Politik | Autonomiestatut

„Das ist ein Rückfall ins Mittelalter“

Reinhold Messner gegen den Brief des Bischofs, für die Trennung von Kirche und Staat und die Notwendigkeit, dass der Landeshauptmann endlich einschreitet.
seoh07505.jpg
Foto: Suedtirolfoto.com / Othmar Seehauser
Salto.bz: Herr Messner, Sie sind der Meinung, dass die „christliche Wurzeln“ in der Präambel des Autonomiestatutes nichts zu suchen haben?
 
Reinhold Messner: Es darf in der Präambel keine religiöse Aussage stehen. Seit der Aufklärung ist eigentlich klar, dass in einer Demokratie Religion und Politik nicht vermischt werden dürfen. Das heißt für mich, dass unser neues Autonomiestatut nichts mit Religion zu tun haben darf. Das ist ein politisches Grundsatzpapier, wenn Sie so wollen der politische Bauplan Südtirols. Dort hat die Religion einfach nichts zu suchen. Die Kirche hat sich nicht in die Politik einzumischen, das war jahrzehntelang eine allgemein akzeptierte Regel.
 
Bischof Ivo Musser sieht das anders?
 
Das kann er auch. Er liegt damit aber eindeutig falsch. Der Bischof ist der Bischof und der Landeshauptmann ist der Landeshauptmann. Das muss eindeutig getrennt werden. Denn gerade das ist derzeit eines der brennenden Probleme der Welt. Die Muslime kennen diese Trennung nicht. Sie haben die politische Macht nicht von der religiösen Macht getrennt. Hier sieht man wohin das führen kann. Deshalb haben wir weltweit diese riesigen Probleme.
Die Muslime haben die politische Macht nicht von der religiösen Macht getrennt. Hier sieht man wohin das führen kann.
Sie sind ein Kind der Aufklärung?
 
Absolut. Denn die Aufklärung hat diese Trennung gebracht. Sie hat das gemacht, was die Renaissance nicht geschafft hat. Seit damals und das sind jetzt mehr als 200 Jahre gibt es diese Trennung. Wenn wir Südtiroler das jetzt aufgeben, in dem wir in die Präambel hineinschreiben, Südtirol ist ein christliches Land, dann fallen wir ins Mittelalter zurück. Wenn der Landeshauptmann hier nicht aufsteht und sagt, so geht es nicht, dann muss ich leider sagen, wir werden eine eigene Partei gründen müssen. Oder eine Revolution machen.
 
Sie halten den Brief des Bischofs für unangebracht?
 
Der Brief ist völlig daneben. Ich habe mir Hans Heiss im „Pro & Contra“ angeschaut und ich kann seine Argumente nur unterstreichen. Er als Historiker und als gescheiter Politiker weiß, wozu die Aufhebung dieser Trennung führt. Wir haben genug Kirchtürme, Bergkreuze und Bildstöckchen die das Katholische in diesem Land unterstreichen. Das ist auch durchaus zu respektieren. Aber es darf nicht die Religion mit der Politik vermischt werden. Das ist wahnsinnig gefährlich.
Wenn der Landeshauptmann hier nicht aufsteht und sagt, so geht es nicht, dann werden wir eine eigene Partei gründen oder eine Revolution machen müssen.
Das Thema geht Ihnen nahe?
 
Ja. Denn ich habe keine Lust in einem mittelalterlichen Land zu leben. Wenn ich sehe, dass der Bischof versucht wieder Kirche und Politik zu vermischen, da steigen mir einfach die „Grauspiern“ auf. Wie man bei uns sagt.
 
Sie scheinen wieder Lust zu haben, sich in Südtirol einzumischen.
 
Ja. Ich muss in Südtirol bleiben, weil ich meine gesamten Ideen hier eingebracht habe. Ich bin gerade dabei zu überlegen, wohin in Südtirol ich das Museum vom Monte Rite verlege soll. Aber das Land muss aufgeklärt bleiben. Dazu zählt eben die Trennung von Kirche und Staat. Eigentlich gehört das in die fünfte Klasse Volksschule.
Ich habe keine Lust in einem mittelalterlichen Land zu leben.
Jetzt wird man sagen: Dieser Antichrist Messner will uns auch die Kreuze von den Bergen reißen?
 
Nein, die Kreuze sollen überall bleiben, wo sie sind. Aber es reicht. Wir brauchen keine neuen Kreuze auf den Bergen. Kirchen, Bildstöckel oder Wetterkreuze, das gehört alles zu unserer Kultur. Ich habe kein Problem damit. Wenn wir aber das Politische vom Religiösen nicht klar trennen dann kommen wir in des Teufels Küche.