ziel von 170.000 Flugpassagieren im Jahr erreicht ist, sollen in den Folgejahren 1,5 Millionen Euro öffentlicher Gelder investiert werden, um “den laufenden Betrieb des Flughafens (…) zu unterstützen”.  So steht es im Landesgesetzentwurf Nr.60/15, über den in weniger als einem Monat abgestimmt wird.

Weiters heißt es dort: “Wird das Entwicklungsziel (von 170.000 Passagieren im Jahr, Anm.d.Red.) (…) nicht erreicht, so wird die öffentliche Finanzierung (…) eingestellt.” Die Sache sollte eigentlich klar sein: Sagt die Bevölkerung Ja zur Finanzierung des Flughafens durch die öffentliche Hand, werden 12,5 Millionen Euro von 2017-2022 investiert. Sollte bis 1. Jänner 2022 trotz öffentlicher Gelder das Ziel von 170.000 Fluggästen nicht erreicht sein beziehungsweise gewinnt am 12. Juni Nein, werden die Zuschüsse eingestellt. Nichtsdestotrotz hat Senator Hans Berger in Rom um ein Treffen mit dem Generaldirektor der staatlichen Luftfahrtbehörde ENAC gebeten. Denn immer wieder war in letzter Zeit die Rede davon die Rede gewesen, dass die Bürger bei der Volksbefragung über die Zukunft des Flughafens befinden würden.


Bei “Nein” Ausstieg nicht so einfach

“Der Flugplatz bleibt – so oder so”, das ist die Nachricht die Berger laut Tageszeitung Dolomiten von der ENAC erhalten hat. Sollte es zu einem Sieg des “Nein” kommen, “kann die öffentliche Hand nicht sagen: Ich höre auf, gehe in Konkurs und das war es. So läuft das Spiel nicht”, sagt Berger zum Tagblatt. Landeshauptmann Arno Kompatscher hatte erst vor wenigen Wochen das Szenario im Falle eines Nein-Sieges geschildert: “Überwiegen die Nein-Stimmen, stoßen wir den Flughafen ab”, so der Landeshauptmann am 26. April. Was bedeutet, dass die Konzession für die Führung der Struktur ausgeschrieben wird. Findet sich kein privater Interessent, dann ist die ENAC am Zug.

Ein “NEIN” heißt: Schluss mit Ausbau! Der Flugplatz kann nicht mehr als kommerzieller Flughafen für Linien-und Charterflüge ausgeschrieben werden.
(Rudi Benedikter)

Solange allerdings kein neuer Konzessionär gefunden ist, muss die Betreibergesellschaft ABD den Flugbetrieb weiter garantieren. Das ist ein Detail, das die ENAC in einem Schreiben an Hans Berger liefert. Das Land kann sich also nicht einfach aus dem Staub machen, sagt der Senator sinngemäß. Damit sei “das Ende der Märchenstunde” eingeleitet, wird Berger zitiert. Weder eine Schließung noch eine Rückstufung des Flughafens stehe damit bei einem Nein-Sieg im Raum. Sondern einzig der Verlust der öffentlichen Kontrolle über den Flugplatz, so Berger. Für ihn ein riskantes Szenario, wie der Senator durchklingen lässt: “Südtirol läuft Gefahr, öffentliche Investitionen für eine Struktur in den Sand zu setzen und ohne Mitsprache dazustehen.” Im Umkehrschluss sei es also besser, weiterhin Landesgelder zur Verfügung zu stellen, anstatt die Übernahme durch neue Betreiber zu riskieren, die sich “von niemandem dreinreden lassen”.


