Ein Zelt über die Villa
Zum Sieger des Wettbewerbs zur Musealisierung der Ausgrabungsstätte einer römischen Villa in St. Pauls/Eppan wurde vor kurzem eine Planungsgruppe um den Architekten Tommaso Rossi Fioravanti aus Florenz gekürt. Eine Ausstellung in den Gängen der Freien Universität Bozen zeigt nun auch die Präsentationen all jener Projekte, die es in die zweite Phase des Wettbewerbs geschafft haben. Ziel des Wettbewerbs war es gewesen, eine ideale architektonische Lösung für die gute Konservierung der Ausgrabungen zu finden.
Die aus architektonischer Sicht wertvolle Villa mit den außerordentlich gut erhaltenen Mosaikfußböden aus dem 4. Jahrhundert n. Chr., soll durch den Neubau vor Witterungseinflüssen geschützt werden, um die einzigartige Bausubstanz bestmöglich zu erhalten und die Struktur zur öffentlichen Besichtigung frei geben zu können.
Jurorinnen und Juroren des Wettbewerbs waren Alessia Biotti (Präsidentin des Preisgerichtes, vom Amt für Hochbau West), Catrin Marzoli (Amtsdirektorin des Amtes für Bodendenkmäler), Walburga Kössler (Vertreterin der Gemeinde Eppan), Roberto Gigliotti (Professor der Fakultät für Design und Künste der Freien Universität Bozen), Christian Schwienbacher (freischaffender Architekt). Sie lobten „die starke Ausdrucksform und das eigenständige Erscheinen“ der Einreichung rund um die Gruppe von Tommaso Rossi Fioravanti, die „einen autonomen und stark charakterisierten Baukörper“ vorlegt, der sich „harmonisch in den Kontext einfügt“ und „einen angemessenen repräsentativen Charakter aufweist.“
Überzeugend erschien der Jury auch „die einheitliche Innengestaltung mit den wenigen Öffnungen“, welche „die Aufmerksamkeit auf die Ausgrabungen fokussiert und gezielte Ausblicke zur umgebenden Landschaft ermöglicht.“ Durch die gesamte Ausgrabungsstätte wird ein Parcours führen.
Die Jurorin und Kunsthistorikerin Walburga Kössler hat Fundstätte und das Projekt zur Musealisierung über Jahre aus nächster Nähe begleitet. Ein Gespräch über die alte (und neue) kulturhistorische Sensation in ihrem Dorf.
salto.bz: Wie erinnern Sie sich an den Moment, als die Fundstelle in unmittelbarer Nähe Ihres Wohnortes entdeckt wurde?
Walburga Kössler: Ich habe 2005, als neue Referentin für Urbanistik und Bauwesen in Eppan, das Projekt geerbt; man hatte gerade erste Funde gemacht und konnte bereits erahnen, dass es sich um was ganz Besonderes handelt. Die Freilegung der Fundstelle über das Amt für Bodendenkmäler ging dann relativ schnell und die konservierende Sicherung geschah nach und nach. Zwischenzeitlich wurde die Zone als archäologische Zone von Landesinteresse im Bauleitplan der Gemeinde eingetragen. Die Verhandlungen mit dem Grundeigentümer übernahm das Land.
Bei einem ersten Lokalaugenschein mit der Landesregierung – damals LH Durnwalder und Landesrätin Kasslatter Mur – dem Denkmalamt und der Gemeinde Eppan war man sich rasch einig, dass diese „Villa Romana“ als museale Einrichtung ausgebaut werden soll. Allerdings steht die provisorische Überdachung in Wellblech nun bereits seit mehr als 15 Jahren!
Wie zeitgemäß ist die neue museale Struktur für die Villa in St. Pauls?
Dass Projekt orientiert sich an der Vorstellung eines Zeltes, das bei Ausgrabungen verwendet wird und Neugierde hervorrufen soll. Die klaren geometrischen Linien und regulären Formen des Gebäudes widerspiegeln die Proportionen der römischen Villenarchitektur. Der zurückhaltende, einheitliche Baukörper steht einerseits autonom für sich und zeigt dennoch repräsentativen Charakter, er fügt sich harmonisch in den Kontext ein.
Was kann das neue Kulturangebot leisten?
Ich denke, dass diese archäologische Stätte mit entsprechender Einrichtung und Ausstattung vor allem für St. Pauls und Eppan, aber auch landesweit eine kulturelle und touristische Attraktion werden kann und Besucher und Besucherinnen und Tagesgäste aus allen Landesteilen anziehen wird.
Was interessiert Sie, aus dem Blickwinkel der Kunsthistorikerin, an der Villa in St. Pauls?
Die Einzigartigkeit der Gesamtanlage, die damalige fortschrittliche technische und architektonische Leistung, aber besonders die wunderbaren Mosaike aus der Spätantike werden auch Laien begeistern oder zumindest verwundern. Es wäre mir wichtig, dass, abgesehen von der geschichtlichen Aufarbeitung des Siedlungsgebietes, auch das Bewusstsein unter der Bevölkerung gefestigt wird, wie wertvoll derartige Funde sind, unabhängig von eventuellen wirtschaftlichen Vorteilen – als touristische Attraktion – oder aber auch, unabhängig von eventuellen wirtschaftlichen Nachteilen – bei Bauvorhaben.