Volkspartei frei Haus?
Dass die SVP dabei ist, an einem neuen Wahlgesetz für den Landtag zu basteln, ist kein Geheimnis. Ein solches sollten hingegen die jüngsten Vorschläge und Ideen dazu bleiben, die parteiintern besprochen wurden. Nun sind aber doch Details an die Öffentlichkeit gelangt, die am Anfang der Woche von der SVP-Landtagsfraktion hinter verschlossenen Türen beratschlagt wurden. Es sei zwar noch nichts spruchreif, denn um etwas weiterzubringen brauche es nämlich “auch einen Grundkonsens mit der Opposition”, wird Parteiobmann Philipp Achammer in der Tageszeitung Dolomiten zitiert. Doch Teile der Opposition sind bereits beunruhigt. Denn das, was unter anderem Landeshauptmann Arno Kompatscher vorschlägt, würde einer “Missachtung des Wählerwillens” gleichkommen. Darüber sind sich zumindest die deutschsprachigen Oppositionsparteien im Landtag einig. Was genau sieht der Vorschlag der SVP vor, der Andreas Pöder sogar dazu bringt, mit “‘Krieg’ im Landtag” zu drohen?
“Wer wählt, bestimmt!”
Geht es nach dem Landeshauptmann – aber nicht nur, wie Fraktionssprecher Dieter Steger Wert legt zu betonen – sollen künftig drei bis fünf Kandidaten der Volkspartei fix in den Landtag kommen. Wer die “Glücklichen” sind, die sozusagen eine Freikarte für den Landtag erhalten, wird im Vorfeld von der Partei bestimmt. Am Wahltag wären sie damit nicht mehr auf Vorzugsstimmen angewiesen sondern würden praktisch “automatisch” in den Landtag einziehen. Dieser Wahlmodus ist unter anderem in Deutschland, Österreich und weiten Teilen Italiens politische Praxis. In Südtirol kommt der Vorschlag hingegen weniger gut an. “Wenn einfach die Parteiführung entscheidet, welche Kandidaten in den Landtag kommen und dem Wähler die Wahlmöglichkeit nimmt, dann ist das die Abschaffung der Wahl”, prophezeit Andreas Pöder von der Bürgerunion. Er will, sollte die SVP es tatsächlich darauf ankommen lassen und im Landtag den entsprechenden Gesetzentwurf vorlegt, eine Volksabstimmung darüber erreichen.
Dass auch weiterhin die Wähler und nicht die Parteien entscheiden, wer sie im Landtag vertritt, das fordert die Süd-Tiroler Freiheit (STF). “Fixe Listenplätze einigen privilegierten Kandidaten vorzubehalten ist eine Bevormundung der Wähler”, schreiben Sven Knoll, Bernhard Zimmerhofer und Myriam Atz Tammerle in einer Aussendung an die Medien. Sollte bereits im Vorfeld der Wahl von den Parteien alles abgekartet werden, würden sich viele Wähler sicher zurecht die Frage stellen, “Warum noch wählen?”.
Freikarte für den Machterhalt?
Die Aussage von Philipp Achammer, der in den Dolomiten mit dem Satz “Wenn man über Wahlgesetze diskutiert, gibt es immer Überlegungen, wie man die Partei stärken kann” zitiert wird, ist für die STF “ein klarer Beleg dafür, dass es der SVP nicht um ein gutes Landtagswahlgesetz geht, sondern nur darum, die SVP zu stärken”. Der Vorwurf, der von den Freiheitlichen kommt, geht in eine ähnliche Richtung. Sie vermuten, dass “derlei Vorschläge” einzig der Machtsicherung der SVP dienen würden. Ebenso wie die Bürgerunion und die STF distanzieren sich die Freiheitlichen klar von der Vorstellung, Mandate im Landtag für ausgewählte Kandidaten zu reservieren. “Ausschließlich dem Wähler steht es zu, über die Zusammensetzung des Landtages zu bestimmen”, unterstreicht der Freiheitliche Parteiobmann Walter Blaas. Und: Wer gewählt oder nicht mehr wieder gewählt werde, könne allein die Bevölkerung entscheiden.
Blaas spielt damit auf die Spekulationen über die Gründe an, warum die Freikarte für den Landtag gerade SVP-intern diskutiert wird. Einige der aktuellen Landtagsabgeordneten der Volkspartei dürften weniger gute Chancen haben, 2018 wieder gewählt zu werden. Darunter etwa Landesrätin Martha Stocker, die mit der Gesundheitsreform viel Konsens in der Bevölkerung verloren haben dürfte. Ein anderer, von Steger bestätigter Grund für die Einführung der fixen Listenplätze innerhalb der Volkspartei, ist, dass dadurch territoriale Situationen besser lösbar wären. Bezirken wie dem Wipptal, das bisher schlechte Karten hatte, einen Landtagsabgeordneten zu stellen, könnte dadurch eine fixer Vertretung im Landtag gewährleistet werden. Ein derartiger Vorstoß wurde bereits Mitte Juli gemacht, jedoch ist der Vorschlag, jedem Bezirk einen Vertreter im Landtag zu garantieren, mittlerweile in der Schublade gelandet. Im Gegensatz zum Grundmandat – um einen Sitz im Landtag zu erhalten, muss eine Partei bei den Wahlen mindestens 2,7 Prozent der Stimmen erhalten –, das immer noch auf dem SVP-internen Tisch liegt. Gegen den nun durchgesickerten Vorschlag der Freikarte für den Landtag haben die deutschsprachigen Oppositionsparteien jedenfalls heftigen Widerstand im Landtag angekündigt – sollte er je dorthin kommen.