Politik | Landtag
Rochade mit Misstönen
Foto: Salto.bz
Am Ende ging alles so über die Bühne wie es die politische Regierungsmehrheit zwischen SVP und Lega ausgehandelt und geplant hatte.
Rita Mattei wurde am Freitagvormittagmitag mit 19 Stimmen zur neuen Landtagspräsidentin und Josef Noggler wurde ebenfalls mit 19 Stimmen zum Vizepräsidenten des Landtages gewählt. Das Ergebnis macht deutlich wie sehr die Auffassung zwischen der politischen Opposition und der Mehrheit im Landtag auseinandergeht. Es ist aber auch ein Zeichen, dass parlamentarische Spielregeln in Südtirol immer noch nicht gelten. Während überall auf der Welt, traditionell die Opposition in die Präsidentschaft der Parlamente eingebunden wird, in dem man zumindest die Vizepräsidentschaft der politischen Minderheiten überlässt, gehen die Uhren in Südtirol anders. Hier marendet die Regierungsmehrheit auch diese Ämter allein unter sich auf.
Auch das war in Durnwalder-Zeiten schon mal anders, indem etwa Alessandra Zendron, Riccardo Dello Sbarba oder Mauro Minniti zu Landtagspräsidenten oder Giorgio Holzmann zum Vizepräsidenten gewählt wurden.
Laudatio für Noggler
Der Rahmen ist durch das Autonomiestatut und die Geschäftsordnung des Landtages vorgegeben. Zur Halbzeit der Legislatur wechselt die Präsidentschaft des Landtages. Während in den ersten zweieinhalb Jahren der Legislatur mit dem SVP-Politiker Josef Noggler ein deutschsprachiger Abgeordneter Präsident des Landtages und mit der Lega-Politikerin Rita Mattei eine italienischsprachige Abgeordnete Vizepräsidentin war, wird in der zweiten Hälfte die ethnische Verteilung der Landtagspräsidentschaft auf den Kopf gestellt.
Diese Rochade stand am Freitagvormittag auf der Tagesordnung des Landtages.
Über ein Dutzend Abgeordnete nutzten in der Debatte die fünfminütige Redezeit. Querbeet durch alle Fraktionen trat dabei ein roter Faden zutage: Der Dank an Josef Noggler für seine Arbeit als Landtagspräsident.
Sowohl die Opposition wie auch die Mehrheit attestierte dem Vinschger SVP-Abgeordneten, seiner institutionellen Rolle als Garant mehr als nur gerecht geworden zu sein. Paul Köllensperger sprach die „Schlitzohrigkeit“ Nogglers an und danke ihm im Namen der gesamten Opposition. Brigitte Foppa lobte, dass es unter Noggler „auch einmal einen Lacher ist dieser Aula gegeben hat“. Ihr Fraktionskollege Riccardo Dello Sbarba sprach von einem „Vinschger Anarchisten“, der dem Landtag gutgetan hat.
Josef Noggler zeigte auch bei seiner letzten Amtshandlung als Landtagspräsident Stil. Bevor der das Wahlergebnis verkündigte, ergriff er das Wort in eigener Sache. „Es war sicher nicht alles perfekt in meiner Amtszeit“, sagte der scheidende Landtagspräsident, "aber ich möchte mich bei allen bedanken“. Danach zählt Noggler nicht nur die politischen Referenten auf, sondern vor allem die Bediensteten des Landtages vom Generalsekretär bis zum Ausgeher.
Ausländerfeindin Mattei?
Formal ist der Wechsel im Landtag eine Wahl. Damit werden die Karten neu gemischt. Während die Mehrheit eine Rochade zwischen Mattei und Noggler vorgeschlagen hat, schickte die Opposition den PD-Abgeordnete Sandro Repetto als Präsident und Maria Elisabeth Rieder (Team K) als Vizepräsidentin ins Rennen. Es war Repetto, der Rieder am Freitag als Vizepräsidentin vorgeschlagen hat.
Dabei präsentierte sich die politische Minderheit aber nicht geschlossen. Rechtsaußen Alessandro Urzì unterstütze aus politischen und ideologischen Gründen seine Gesinnungsfreudin Mattei. Die Freiheitliche Abgeordnete Ulli Mair hingegen kündigte ihre Stimmenthaltung an. „Ich bin dafür, dass eine Frau Präsidentin wird“, argumentiert die Freiheitliche. Aber auch die Südtiroler Blauen fühlen sich politisch der Lega weit näher, als dem Partito Democratico.
Es waren die Grünen, die sich am klarsten gegen eine Landtagspräsidentin Rita Mattei aussprachen. Brigitte Foppa erinnerte an klare ausländerfeindliche Aussagen, die Mattei als Vizepräsidentin vor einer ausländischen Schulklasse gemacht habe. Allein deshalb sei Mattei als Landtagspräsidentin nicht tragbar.
Der Unfall
Alle 35 Mitglieder des Landtages gaben bei der Wahl des neuen Landtagspräsidenten ihre Stimme ab. Es gab 2 Stimmenhaltungen, 14 stimmten für Sandro Repetto und 19 stimmten für Rita Mattei. Weil es zur Wahl die absolute Mehrheit im Landtag bedarf, also 18 Stimmen, wurde Mattei bereits im ersten Wahlgang zur neuen Landtagspräsidentin gewählt.
Die Antrittsrede der Lega-Politikerin und neuen Landtagspräsidentin war danach eine Aneinanderreihung von Binsenweisheiten. Zudem zog jetzt Alessandro Urzì seine übliche Show ab. Der Frattelli D'Italia-Abgeordnete lässt sich bei der Stimmabgabe für Rita Mattei filmen, um nach der Wahl anzuklagen: "Einer aus der Mehrheit hat sich nicht an die Absprachen gehalten und Mattei nicht gewählt."
Nicht nach Plan verläuft hingegen die Wahl des neuen Vizepräsidenten. Landeshauptmann Arno Kompatscher muss aus institutionellen Gründen den Landtag vor der Abstimmung verlassen und jemand (mit großer Wahrscheinlichkeit ein Mittglied der SVP-Fraktion) schreibt "Franz Locher" auf den Stimmzettel. Maria Elisabeth Rieder erhält 15 Stimmen und Josef Noggler 17 Stimmen. Weil damit niemand die absolute Mehrheit erreicht hat, wurde ein zweiter Wahlgang erforderlich.
Nach diesem Unfall ersuchte SVP-Fraktionssprecher Gerd Lanz um eine Unterbrechung der Sitzung. In einer Aussprache appellierte Lanz an das Veranwortungsbewusstsein seiner Fraktionskollegen und -kolleginnen.
Anscheind mit Erfolg: Im zweiten Wahlgang erhielt Noggler 19 Stimmen und Rieder 14 Stimmen. Bei einer Enthaltungen.
Die Rochade ging damit so über die Bühne wie es die Regierungsmehrheit vorbereitet hatte. Mit einigen Misstönen.
Bitte anmelden um zu kommentieren
Aus Sicht eines Mitte-Links
Aus Sicht eines Mitte-Links-Liberalen ist diese Wahl natürlich Quark, (hoffentlich ist der Quark nicht beleidigt!), eine Beteiligung der Opposition wäre wünschenswert, wenn nicht erfrischend gewesen! Aber so läuft es halt in einer Demokratie, wer die Stimmen hat, kann entscheiden! :-(