Gesellschaft | Ausschreibung

Bleibt die Südtiroler Qualität außen vor?

Wie war das noch vor einem Jahr? Qualität vor Preis bei Ausschreibung von sozialen Diensten? Unmut regt sich im lvh. Besorgt zeigt sich auch die AGO.

Es ist nicht einmal ein Jahr her, da sah die Welt noch anders aus. "Qualität vor Preis", war die Devise der Landesregierung und die von Gesundheitslandesrat Richard Theiner bei der Ausschreibung von sozialen Diensten.

"Qualität vor Preis: Das ist das Kriterium, nach dem künftig Angebote für soziale Dienstleistungen bewertet werden", hieß es am 27. August 2013 in einer Aussendung der Landesregierung.

Den genauen Wortlaut der Pressemitteilung lesen Sie hier.

Nun, es sollte anders kommen. Nachdem sich bereits Wolfgang Obwexer, Geschäftsleiter der Südtiroler Lebenshilfe, besorgt über die Neuvergabe des Fahr- und Begleitdienstes für Schüler mit Behinderung geäußert hat – salto.bz berichtete – kommen nun auch von Seiten des lvh (Landesverband der Handwerker) und der AGO (Autonome Gewerkschaftsorganisation der Gebietskörperschaften – Südtirol) Bedenken bezüglich der Vergabe des Dienstes an ein Unternehmen aus Lecce. Eine 30 Jahre über professionell angebotene Dienstleitung werde "einfach ausradiert", kommentiert Gert Lanz, Präsident des lvh. "Ich verstehe nicht, warum es der Gesetzgebung immer wieder gelingt, gut funktionierende volkswirtschaftliche Systeme durcheinander zu bringen."

Gert Lanz beschreibt eine ähnliche Situation wie, die sich bei den Rahmenausschreibungen für die Lieferung von Lebensmitteln für den Sanitätsbetrieb Bozen und einige Bezirksgemeinschaften ergibt: “Bei einem Gesamtwert von 63 Millionen Euro erhielten den Zuschlag zu 90 Prozent (55 Millionen Euro) auswärtige Firmen.” Folge: Südtirols Milchhöfe und Handwerker wie Metzger oder Bäcker bleiben außen vor.

Auch AGO-Landesobmann Andreas Unterkircher sieht die Schuld in der Politik. Das Problem sei die "liberale Ausrichtung der Landespolitik und unserer politischen Vertreter in Rom".

Diese Vergabe mittels öffentlichen Wettbewerbs ist nicht die erste, betont der Gewerkschafter. So konnte erst dieses Jahr auch die Führung des Altersheimes von St. Ulrich durch eine süditalienische Firma mit einer Rückführung in den öffentlichen Dienst durch die Bezirksgemeinschaft Salten/Schlern abgewendet werden.

Die AGO sorgt sich um die Qualität der sozialen Dienste sobald sie einmal den Logiken der freien Marktwirtschaft ausgesetzt werden. Sie gibt zu bedenken, dass die "Kommerzialisierung und Öffnung der sozialen Dienste in der öffentlichen Hand immer noch im Blickpunkt großer privater Anbieter sind" und die neoliberale Ausrichtung der EU-Kommission erst zur Auslagerung von sozialen Diensten geführt hätte. Landeseigene Aufträge sind auch für den Lanz "unverzichtbar". Zahlreiche Arbeitsplätze und ein großer Teil der Südtiroler Wertschöpfung gingen verloren, wenn auch in Zukunft Ausschreibungen an auswärtige Unternehmen vergeben würden, heißt es aus dem lvh.

"'Qualität' ist der große Unterschied zwischen 'Billig-Anbietern' und 'Günstig-Anbietern'", so AGO-Landesvorsitzendem Unterkicher. Die AGO plädiere daher für eine Sicherung bzw. Steigerung derselben. Auch vom lvh kommt die Forderung an die Politik, einzulenken. Sie werde angehalten, bei zukünftigen Ausschreibungen "die Kriterien so zu formulieren, dass die Arbeit, die Qualität und unser Geld im Land bleibt", so Verbandspräsident Lanz. Denn diese könne er im Falle der Neuvergabe des Fahr- und Begleitdienstes für SchülerInnen mit Behinderung "nicht nachvollziehen".