Umwelt | Tiroler Verbot

Sektoraler Misserfolg

Die EU-Kommission scheint nichts vom sektoralen Fahrverbot der Tiroler Landesregierung zu halten. Besser sei eine weitere Reduzierung des Tempolimits auf den Autobahnen.

Es hätte im Spätsommer dieses Jahres in Kraft treten sollen: das sektorale LKW-Fahrverbot auf Tirols Autobahnen. Nun steht es vor dem Aus. Wie die Tiroler Tageszeitung in ihrer Onlineausgabe vom 14. März exklusiv zu berichten weiß, will die EU-Kommission den entsprechenden Antrag, den die Tiroler Landesregierung Ende 2015 eingereicht hatte, ablehnen. Und fordert im Gegenzug weniger radikale Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität. Wie etwa Tempo 80 für PKW und 60 für LKW.


Wenig Freude über Tirol

Die Luftqualität zu verbessern und eine “massive Entlastung der Bevölkerung” war das erklärte Ziel der Tiroler Landesregierung, als sie im Dezember des Vorjahres einen Beschluss fasste, mit dem der Transport gewisser Güter von der Straße auf die Schiene verlegt werden sollte. Abfälle, Steine, Rundholz und Kork, Fliesen oder Stahl – unverderbliche Güter also – sollten nur mehr auf der Schiene durch das Unterinntal und das Wipptal transportiert werden dürfen. Dadurch wollte man eine Reduktion der LKW-Fahrten um bis zu 200.000 erreichen. Zuversichtlich hatte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und seine Stellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) dem Genehmigungsverfahren durch die EU entgegengeblickt. “Wir haben mit dem Luft-100er die Trendwende bei der Luftgüte geschafft, aber um die mit der EU vereinbarten Zielwerte zu erreichen, ist eine Reduktion des LKW-Verkehrs unverzichtbar”, hatte Felipe im Dezember 2015 gemeint.

Unser gemeinsames Ziel ist die Lebensqualität der Menschen in den Alpentälern. Wir gehen davon aus, dass dieses Ziel auch unsere europäischen Nachbarinnen und Nachbarn sowie die Europäische Union unterstützen.
(Ingrid Felipe)

Doch in Brüssel sieht man das nun offensichtlich nicht so. Die Tiroler Tageszeitung beruft sich auf dortige Quellen, denen zufolge die EU-Kommission Tirol auffordert, andere Mittel anzuwenden, um die Luftqualität zu verbessern, bevor es den freien Warenverkehr behindere. Und da man durch den Luft-100er so gute Resultate bei der Luftgüte erreicht habe, sieht der Vorschlag der EU-Kommission eine weitere Verschärfung der Tempolimits vor: LKW könnten in Zukunft 60 statt 80 Stundenkilometer fahren, PKW 80 statt 100.


Wirtschaft sieht sich in jedem Fall benachteiligt

Offizielle Stellungnahmen sind angesichts der Tatsache, dass noch kein amtliches Schreiben aus Brüssel vorliegt, bislang keine gefolgt. Doch erst vor wenigen Wochen hatte sich die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) skeptisch gegenüber einem sektoralen Fahrverbot geäußert. Dort befürchtet man einen Anstieg des Umwegverkehrs nach Italien: In Tirol ein weiteres Fahrverbot zu erlassen, ohne dass ausreichend Schienenkapazitäten zur Verfügung stehen, würde zu großräumigen Umwegverkehren, etwa über die Tauernachse nach Italien, führen, so der Obmann der Bundessparte Transport und Verkehr in der WKÖ. Fahrverbote hätten sowohl Auswirkungen auf Transportunternehmen als auch auf Österreichs Ökonomie insgesamt, so die Warnung der Wirtschaft.

Gegen ein sektorales Fahrverbot in Nordtirol, das 2011 übrigens bereits vom Europäischen Gerichtshof gekippt worden war, war man auch südlich des Brenners Sturm gelaufen. Von einer “zusätzlichen Belastung für Südtirols Wirtschaft”, sprach etwa Handeslkammerpräsident Michl Ebner. Ob die Freude der Wirtschaftstreibenden über das sich nun abzeichnende Aus für das Fahrverbot lange anhält, dürfte fraglich sein. Denn bekanntlich hält man auch von Geschwindigkeitsbeschränkungen wenig bis gar nichts. Und sollte sich Tirol an die Weisung aus Brüssel, das Tempolimit (noch) weiter nach unten zu setzen, halten, sind die Proteste wohl vorprogrammiert.