Female Views

Im Rahmen der Reihe Female Views lädt der Filmclub zum legendären und umstrittenen Film Deutschland, bleiche Mutter. Die Hauptdarstellerin Eva Mattes – anlässlich ihres Theater-Engagements für das Stück Arsen und Spitzenhäubchen ohnehin in Bozen –, wird bei der Projektion des Filmklassikers im Filmclub anwesend sein. Dem jüngeren Publikum ist Eva Mattes als Tatort-Kommissarin der Kripo Konstanz bekannt. Seit 2002 ermittelt sie als Klara Blum zwei Mal jährlich. Doch Eva Mattes hat Filmgeschichte geschrieben, gut drei Jahrzehnte vor ihrer Fernsehkarriere als Kommissarin. In Die bitteren Tränen der Petra von Kant, Fontane Effi Briest oder In einem Jahr mit 13 Monden spielt sie in Filmen des Regisseurs Rainer Werner Fassbinder. Daneben arbeitete sie mit den Regisseuren Werner Herzog, Peter Lilienthal, Peter Zadek, später Joseph Vilsmaier oder Margarethe von Trotta.
In Deutschland, bleiche Mutter (1980) führte die vor zwei Jahren verstorbene Helma Sanders-Brahms Regie, deren erste Filme sich kritisch mit der Arbeitswelt und der Situation der Frauen in Westdeutschland beschäftigen. Bekannt wurde die Urururgroßnichte des Komponisten Johannes Brahms mit Unter dem Pflaster ist der Strand, einem zentralen Film der deutschen Frauen- und 68er-Bewegung. Bereits 1967 lernte Sanders-Brahms während eines Italienaufenthalts Pier Paolo Pasolini und Sergio Corbucci kennen, mit denen sie zusammenarbeitete.
Erzählt wird die Geschichte von Lene, die unerschrocken ihre Tochter durch die Wirren des Zweiten Weltkriegs bringt, doch im reaktionären Frieden in der Ehe mit einem Kriegsheimkehrer fast zugrunde geht. Aus der Perspektive der Tochter Anna erzählt, wirft der Film einen schonungslosen Blick auf das Schicksal unzähliger Frauen während des Zweiten Weltkriegs, die wenig beachtete, weibliche Perspektive auf den Krieg. Statt einer Abrechnung mit den Tätern des Nationalsozialismus, wie sie die Studentenbewegung vorantrieb, versucht der Film eine einfühlende Auseinandersetzung mit der Elterngeneration, thematisiert die schuldhafte Verstrickung, aber auch das Erleiden der historisch-politischen Situation und das Nachwirken der Kriegserfahrung auf die nachfolgenden Generationen. Der Filmtitel stammt aus dem 1933 geschriebenen Gedicht Deutschland von Bertolt Brecht.
Am Mittwoch, Donnerstag und Freitag ist Eva Mattes auf Einladung des Südtiroler Kulturinstituts im Bozner Waltherhaus zu sehen, beim Gastspiel des St. Pauli Theaters, Hamburg, in Koproduktion mit den Ruhrfestspielen Recklinghausen. Arsen und Spitzenhäubchen, aus der Feder von Joseph Kesselring, wird häufig als seichte Komödie missverstanden, „doch die Figuren des 1941 uraufgeführten Stücks bekommen vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs existenzielle Schärfe.“ Ulrich Waller inszeniert die bizarre Kriminalgroteske mit einer Brise schwarzem Humor und guten Schauspielern.