Nichts zu sagen

Und wie könnte es anders sein – auch dieses Mal folgt, wie so oft in der Flughafendebatte, ein umgehender Konter. “Die Angst vor einem flughafenfreien Südtirol artet in Panik aus”, kommentiert Florian Kronbichler auf Facebook. Die Nachricht, die Senator Berger aus Rom mitgebracht habe, höre sich an, als sei es Aus mit der Autonomie am Flughafen. “Und der Senator verbirgt seine Freude darüber nicht”, schreibt Kronbichler. “Egal, was Südtirol will, es muss geflogen werden”, denn schließlich habe das die ENAC schriftlich bestätigt, so liest der Oppositionspolitiker in Rom Bergers Botschaft – und der Senator freue sich auch noch darüber. Ansonsten immer an vorderster Front, wenn es um die Verkündung “hart erkämpfter” Autonomierechte gehe, verkünde Berger dieses Mal “triumphaler und ultimativer als jede Autonomie-Errungenschaft diesmal die Autonomielosigkeit am Flughafen”, so Kronbichler.

Es verbleibt am Ende die Frage, warum man überhaupt die Bevölkerung zur Abstimmung ruft, wenn es in Wirklichkeit gar keine Wahlmöglichkeiten für die Zukunft des Flughafens gibt.
(Grüne Landtagsfraktion)

Etwas nüchterner als Kronbichler reagiert ein Flughafengegner der ersten Stunde, nämlich Andreas Pöder, auf Bergers Aussagen. Noch bevor er sich am Freitag Morgen in den Landtag begibt, versendet der Oppositionspolitiker der Bürgerunion eine Aussendung an die Medien. Er geht einen Schritt weiter als Kronbichler und bezeichnet er das ENAC-Schreiben als “absolut irrelevant”. Pöder sieht keinen Grund, am 12. Juni nicht mit Nein zu stimmen. Im Gegenteil: “Jetzt braucht es erst recht ein Nein, damit es auch die Flugbehörde in Rom hört.” Es gehe nicht an, dass die ENAC über den Einsatz der Südtiroler Steuergelder für den Flughafen befinde, “darüber entscheiden wir selbst”, so Pöder. “Sobald die Bevölkerung Nein zum Flughafen sagt und der Landtag diesem Nein, wie von Landeshauptmann Arno Kompatscher angekündigt, folgt, ist es mit dem Flughafenbetrieb auf Südtiroler Steuerzahlerkosten vorbei.” So einfach sei das Ganze. Und schließlich sei auch im Gesetzentwurf Nr.60/15 der Rückzug des Landes und ein Ende der öffentlichen Finanzierung vorgesehen, erinnert Pöder: “Senator Berger will doch wohl nicht behaupten, dass der Flughafengesetzentwurf des Landeshauptmannes ein Schwindel oder gar ein Märchen ist?”

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Martin Daniel Fr., 13.05.2016 - 17:37

Was hat denn dieselbe Enac noch vor 5 Jahren gesagt?
》Bereits im August hatte eine Studie der italienischen Luftfahrtbehörde „ENAC“ erklärt, dass kleine Flughäfen vor allem auf internationale Verbindungen verzichten sollten, um Kosten zu senken und um das Flugnetz zu straffen.

Nur so könne der Flugverkehr effizient gestaltet werden. Eine erste Reaktion auf die Studie war der Vorschlag, dass der Staat weniger rentable Flughäfen an Regionen, Provinzen und Gemeinden abgibt.

Diese Lokalkörperschaften sollten künftig die Kosten für die Flughäfen tragen und so die leeren Staatskassen entlasten.

Letztlich sind – laut ENAC – in Italien nur 14 große bzw. mittelgroße Flughäfen von strategischer Bedeutung.

Flughäfen wie Fiumicino, Malpensa, Venedig, Linate, Bologna, Bari und Palermo haben laut ENAC in den kommenden zehn Jahren gute Aussichten, ihre Passagierzahlen zu verdoppeln.《

Man siehe im selben Artikel auch die Aussage der KPMG zur Betriebswirtschaftlichkeit, die bei 500.000 Passagieren p.a. angesiedelt wird:
http://www.stol.it/Artikel/Chronik-im-Ueberblick/Lokal/Studie-Bozner-Fl…

Fr., 13.05.2016 - 17:37 Permalink