Im Rückwärtsgang nach vorne
Eine Video-Installation in einem der Ausstellungsräume der Kommende Lengmoos zeigt wo es langgeht. Die vier in die Kommende geladenen Künstlerinnen sitzen im Auto und fahren um vier Uhr morgens rückwärts und über mehrere Fahrkilometer zum Ausstellungsort. Das ist bereits Kunst, keine Frage! Für die Ausstellung mit dem Titel Kommende Kosmen waren Charlotte Aurich, Laura Pan, Margareth Kaserer und Clara Mayr also bereits im Vorfeld „losgebrettert“ um ja rechtzeitig „anzukommen“. Sie haben die Schau im Alleingang, aber auch gemeinsam entstehen lassen. So etwa eine Arbeit, die als poetisches Plakat gelesen werden kann.
Ausdehnung eines Bildes an der Straße nennt sich passend zur rückwärtsrasenden Crew eine Fotoarbeit von Charlotte Aurich, die unmittelbar am Eingang platziert wurde. Aurich lebt und arbeitet in Wien, hat dort das Studium der Malerei an der Universität für Angewandte Kunst absolviert und kümmert sich seit 2021 um Medienkultur- und den Kunsttheorien an der Kunstuniversität Linz. In der Mitte des Raums ist ihre Arbeit Ein Bild in der Pfütze nass halten platziert. Sie lädt dazu ein, mit einer Gießkanne das zu tun, was der Titel vorgibt. Die Keramik-Köpfe von Clara Mayr hängen daneben und beobachten auf Augenhöhe.
Der traurige Elephant von Clara Mayr sitzt im nächsten Raum. Er hat sich zwischen den beiden von Laura Pan realisierten Arbeiten Sogno a Stall Atelier und Due ferri eingenistet und hofft auf bessere Zeiten.
Die Künstlerin Clara Mayr lebt und arbeitet in Klobenstein. Zwischen Wiesen und Wäldern hat sie sich am Rittner Hochplateau ein eigenes Reich geschaffen. Ihre Schafsköpfe aus Keramik sind mittlerweile zu ihrem Markenzeichen geworden. Die Lust an der Tat, am Tun zeichnen Mayrs künstlerisches Schaffen aus, sie arbeitet nach ihren freien Regeln, mit Eigensinn und Unangepasstheit, um ja nicht den biederen Vorgaben im eitlen Kunstbetrieb zu entsprechen.
Margareth Kaserer stellt Malereien und Zeichnungen in A4 aus. Fast alle Blätter sind im Herbst/Winter 2022/23 entstanden. In diesem Zeitraum sei sie ins Malen „gekippt“, gesteht die Performerin und Gastwirtin im Kunsthotel Amazonas. Studiert hat sie Vergleichende Literaturwissenschaften in Wien, im Anschluss Performancekunst in Antwerpen. Die Bilder für die Kommende hat sie nach den Vorgaben eines „praktisch-poetischen“ Sternenzeltes gehängt. Jedes Bild zeigt einen Planeten.
„Die Ausstellung ist auch eine spannende Annäherung an die Denk- und Arbeitsweisen der weiteren beteiligten Künstlerinnen“, erzählt Kaserer bzgl. der gemeinschaftlichen Herangehensweise an die Gruppenausstellung und unterstreicht: „Wir lernen das Gegenseitige, Andere, Neue und das Gemeinsame.“
Die Künstlerin Laura Pan – sie hat an der Accademia di Belle Arti Venezia studiert und ihren Abschluss an der Film Falmouth University in England gemacht –, bringt das Holz einer Scheune mit. Es ist nahezu so alt, wie die Ausstellungsräume der Kommende. Mit dabei hat sie auch Marmorstaub aus Laas, Wolle aus Stilfs, aber auch Material von der Drusus-Kaserne in Schlanders. Außerdem zeigt sie grafische Arbeiten, die in den ehemaligen Kasernen von Schlanders entstanden sind.
So verschieden die Positionen und Herangehensweisen für das (Gemeinschafts-)Projekt Kommende Kosmen auch sein mögen, es ist den Künstlerinnen mit genügend Zeit und reichlich Austausch (und über ihren jeweiligen individuellen Zugang) gelungen, etwas Kollektives zu schaffen, das allemal mehr ist, als ein einsamer Gipfelsieg.
„Komm Ende!“ heißt es im übertragenen und wortverspielten Sinn allerdings schon bald für die Ausstellung. Wer sie noch besuchen will, kann dies bis einschließlich 20. August machen. Vorwärts, oder rückwärts.