Umwelt | Landschaftsschutz
„Gefahr einer Anfechtung“
Foto: upi
Salto.bz: Onorevole Schullian, Sie haben im SVP-Landwirtschaftsausschuss davor gewarnt mit der Urbanistikreform auch den Südtiroler Landschaftsschutz zu reformieren. Warum?
Manfred Schullian: Weil ich überzeugt bin, dass damit das Risiko eine Anfechtung des Südtiroler Landschaftsschutzgesetzes vor dem Verfassungsgericht verbunden ist und wir dadurch autonome und bisher durchaus gut funktionierende Verfahrensregeln verlieren könnten.
Das heißt, die primäre Gesetzgebungskompetenz im Natur- und Landschaftsschutz ist für Südtirol keineswegs so gesichert, wie man glaubt?
Das glaubt man inzwischen nicht mehr. Denn es gibt ein Urteil des Verfassungsgerichtes, das besagt, dass Verfahrensregeln in Bezug auf gewisse Mindestleistungen für das gesamte Staatsgebiet gelten müssen. Wobei das Urteil damit begründet ist, dass die bürokratische Vereinfachung für das ganze Staatsgebiet anwendbar sein muss. Das Absurde dabei: Die römischen vereinfachten Regeln sind in Wirklichkeit weit weit komplizierter und schwerfälliger als unsere Landesgesetzgebung. Aber Tatsache ist, dass dieses Risiko einer Anfechtung besteht.
Nur im Landschaftsschutz?
Keineswegs. Es geht hier um die sogenannte Querschnittkompetenz des Staates in Sachen Verfahrensregeln. Diese Interpretation hat sich der Verfassungsgerichtshof ausgedacht.
Das heißt: Die Situation hat sich für Südtirol in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert?
Ja, grundsätzlich hat sich mit der Erfindung dieser Querschnittkompetenz die Situation aus autonomiepolitischer Sicht verschlechtert. Es wurde damit eine neue Kategorie eingeführt, die es erlaubt eine Art Schirm über das gesamte Rechtssystem des Landes zu spannen.
„Grundsätzlich hat sich mit der Erfindung der Querschnittkompetenz die Situation aus autonomiepolitischer Sicht verschlechtert. Es wurde damit eine neue Kategorie eingeführt, die es erlaubt eine Art Schirm über das gesamte Rechtssystem des Landes zu spannen.“
Ein Damoklesschwert, das über Südtirol schwebt?
Es gibt immer Damoklesschwerter. Man muss das nicht übertreiben. Aber es wäre durchaus sinnvoll dieses Problem zu lösen. Man hat das auch im Zuge der Verfassungsreform zu lösen versucht. Unsere Zustimmung war auch der Versuch im Zuge der Reform des Autonomiestatutes auch diese Fragen klären zu können.
Sie sprechen von einem Präzedenzfall. Um was ging es dabei?
Es gibt mehrere Fälle. Es gibt ein Urteil gegen das Land Trient aus dem Jahr 2012, das genau Verfahrensregeln im Landschaftsschutz betrifft. Und es gibt ein weiteres Urteil gegen das Land Südtirol in Bezug auf die SCIA, also diese zertifizierte Tätigkeitsmeldung.
Vor diesem Hintergrund: Was ist ihr Vorschlag in Sachen Urbanistikreform?
Ich möchte mich hier nicht in Kompetenzen einmischen, die dem Landesgesetzgeber zustehen. Aber ich denke, man soll diesen Aspekt von vornherein berücksichtigen.
Nur im Landschaftsschutz oder auch in der Urbanistik?
Tendenziell auch in der Urbanistik, wobei Südtirol bislang in diesem Bereich einen relativ großen Spielraum genossen hat. Erst kürzlich wurde eine eigene Durchführungsbestimmung zur Frage der Abstandsregelung erlassen. Aber ich denke, man muss in dieser Diskussion diese Gefahren berücksichtigen.
Die SVP ist dafür bekannt, dass Sie wichtige Gesetze in Rom vorab politisch abklärt. Kein gangbarer Weg?
Ich gehe davon aus, dass man das sicher tut. Aber es bleibt immer noch ein gewisses Restrisiko. Denn auf Antrag von Prozessparteien kann jederzeit die Frage der Verfassungsmäßigkeit gestellt werden. Es ist eine Illusion, wenn man glaubt, dass man die Ernte bereits eingefahren hat, weil man etwas politisch abgeklärt hat. Denn das Thema kann sich jederzeit wieder stellen.
„Es ist eine Illusion, wenn man glaubt, dass man die Ernte bereits eingefahren hat, weil man etwas politisch abgeklärt hat.“
Der Südtiroler Bauernbund folgt Ihrer Interpretation...
Der Bauernbund folgt nicht meiner Interpretation, sondern er hat diese Interpretation. Und ich kann ihm nur zustimmen.
Das heißt: Alles so lassen wie es ist?
Nochmals: Das ist eine Kompetenz des Landtages und der Landesregierung in die ich nicht eingreifen möchte. Ich habe weder einen Titel noch eine Berechtigung dazu.
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