Gesellschaft | Südtiroler Medienlandschaft

Startschiff „39Null“ on tour

Der Herausgeber Lukas Marsoner über die Verkaufszahlen der ersten Ausgabe von „39Null“, seine Visionen, das System Crowdfunding und ein Wunsch an sein Heimatland Südtirol.
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Foto: pixabay.com

Lukas Marsoner genießt den Sommer in Berlin. „Es ist so schönes Wetter, die Sonnenstrahlen sind auszunutzen, wir waren gerade am See“, erzählt der Vinschger beschwingt, und steigt in die Straßenbahn. Marsoner arbeitet bei der Kulturprojekte Berlin GmbH („der verlängerte Arm der Politik, obwohl sie das nicht gern hören") und Marsoner ist auch Herausgeber der „39Null“.

Das neue „Magazin für Gesellschaft und Kultur“, präsentierte sich am 17. Mai dieses Jahres in Latsch mit dem Titel „Kommen, Bleiben, Gehen“ - Landflucht der Kreativen. 39Null ist gut angekommen: in Südtirol und auch außer Lande. „Wir sind total zufrieden“, resümiert Marsoner. Seit drei Jahren lebt er in Berlin. Bei einer Auflage von 1.000 sind noch 350 Stück übrig, bis Ende Oktober sollen alle verkauft sein, so das gesetzte Ziel. „Jetzt müssen wir schauen wo nachzuliefern ist in den 27 Verkaufspunkten“, fünf davon in Berlin, "die Buchhandlungen in Südtirol werden uns demnächst die Zahlen liefern", sagt er, "verhandelt wird derzeit auch über einen Wiener Stützpunkt."

Ein Leidenschaftsprojekt

Der Name „39Null“ wird abgeleitet von der Postleitzahl, der Kommunikation von und nach Südtirol, wie Marsoner verrät. „Manchmal werden wir darauf angesprochen, dass Bozen ja 39100 hat, dann sag ich immer „so genau müssen wir's jetzt auch nicht nehmen.“ Gemeinsam mit ihm, sitzen noch vier weitere Südtiroler im „39Null“ Starschiff: Martin Santner als Chefredakteur, Barbara Weithaler die für PR und Redaktion verantwortlich zeichnet. Dann Martina Wunderer, die beim Suhrkamp Verlag arbeitet und „super lektoriert“, und Julia Egger, zuständig für die Grafik und den Bereich Art Direktion. Fünf landflüchtige Vinschger, alle in Berlin gestrandet, untereinander bekannt - Marsoner erzählt: „Die Idee zu 39Null ist uns im letzten Jahr gekommen, Ende November. Wir wussten eigentlich nicht, was herauskommt. Wir wussten nur, dass wir zusammen etwas entstehen lassen wollten.“ Es sei ein Leidenschaftsprojekt, eine idealistische Angelegenheit. „Jeder von uns hat nebenbei seinem 40 Stunden Job. Das unternehmerische Denken müssen wir noch verfeinern, zu idealistisch sein geht auf die Dauer nicht.“ Vor allem die Finanzierung für die zweite Auflage, die für Februar 2014 geplant ist, sei genauestens zu kalkulieren, „ja wir mussten natürlich auch in die eigene Tasche greifen“, erzählt der Herausgeber. 

Alle für einen

Das buchartige Magazin, 144 Seiten stark, kostet 13 Euro. „Nicht wenig“, sagt Marsoner selbst, „aber wir hatten eben hohe Stückkostenpreise - pro Exemplar 6,70 Euro.“ Finanziert hatten sich die fünf Vinschger ihren Printtraum hauptsächlich über Krautreporter.de, eine speziell auf journalistische Projekte zugeschnittene Unterstützungsplattform. Das Ganze läuft unter dem Schlagwort Crowdfunding „ein mega Thema im Social Media Bereich“, so der Kulturschaffende. Kapitalgeber sind beim Crowd (Menge)-funding eine Vielzahl von Personen - wo wenn nicht im Internet ist es geeigneter für Projekte zu werben und auf sich aufmerksam zu machen? So erreichte „39 Null“ von Anfang März bis Mitte April 99 SpenderInnen, anonyme oder namentlich genannte. Insgesamt 3.622 Euro kamen zusammen, kalkuliert hatten die JournalistInnen mit einem Startkapital von 1.500 Euro. „Das war für uns natürlich ein tolles Ergebnis, über das wir uns sehr gefreut haben“, berichtet der Wahlberliner. 3.300 Euro blieben schlussendlich übrig, abzüglich fünf Prozent für die Plattform und Prämienabgaben an die Spender. Als Gegenleistung für die finanzielle Hilfe erhalten Unterstützer „Schubser oft auch nur mit symolischem Wert“, so auf der Homepage von Krautreporter.de zu lesen. „Wir haben uns mit dem Magazin bedankt, oder mit einer kulinarischen Tour durch Berlin“, erzählt Marsoner, „eine zusätzliche Werbemöglichkeit für uns, damit „39Null“ unter die Leute kommt.“

In Bearbeitung

Freuen tun sich die fünf Freunde erstmal darüber, dass die erste Ausgabe so gut angekommen ist, „das nimmt viel Druck weg“, sagt der 28-Jährige, der auch Vorsitzender des Vereins „Kognitiv“ ist. „Das erste Thema der Ausgabe hat viele Leser angesprochen, wir hoffen, dass uns das das nächste Mal auch gelingt.“ Eine grobe Richtung für Februar ist ausgelotet, noch herrscht Stillschweigen über das genaue Thema, eines möchte Marsoner schon verraten: „Wir wollen nicht nur über Südtirol schreiben. Uns liegt viel daran, internationale Beispiele in das Magazin herein zu holen, und den Südtirol Kontext in eine gewisse Relation zu setzen.“ Differenzierte Meinungen sind der Redaktion wichtig - Laienbeiträge sollen in „39Null“ ebenso drinnen stehen, wie wissenschaftliche Extrakte, Essays und Prosa. Noch hält es die jungen MedienmacherInnen in Berlin, Marsoner über Südtirol: „Ich denke das Land hat großes Potential, in der Jugendkultur passiert viel, auch im Medienbereich. Doch vieles ist noch rückwärtsgewandt, zum Beispiel das Thema Gewalt. Wir verfolgen das von hier von Berlin aus und wünschen uns eine tiefere Diskussion.“ Eine Diskussion mit Herz und Verstand. Vielleicht das nächste Thema für "39Null"?