David Lynch gastiert im Filmclub Bozen

-
Am 16. Januar 2025, nur vier Tage vor seinem 79. Geburtstag, hat der Filmemacher, Bildende Künstler und Musiker David Lynch diese Erde verlassen. Wobei sein Geist vermutlich noch immer irgendwo herumschwebt, in blitzendem Licht, wie es in vielen seiner Filme der Fall ist. Das Wesen dieses Künstlers lebt sowieso in jenen weiter, die seinen Fußspuren folgen. Die sind heute tief und gut ersichtlich um Urwald der sich stetig im Wandel befindlichen Filmindustrie. Dabei geht alles auf den ersten Film von Lynch zurück – „Eraserhead“. Die eigentümliche Geschichte von Henry Spencer und seiner Vaterschaft samt surreal-entstelltem Baby erhielt beim Erscheinen zunächst negative Resonanz, mauserte sich aber mit den Jahren zu einem Geheimtipp und beliebten Streifen bei Mitternachtsvorstellungen. Bis heute wird der Film gerne von Kinos aus der Schublade gezogen, um David Lynchs Schaffen in Reinform zu zeigen. So auch der Filmclub in Bozen, der den Film am 03. Juni ein zweites Mal zeigt. Es ist bemerkenswert, wie viele der später als „lynchesk“ bezeichneten Elemente bereits in „Eraserhead“ vorhanden sind. Der Horror der Vorstadt, das Industrielle, Sex, Ur-Ängste, Traumsequenzen – ja man könnte sogar so weit gehen und den Film an sich als einzigen (Alb)Traum bezeichnen. Kein Wunder also, dass sich „Eraserhead“ bis heute großer Beliebtheit erfreut. Als Prototyp des Lynch-Films ist er wunderbar reduziert, quasi die Destillation all dessen, was den Regisseur später berühmt machte.
-
Im Filmclub läuft dieser Tage noch ein zweites Werk des Filmemachers. Ein Streifen, der großes Risiko in sich barg, aber seltsamerweise funktioniert. „Der Elefantenmensch“ war Lynchs zweiter Film und der Schritt Richtung der großen Industrie. Mel Brooks bekam das Drehbuch in Hände und war begeistert. Er produzierte den Film und verhalf Lynch zum Durchbruch. Die Aktion hätte schief gehen können. Nicht selten scheitern eigenwillige Regisseure an Hollywood und dem sogenannten Mainstream – schon der nächste Film von Lynch, „Dune“ ist das perfekte Beispiel dafür. Freilich verbog sich Lynch bei seinem zweiten Film nicht allzu weit. Obwohl „Der Elefantenmensch“ eine lineare Geschichte erzählt, tauchen auch hier die Themen von Lynch auf: Deformierung, die Liebe für die Außenseiter, und wieder ein gewisses Maß an traumartiger Inszenierung. Neu war die Sentimentalität, die Lynch schnell wieder von sich streifte.
-
Wer das Frühwerk von Lynch bislang nicht kannte oder einfach noch einmal darin schwelgen möchte, sollte sich die Screenings im Filmclub nicht entgehen lassen. Mit „Eraserhead“ zeigt sich das junge Talent des Regisseurs, der Grundstein für sein weiteres Schaffen, und „Der Elefantenmensch“ ist Grund für die Langlebigkeit und hohe Sichtbarkeit von Lynch in der US-amerikanischen Filmindustrie, in Hollywood, der (Alb)Traumstadt, für deren schöne und düsteren Seiten sich Lynch gleichermaßen zu begeistern wusste.
-
Weitere Artikel zum Thema
Cinema | SALTO WeekendDavid Lynch war mein Freund
Culture | RezensionKinozauber im Wandel der Zeit
Cinema | RecensioneLa reinvenzione del padre