Film | Rezension

Mission Wes Anderson

Wes Anderson kehrt zwei Jahre nach seinem letzten Film ins Kino zurück. Dabei entsteht der Eindruck, er wäre nie weg gewesen.
Ein Mann und eine Frau vor einem Flugzeug
Foto: Wes Anderson
  • Das Selbstplagiat sei nichts anderes als der eigene Stil, soll Alfred Hitchcock einmal gesagt werden. Damit lassen sich viele Arbeiten von Regisseur*innen beschreiben, deren Handschrift weithin erkennbar ist, gar als ikonisch beschrieben wird. Wes Anderson ist einer von ihnen, wenn nicht sogar der König des Stils. Kaum ein anderer Filmemacher, der heute arbeitet, kann derart leicht anhand eines einzelnen Standbilds erraten werden. Anderson hat über die Jahre eine leicht zu erkennende Bildsprache entwickelt, schreibt exzentrischen Charakteren rasend schnell gesprochene und ästhetisierte Dialoge, und träumt sich und sein Publikum in jedem neuen Film in eine Welt, die nur oberflächlich etwas mit der unseren zu tun hat. Das funktioniert, auch wenn manche Zuschauer*innen sich mittlerweile am Konzept Anderson sattgesehen haben. Der Regisseur selbst weicht auch mit seinem neuen Film nicht davon ab. „Der phönizische Meisterstreich“ enthält ebenso viel Anderson-DNA wie auch die letzten Werke – etwa „Asteroid City“, „The French Dispatch“ oder „Grand Budapest Hotel“. Darin erzählt er die Geschichte des Waffenhändlers Zsa-Zsa Korda, der von seinen Feinden durch die ganze Welt verfolgt wird. 
     

    Ob der Film einem gefällt, hängt davon ab, wie sehr man noch Lust auf Wes Anderson und seinen eigenwilligen, mittlerweile zum Internet-Meme verkommenen Stil hat.


    Er überlebt einen Attentatsversuch nur knapp und erhascht einen kurzen Blick in den Himmel. Nachdem er wieder im Reich der Lebenden weilt, möchte er sein Leben überdenken. Kurzerhand übergibt er seine Geschäfte an seine Tochter Liesl, die Novizin ist. Gemeinsam reisen sie nach Phönizien, um dort weiteres Geld für die Finanzierung von Kordas Lebensprojekt zu sammeln. Bei verschiedenen illustren Gestalten wird demnach an die Tür geklopft und versucht, die monetären Mittel aufzutreiben. Das gibt Wes Anderson die Gelegenheit, in kurzen, aber prägnanten Kapiteln sehr unterschiedliche Szenarien zu zeigen – und ihre Bewohner. Der Film ist nach einem längeren Prolog als Reise quer durch die verschiedenen Landstriche und Ortschaften Phöniziens angelegt. Dabei erzählt der Film seine Geschichte deutlich konsequenter als die letzten Werke des Regisseurs. „Der phönizische Meisterstreich“ ist mehr Erzählung als essayistisches Filmemachen und näher an früheren Arbeiten.

  • Foto: Wes Anderson
  • Wie gewohnt verzaubert Anderson sein Publikum mit einem wahren Bilderreigen. Jede Einstellung ist perfekt komponiert und ausgestattet. Doch anders als etwa in „Asteroid City“ halten die Charaktere mit dem Look Schritt. Besonders die Beziehung zwischen Korda und seiner Tochter ist spannend. Während zwischen den beiden anfangs kaum eine Verbindung besteht, und frostige Blicke von Liesl den Austausch bestimmen, ändert sich das nach einer Weile. Rasant durch die Geschichte getrieben werden neben Benicio del Toro (Korda) und Mia Threapleton (Liesl) auch die Zuschauer*innen. Wer nicht gut Acht gibt, verpasst Plotpunkte, Auftritte von Schauspieler*innen und die gut gesetzten Gags, die teils auch mehrmals wiederkommen. Anderson war lange nicht mehr so verspielt wie in diesem Film, der überraschend abwechslungsreich und witzig daherkommt. Auch eine Prise Brutalität mischt sich dazu, wenngleich sie comic-haft bleibt und dem komödiantischen Unterbau dient. Dazu gesellen sich Elemente des Spionage-Films.

    Ob der Film einem gefällt, hängt davon ab, wie sehr man noch Lust auf Wes Anderson und seinen eigenwilligen, mittlerweile zum Internet-Meme verkommenen Stil hat. Denn obwohl sich „Der phönizische Meisterstreich“ wieder etwas frischer anfühlt, ist er dennoch klar als Werk des Regisseurs zu erkennen – in allen Belangen. Das ist für die einen eine gute Nachricht, andere werden darin eine Marotte erkennen, die nur noch ein Schulterzucken hervorruft.